Die „Hölle des Nordens“ ist der Anachronismus des Radsports. Doch das Rennen über das grobe Pflaster Nordfrankreichs ist weltweit beliebt wie kein anderes. Das Bild oben zeigt Alain Bondue 1984 vor Gregor Braun (Foto: Roth&Roth) bei der 82. Austragung. In diesem Jahr findet das Rennen zum 114. Mal statt und wird zum ersten Mal vom Start bis zum Ziel live übertragen. Um die Gefahr einer geschlossenen Bahnschranke zu umgehen, wird die Startzeit an den Zugfahrplan angepasst.

Die Strecke

Die Strecke von Paris-Rouabix variiert von Jahr zu Jahr nur wenig. Auch in diesem Jahr führt die Strecke nach dem Start in Compiegne gen Norden. Es bleibt genügend Zeit, dass sich die Fluchtgruppe des Tages einige Minuten absetzen kann, ehe das Kopfsteinpflaster erreicht ist.
In diesem Jahr wird die Pflaster-Schlacht fast 30 km später eröffnet als im vergangenen Jahr – die rennentscheidende Phase wird so weiter komprimiert. Der erste Sektor, „Hameau du Buat“, ist nach drei Jahren erstmals wieder dabei. Die Passage führt bergan und wird bei Rennkilometer 127 passiert.

Die rennentscheidenden Pflaster-Sektoren sind “Trouée d’Arenberg”, „Mons-en-Pévèle“ und der meist für die Vorentscheidung sorgende „Carrefour de l’Arbre”.  Einige Passagen (Bersée, km 203.5; Mons-en-Pévèle, km 209 & Bourghelles, km 231) wurden kürzlich renoviert.

Karte: Die Strecke von Paris-Rouabix 2016
Karte: Die Strecke von Paris-Roubaix 2016

 

Das Finale wird mit dem Wald von Arenberg mehr als 100 km vor dem Ziel eröffnet. Bevor es auf das 2,4 Kilometer lange grobe Pflaster der übelsten Sorte geht, wird ein erbitterter Positionskampf geführt. Alle Favoriten wollen vorn im Feld auf das Pflasterstück fahren – so wird das Tempo vor dem Pflaster immer höher und das Peloton donnert mit Vollgas aufs Pavé. Stürze, Defekte, Stau – wer hier zu weit hinten ist, kann viel Zeit verlieren.

PARIS-ROUBAIX 2015
John Degenkolb im Wald von Arenberg 2015 (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)

 

Nach dem „Wald“ wird es einige Gruppen geben und die Favoriten schauen, wer wo positioniert ist. Die Fluchtgruppe hofft, noch vorn zu sein und sich dann an die Favoriten, die von hinten kommen, anhängen zu können. Auch wenn es noch weit bis ins Ziel ist, hier kann bereits eine Vorentscheidung fallen.

Nach weiteren Pflasterstücken und einem harten Ausscheidungsfahren wartet knapp 50 Kilometer vor dem Ziel die nächste Schlüsselstelle. Der Mons-en-Pévèle gehört ebenfalls zur schwierigsten Sektoren-Kategorie und dürfte die Favoritengruppe weiter ausdünnen.

 

Stürze garantiert – PARIS-ROUBAIX
Stürze garantiert (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)

 

Spektakel und Gladiatoren-Athmosphäre

Eine Vorentscheidung fällt dann wohl erneut im Le Carrefour de l’Arbre, 27 Kilometer vor dem Ziel. Übles Pflaster, ein schmales Spalier und die schwindenden Kräfte lassen alle Fahrer leiden. Wer sich hier noch stark fühlt, kann eine Vorentscheidung erzwingen. Tausende Fans schreien den leidenden Gestalten ins Gesicht und es scheint, als würden die Gladiatoren der Landstraße mit jedem Dezibel ein bisschen schneller.

Am Carrefour sieht man die Begeisterung der Fans, spürt die Bewunderung, sieht die Leiden in den Gesichtern der Fahrer. Selbst der letzte Fahrer wird gefeiert wie ein Spitzenreiter. Was man dort erlebt, ist der Treibstoff des Radsports. Es ist ein Gemisch aus Helikopterlärm, Kettenklappern, Fangeschrei und Gänsehaut. Und sind die Fahrer vorbei, drängen sich die Fans an die TV-Geräte, schauen zusammen das Finale im Fernsehen an.

Carrefour de l’Arbre
Carrefour de l’Arbre

Nur wenig später rollt die Spitzengruppe ins Velodrome von Roubaix. Sobald die ersten Räder die Rennbahn berühren, wird in Sekundenschnelle aus dem dumpfen Grollen im Radstadion ein Höllenlärm. Es ist, als hätten die Zuschauer tagelang ausharren müssen um endlich erlöst zu werden. Es gibt keinen Menschen im Velodrome, der sich in dieser Sekunde nichts sehnlicher wünscht, als einer dieser Helden zu sein, die nach hartem Kampf, am Rande der Erschöpfung in den tiefsten Ecken ihres Körpers nach Energie suchen.

Fabian Cancellara & Sep Vanmacrek im Velodrome (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)
Fabian Cancellara & Sep Vanmacrek im Velodrome (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)

 

Wer sich der Faszination dieses Rennens bislang entziehen konnte, sollte einmal hinfahren, oder vielleicht besser nicht, denn wer einmal den Roubaix-Virus hat, der wird ihn nicht mehr los.

 

PARIS-ROUBAIX 2015
John Degenkolb mit SEINEM Stein (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)

 

 

Die 27 Sektoren von Paris-Roubaix 2016

27. Troisvilles (km 98,5 – 2200 m) +++

26. Viesly (km 105 – 1800 m) +++

25. Quievy (km 107,5 – 3700 m) ++++

24. Saint-Python (km 112,5 – 1500 m) ++

23. Vertain (km 120,5 – 2300 m) +++

22. Capelle-Ruesnes (km 127 – 1700 m) +++

21. Quérénaing – Maing (km 137,5 – 2500 m) +++

20. Monchaux-sur-Ecaillon (km 141 – 1600 m) +++

19. Haveluy (km 154 – 2500 m) ++++

18. Trouée d’Arenberg (km 162 – 2400 m) +++++

17. Wallers – Hélesmes, dit « Pont Gibus » (km 168 – 1600 m) +++

16. Hornaing (km 175 – 3700 m) ++++

15. Warlaing – Brillon (km 182,5 – 2400 m) +++

14. Tilloy – Sars-et-Rosières (km 186 – 2400 m) ++++

13. Beuvry-la-Forêt – Orchies (km 192,5 – 1400m) +++

12. Orchies (km 197,5 – 1700 m) +++

11. Auchy-lez-Orchies – Bersée (km 203,5- 2700 m) ++++

10. Mons-en-Pévèle (km 209 – 3000 m) +++++

9. Mérignies – Avelin (km 215 – 700 m) ++

8. Pont-Thibaut (km 218 – 1400 m) +++

7. Templeuve – Moulin de Vertain (km 224,5 – 500 m) ++

6. Cysoing – Bourghelles (km 231 – 1300 m) +++
Bourghelles – Wannehain (km 233,5 – 1100 m) +++

5. Camphin-en-Pévèle (km 238 – 1800 m) ++++

4. Le Carrefour de l’Arbre (km 240,5 – 2100 m) +++++

3. Gruson (km 243 – 1100 m) ++

2. Hem (km 249,5 – 1400 m) ++

1. Roubaix (km 256,5 – 300 m) +

Pflaster der üblen Sorte – im Wald von Arenberg (Foto: Bernd Landwehr)
Pflaster der üblen Sorte – im Wald von Arenberg (Foto: Bernd Landwehr)


Official Teaser – Paris-Roubaix 2016 von tourdefrance
Das Profil:

Profil Paris-Roubaix 2016
Profil Paris-Roubaix 2016

 

Startliste: hier

Start: 10:40 Uhr in Compiegne – je nach Bahnfahrplan
Im letzten Jahr gab es eine heftige Debatte, nachdem einige Fahrer eine geschlossene Bahnschranke ignoriert hatten.

Ziel: gg. 17:00 Uhr in Roubaix

TV: Eurosport, live ab Start!

 

Die letzten zehn Sieger:

2015 John Degenkolb (Ger), Zdenek Stybar (CZE), Greg van Avermaet (Bel)
2014 Niki Terpstra (Ned), John Degenkolb (Ger), Fabian Cancellara (Sui)
2013 Fabian Cancellara (Sui), Sep Vanmarcke (Bel), Niki Terpstra (Ned)
2012 Tom Boonen (Bel), Sébastién Turgot (Fra), Alessandro Ballan (Ita)
2011 Johan Vansummeren (Bel), Fabian Cancellara (Sui), Maarten Tjallingii (Ned)
2010 Fabian Cancellara (Sui), Thor Hushovd (Nor), Juan Antonio Flecha (Spa)
2009 Tom Boonen (Bel), Filippo Pozzato (Ita), Thor Hushovd (Nor)
2008 Tom Boonen (Bel), Fabian Cancellara (Sui), Alessandro Ballan (Ita)
2007 Stuart O’Grady (Aus), Juan Antonio Flecha (Spa), Steffen Wesemann (Sui)
2006 Fabian Cancellara (Sui), Tom Boonen (Bel), Alessandro Ballan (Ita)

 

Fahrer überqueren geschlossenen Bahnübergang
Gefährliches Spiel: Fahrer überqueren geschlossenen Bahnübergang (Foto. Roth&Roth; Roth-Foto.de)