Julien Vermote

 

Christian Knees – der Mann im Wind

Volle Fahrt voraus – Christian Knees ganz vorn (3. Etappe)

Vermutlich wird Christian Knees am Montag einen Ventilator vor sich aufstellen, um auch am Ruhetag den gewohnten Gegenwind im Gesicht zu spüren. Knees ist der Mann für die Flachpassagen beim Team Sky. Während am Ende des Feldes ein Pläuschchen gehalten wird, Froomey den Wattmesser neu kalibriert und der Rest einfach wartet, bis es ins Finale geht, teilt Knees vorn den Wind.

Meist lässt er auch Luke Rowe mal kurz vor, doch dass dieser nicht ungerecht viel von der kühlenden Fahrtluft bekommt, darauf achtet Knees penibel. Stundenlang drückt der 36-Jährige die Pedale nach unten. Unkaputtbar, sagt man gern zu solchen Tretmaschinen, bei dieser Tour scheint Knees aus Stahl.

Klar, wer beim Sky-Team ins Tour-Aufgebot kommt, der kann entweder bergauf fliegen, oder 400 Watt vom Frühstück bis zum Sonnenuntergang treten. Im Fernsehen geht es meist um die Kapitäne, oder solche die es vielleicht sein sollten. In einem Radteam weiß man hingegen genau, was solche Helferdienste wert sind.

 

Nikias Arndt & Simon Geschke – die  Sunweb-Glücksritter

Stehts im Dienst des Kapitäns – Nikias Arndt (rechts) mit Kapitän „Bling“ Matthews

Klar, „Bling“ Matthews und „Wawa“ Barguil sind die strahlenden Helden des in dieser Saison unglaublich erfolgreichen Teams Sunweb. Etappensiege, Bergtrikot – das macht was her. Einen großen Anteil am Erfolg haben die beiden deutschen Helfer Simon „Simoni“ Geschke und Nikias Arndt. Schon im Jura bereiteten sie erst Michael Matthews den Weg zum Zwischensprint und kontrollierten dann noch die Gruppe für Warren Barguil.

Es geht fast alles auf beim Team, wenn man mal von den Massensprints absieht. Am Erfolg von Matthews in Rodez haben Geschke und vor allem Arndt großen Anteil. Auch auf der 15. Etappe kontrollierte „Simoni“ wieder die Fluchtgruppe um Bling die Punkte am Zwischensprint zu sichern. Geschke und Arndt, zwei Helfer, die sich den Dank und den Respekt der Kollegen, aber auch das Ansehen bei den Fans zurecht erarbeitet haben. 

 

Tim Wellens – kein TUE, abandon

Im Regen zum Auftakt lief es nich, mit Sonne kamen die Probleme bei Tim Wellens

Hitzeprobleme, Allergie, Infekt – bei Tim Wellens lief es einfach nicht, bei der 104. Tour de France. Der Belgier ist ein starker Fahrer, hat bereits große Erfolge gefeiert. Doch bei der Tour fuhr er gesundheitsbedingt bald hinterher. Kortison hätte ihm vielleicht helfen können, die Symptome zu lindern, doch Wellens entschied sich dagegen.

Er kämpfte sich lange durch, musste aber dann doch aufgeben. Die Tour zu verlassen fällt sicher nicht leicht, doch er hat Haltung bewiesen und ist sich treu geblieben. TUEs werden nicht grundlos verschrieben und man darf sie auch nicht pauschal verdammen, doch Wellens hat sich bewusst dagegen entschieden, auch weil er nicht wusste, ob es ihm wirklich hilft. Das ist auch ein Zeichen, dass im Radsport nicht blind nach Pharmazie geschrien wird.

 

Julien Vermote – Kittels Gruppen-Killer

Marcel Kittel (rechts) weiß, bei wem er sich zu bedanken hat.

Es ist das übliche Spiel: Bei Flachetappen finden sich immer ein paar furchtlose Ausreißer, die am Ende doch ohne Chance sind, weil ihnen die Sprinterteams den Stecker ziehen. Einer dieser Spaßverderber ist Julien Vermote. Der Belgier ist bei Flachetappen schon in der Neutralisation weit vorn zu finden. Er lässt die „wilden Jungs“ losstürmen, holt sich noch ein Gel aus der Trikottasche und beginnt dann seinen Arbeitstag.

Über Stunden bolzt er Tempo, während es sich der Kapitän im Feld gemütlich macht. Später dann, wenn sein Leader Marcel Kittel bei Tempo 75 die Fäuste in den Himmel reckt und dann in einer Traube von Journalisten verschwindet, ist Vermote noch unterwegs. Die Beine brennen, der Akku ist leer und er lässt sich am Teamauto sagen, was beim Sprint gerade passiert ist. Dann rammt er selbst die Hände in den Himmel. „Wahnsinns-Kerl & Teamplayer! ???“, sagt Kittel über seinen Teamkollegen. „Er freut sich, als ob er selbst gewonnen hat“ – völlig zurecht.

 

Daniel McLay – Tour der Leiden


 

Sein Name soll hier stellvertretend für all die stehen, die sich einfach nur durchbeißen. Wer selbst mal vor einem Besenwagen hergefahren ist, kennt dieses ekelhafte Gefühl im Nacken, was dann über den Bauch in die Beine wandert. Wenn du eh in den Seilen hängst, mit dir und der Welt haderst, fühlt sich der Besenwagen wie ein Seil an der Sattelstütze an. Durchbeißen, weiterkämpfen.

Bei der Tour, und auch bei fast jedem anderen Wettkampf gibt es die Leidenden am Ende des Rennens. Es tut genauso weh, wie dem Fahrer, der gerade das Gelbe Trikot attackiert. Deshalb gehört ihnen mindesten der gleiche Applaus. Auf der 15. Etappe war Sprinter Daniel McLay früh abgehängt, kämpfte sich allein bis ins Ziel. Als sein Kopf auf der Ziellinie zwischen den Schultern nach unten sackte, war Marcel Kittel schon vom Podium gestiegen. Solange es gesundheitlich zu verantworten ist, wird nicht aufgegeben – so wird man zum Helden.