Das Profil der 20. Etappe des Giro d'Italia 2017

Die vorletzte Etappe der 100. Italien-Rundfahrt ist 190 Kilometer lang und führt von Pordenone nach Asiago. Noch einmal stehen den Fahrern zwei schwere Berge im Weg. Die großen Favoriten auf den Gesamtsieg haben auf den bisherigen Etappen viel Kraft gelassen und sind deutlich gezeichnet. Das harte Rennen hat von Tag zu Tag an Dramatik gewonnen. Mit dem abschließenden Zeitfahren am Sonntag im Hinterkopf müssen die Kletterer Tom Dumoulin am Samstag weitere Zeit abnehmen, um eine Chance auf den Gesamtsieg zu wahren. Doch „körperlich sind alle am Ende“, beschreibt Simon Geschke eindrucksvoll die verbliebenen Reserven. Vor der 20. Etappe liegen die Top-6 der Gesamtwertung innerhalb von eineinhalb Minuten. Der Ausgang des Giro ist völlig offen.
Das Terrain der Etappe ist wie gemacht für ein episches Rennen. Es ist keine Monsteretappe, wie die über den Stelvio, aber nach drei harten Giro-Wochen wäre das auch Quälerei statt Sport. Man darf fest mit Attacken der Favoriten rechnen, und wohl auch mit den Außenseitern. So ist beispielsweise auch der Kampf um Weiß noch in vollem Gange.  Adam Yates führt mit 28 Sekunden Vorsprung auf Jungels, aber dieser ist der bessere Zeitfahrer.

Spektakel, Spannung, Drama – ein Radsportleckerbissen.

Die Strecke

Die Karte der 20. Etappe des 100. Giro

Der Parcours führt von Ost nach West. Nach dem Start  in Pordeone geht es zunächst 35 km flach zur ersten Bergwertung. Der 1 km kurze Anstieg ist als Berg der 4. Kategorie eingestuft. Nach der ebenso kurzen Abfahrt geht es leicht wellig weiter, bis bei Rennkilometer 100 der erste schwere Anstieg beginnt. 

Profil des Monto Grappa

Der Anstieg zum Monte Grappa ist sehr lang, aber nicht besonders steil. Er ist mit 24 Kilometern Länge und einer durchschnittlichen Steigung von 5,3% angegeben. Zwar gibt es zu Beginn steile Passagen, aber ab der Mitte wird die Steigung moderater und es gibt sogar einige kurze Abfahrten.
Vom Gipfel sind es  noch exakt 67,3 Kilometer bis ins Ziel. Nach der Bergwertung geht es 26 Kilometer lang und streckenweise technisch anspruchsvoll bergab. Unten angekommen, geht es nur rund 11 Kilometer flach, ehe das Finale der Etappe beginnt.

Profil des Anstiegs nach Foza

Der 14 Kilometer lange Anstieg nach Foza ist der letzte Berg des 100. Giro. Es ist ein recht gleichmäßiger und im Schnitt 6,7% steiler Anstieg mit einigen Haarnadelkurven. Etwa drei Kilometer vor dem Gipfel ist die steilste Stelle (11%).

Karte des letzten Anstiegs

Am Gipfel angekommen,  sind es noch 14,8 Kilometer bis ins Tagesziel. Nach einer kurzen Abfahrt und einer kurzen Steigung, geht es die letzten 4 Kilometer leicht bergab ins Ziel.

Die letzten Kilometer der 20. Etappe

Die Anfahrt zum Ziel hat ein paar Kurven, aber es wird ohnehin maximal eine kleine Gruppe das Ziel gemeinsam erreichen und um den Sieg sprinten.

Die letzten Kilometer der 20. Etappe des 100. Giro

 

 

Die Favoriten

Landa, Rolland, Costa und LL Sanchez sind die stärksten Fahrer, abseits der Klassementfahrer. Rolland und Landa haben ihren Etappensieg, für Sanchez ist das Terrain vielleicht zu schwer, bleibt Rui Costa als Top-Kandidat auf den Etappensieg? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Man wird wohl erneut die üblichen Verdächtigen vorn sehen. Wer noch Körner hat, wird sie raushauen.
Doch das wirklich Spannende dürfte der Kampf um den Gesamtsieg sein. Die ersten Sechs im Klassement liegen innerhalb von 90 Sekunden! Die Tanks sind leer, aber die Kämpferherzen schlagen noch.
Ein Blick auf die Favoriten:
Nairo Quintana: Er braucht mehr Vorsprung vor dem Zeitfahren, sowohl auf Dumoulin, als auch auf Nibali.

Tom Dumoulin:
Für den Niederländer geht es nur darum, keine Zeit zu verlieren. Bleibt alles so, kann er in Mailand alles klar machen.

Vicenzo Nibali:
 Für den Hai geht es darum, Tom Dumoulin abzuhängen. Der Rückstand zu Quintana von 43 Sekunden ließe sich im Zeitfahren aufholen, aber er braucht einen Puffer auf Dumoulin.

Thibaut Pinot: Der Franzose hat von der Rivalität des Spitzentrios profitiert und er könnte noch einmal der „lachende Vierte“ sein. Pinot ist gut im Kampf gegen die Uhr und liegt nur 10 Sekunden hinter Nibali. Nimmt er Dumoulin noch 30 Sekunden ab und verliert nichts mehr auf Quintana und Nibali, könnte er am Ende der Sieger sein. Ein gutes Zeitfahren vorausgesetzt.

Ilnur Zakarin: Der 27-jährige Russe fährt ein starkes Rennen. Taktisch nicht immer clever und in Sachen Kraftaufwand viel zu verschwenderisch, liegt Zakarin vor den letzten zwei Tagen mit nur 1:23 min Rückstand auf Rosa auf Platz Fünf. Im Kampf gegen die Uhr sollte man Zakarin nicht unterschätzen. Erst recht dann nicht, wenn alle bereits am Ende ihrer Kräfte sind. Er ist ein Kämpfer und kann sich bis zum letzten Tropfen ausquetschen. Doch will er die ganz große Überraschung schaffen, muss er Dumoulin mehr als eineinhalb Minuten abnehmen und auch Nibali distanzieren. Unmöglich? Bei diesem Giro wird man sehr zurückhaltend, was Prognosen betrifft. 

Domenico Pozzovivo:  Der kleine Italiener fährt einen tadellosen Giro. Bergab ist nicht seine Welt und Zeitfahren mag er so gar nicht, aber er ist ohne Fehler durch die drei Wochen gekommen und könnte sich mit einem Top5-Platz belohnen. Voraussetzung ist jedoch, dass er einen Fahrer überholt. Doch das wird schwer, denn Pozzovivo wird auf alle vor ihm liegenden im Zeitfahren verlieren. Er wird sich auch am vorletzten Tag ganz sicher nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber schwächelt einer der Top-5, wird er es ausnutzen. 

 

Was ziehen wir aus der Analyse der Ausgangssituationen? Movistar muss, und wird angreifen. Der Monte Grappa ist kein schwerer Berg, aber wird zeigen, ob Tom Dumoulin wieder einen schwachen Tag hat. Spätestens im Finale wird es einen Schlagabtausch geben. Auch wenn alle Favoriten bereits Mailand entgegen taumeln, sie werden versuchen mit ihrem Willen Berge zu versetzten. 

Es wird die Tagesform entscheidend sein. Am Samstag fällt eine Vorentscheidung um den Gesamtssieg – mehr Prognose ist kaum möglich.     

 

***** –
**** Nairo Quintana, Thibaut Pinot, Rui Costa,
***  Adam Yates, Vincenzo Nibali, Bauke Mollema, Mikel Landa
** Tom Dumoulin, Domenico Pozzovivo, Steven Kruijswijk
*  Ilnur Zakarin, Dario Cataldo, Igor Anton, Patrick Konrad, Tejay van Garderen

Start: 12:05 Uhr
Ziel: ~17:15 Uhr

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