Profil Mailand-Sanremo 2017

Mailand-Sanremo läutet die Klassikersaison endgültig ein. Mit 291 Kilometern ist es das längste Eintagesrennen des Radsportkalenders. Die „la Primavera“, die Fahrt in den Frühling, hat eine große Tradition und wird zum 108. Mal ausgetragen. Von Bartali und Coppi über Merckx und Gimondi bis zu Moser, Fignon und Zabel – die Siegerliste des Radsportmonuments trägt klangvolle Namen. Mailand-Sanremo hat bis heute einen großen Stellenwert und ist vor allem durch die große Distanz ein hartes Rennen. Während die ersten Rennstunden dahinplätschern, ist das Finale hektisch und spannend. Für die Favoriten gilt es, bis zum Finale so viel Energie zu sparen, wie möglich.

 

Die Strecke

Traditionell startet das Rennen in Mailand. Dann führt die Strecke über den Turchino-Pass (mit 588 Meter der höchste Punkt) zum Mittelmeer. Entlang der Küste geht es auf der traditionsträchtigen Via Aurelia gen Sanremo. Die Vorentscheidung fällt an den fünf „Capi„, den kurzen, aber steilen Anstiegen auf den letzten Kilometern. Den Anfang machen Capo Mele (51 km vor dem Ziel), Capo Cervo (46,3 km vor dem Ziel) und Capo Berta (38,4 km vor dem Ziel).

Hier heißt es für die Favoriten, vorn im Feld zu fahren, um bei möglichen Stürzen nicht aufgehalten zu werden. Meist wird das Rennen vor den Capi extrem schnell, weil nahezu das komplette Feld in den ersten 30 Positionen fahren will.

Cipressa und Poggio – die entscheidenden „Capi“

Wer einen Sprint umgehen will, nutzt die beiden letzten Capi für Attacken. Die Cipressa ist 21,5 Kilometer vor dem Ziel erklommen. Es ist ein 5,6 km langer Anstieg mit 4,1% Steigung im Schnitt. Definitiv kein Monster-Berg, doch nach 270 Rennkilometern tut er mächtig in den Beinen weh, vor allem, wenn dort mit fast 40 Sachen hochgedonnert wird.

Die letzten Kilometer

Den Strava-KOM hält der Vorjahressieger Arnaud Demare mit  33,7km/h Durchschnittsgeschwindigkeit. Wer erinnern uns sicher alle noch an die Debatte, ob sich der Franzose nach einem Sturz unerlaubt an einem Auto festgehalten hatte. 

 

Demares Cipressa KOM (Foto: Strava)

 

Cipressa und Poggio

 

Das Finale

Die Auffahrt zum Poggio startet 9 Kilometer vor der Ziellinie. Es geht 3,7 Kilometer auf einer schmalen Straße mit vier Haarnadelkurven bergan. Wer hier angreifen will, sollte vor dem Anstieg schon in einer guten Position sein. „Poggio und Cipressa sind eigentlich keine schweren Anstiege. Normalerweise würde ein Peloton solche Berge geschlossen überqueren. Aber weil die Fahrer schon so viele Kilometer in den Beinen haben, sind die viel schwerer, als normalerweise“, erklärt der Sportliche Leiter des Katusha-Alpecin-Teams José Azevedo. 

Der Gipfel ist 5,4 Kilometer vor dem Ziel erreicht. Dann führt eine technisch sehr anspruchsvolle Abfahrt auf teilweise schlechter Straße nach Sanremo. Nur die letzten 2 Kilometer zum Ziel sind flach. „Man muss oben am Poggio in den ersten 20 Positionen sein. In der Abfahrt hat man keine Chance, sich zu erholen. Wenn du nach der Abfahrt eine Lücke nach vorn hast, ist es fast gelaufen“, sagt Azevedo.

Etwa 850 Meter vor der Ziellinie gibt es eine Linkskurve und einen Kreisverkehr. Die Zielgerade ist 750 Meter lang, jedoch gibt es 500 m vor dem Ziel eine ganz leichte links-rechts-Welle. 

Mailand-Sanremo – Anfahrt zum Ziel

 

Die Favoriten

Der Top-Favorit ist Weltmeister Peter Sagan. Der Slowake befindet sich in einer beeindruckenden Form. Nach Platz zwei beim Omloop Het Nieuwsblad und dem Sieg bei Kuurne-Brüssel-Kuurne im Februar hat er in der vergangenen Woche bei Tirreno-Adriatico zwei Etappen gewonnen. Sagan ist in sehr guter Form, vor allem bergan. Dazu kann es der Steuerkünstler bergab wohl wie kaum ein anderer Fahrer krachen lassen.

Allerdings gibt es einige Fahrer, die ihm im Sprint gefährlich werden können und auch am Poggio nicht so leicht abzuhängen sind. Allen voran der junge Kolumbianer Fernando Gaviria vom Team Quick-Step. Der junge Kolumbianer hatte Sagan bei Tirreno-Adriatico geschlagen und war in die Favoritenrolle für die Primavera gerückt, doch wie sein Team mitteilte, hat er sich beim Training am Donnerstag am rechten Handgelenk verletzt. Sollte die Verletzung schwerer sein, könnte ihn das natürlich im Sprint behindern. Auch John Degenkolb ist in guter Form und weiß, wie man in Sanremo gewinnt. Der Italiener Elia Viviani, Vorjahressieger Arnaud Demare, Ex-Champion Alexander Kristoff, Nacer Bohanni oder auch Michael Matthews, Mark Cavendish, Caleb Ewan und Sonny Colbrelli gehören zum Favoritenkreis. 

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Neben den endschnellen Männern gibt es einige Klassikerfahrer, die durchaus Siegchancen haben, sollten sie die Sprinter loswerden. Greg van Avermaet ist einer von ihnen. Er könnte mit einer Attacke am Poggio das Rennen sprengen. Auch Edvald Boasson Hagen oder auch Giovanni Visconti sind für Attacken im Finale sicher zu haben.

Doch vor allem ein Mann hat sich in der vergangenen Woche in bestechender Form gezeigt, der sowohl am Poggio, als auch in der Abfahrt zu den Besten gehören kann – Michal Kwiatkowski. Klar, sein Sky-Team hat mit Elia Viviani einen italienischen Sprinter dabei, aber so stark wie der Ex-Weltmeister derzeit ist, könnte er durchaus freie Fahrt bekommen. Das gleiche gilt für Julian Alaphilippe beim Quick-Step-Team, oder Diego Ulissi beim Team UAE Team Emirates, die mit Sacha Modolo und Ben Swift gleich zwei starke Sprinter dabei haben.

***** Peter Sagan, John Degenkolb
**** Fernando Gaviria, Arnaud Demare
*** Elia Viviani, Michal Kwiatkowski, Nacer Bouhanni, Julian Alaphilippe
** Greg van Avermaet, Alexander Kristoff, Sonny Colbrelli, Sacha Modolo, Diego Ulissi
* Vincenzo Nibali, Michael Matthews, Mark Cavendish, Simon Clarke, Ben Swift, Caleb Ewan

 

Die offizielle Startliste gibt es hier

Start: 10:10 Uhr
Ziel: ca. 17.00 Uhr

1977

Bild 1 von 12

Vorne Eddy Merckx (Belgien) mit links Roger de Vlaeminck und rechts Freddy Maertens 1977

 

 

Die letzten 10 Sieger:

2007 Oscar Freire
2008 Fabian Cancellara
2009 Mark Cavendish
2010 Oscar Freire
2011 Matthew Goss
2012 Simon Gerrans
2013 Gerald Ciolek
2014 Alexander Kristoff
2015 John Degenkolb
2016 Arnaud Démare