Geraint Thomas

Der Ausstieg von Sky schlägt hohe Wellen in der Radsportwelt. Kein Wunder, schließlich verabschiedet sich der Sponsor des mit Abstand reichsten Teams der World Tour. Doch unerwartet kommt der Ausstieg nicht. Sky gehört seit der Übernahme des Unternehmens zum Comcast-Konzern. Direkt nach der Übernahme wurde spekuliert, wie sich das auf das Team-Sponsoring auswirken könnte. Zunächst äußerte sich Comcast-CEO Brian L. Roberts zurückhaltend, aber nicht so, als würde man prompt aussteigen wollen. Doch in den USA ist für das Unternehmen mit der Übernahme auch ein kleiner Interessenskonflikt entstanden. Man hat zwar die TV-Rechte für die Tour de France, doch das Rennen wird dort bei NBC gezeigt. In Sachen Marken-Kommunikation nicht ideal, wenn auf dem Trikot des Siegers ein anderer Sender steht. Ob das aber ein wichtiger Grund für den Ausstieg ist, darüber kann man nur spekulieren. Doch der Ausstieg von Sky Ende 2019 ist Fakt und so muss das Team nun nach Ersatz suchen.

 

Problem durch Betreibergesellschaft?

Selbst wenn Teamchef Dave Brailsford schnell einen neuen Sponsor findet, hürdenlos kann die Übernahme nicht geschehen. Denn für den Radsport etwas ungewöhnlich, steckt hinter dem Sky-Team keine „eigene“ Betreibergesellschaft, die etwa dem Management gehört, sondern die Firma „Tour Racing Limited“. Diese Firma ist eine Tochtergesellschaft der Sponsoren und diese ist auch in Besitz der UCI-Lizenz. Dort schlummern beim Einstieg, bzw. der Übernahme möglicherweise Probleme.  

 

Pro und Contra für neue Sponsoren

Das Team Sky dominiert seit Jahren die Tour de France und ist extrem erfolgreich. Mehr Medienaufmerksamkeit als Sky hat kein Team der Welt. Das ist natürlich für potenzielle Sponsoren sehr interessant. Zumal man eine intakte Mannschaft übernehmen könnte, die auch für die Zukunft bestens aufgestellt ist. Doch keine Mannschaft wird so kritisch begleitet wie das Team Sky. Die Jiffy-Bag-Affäre, Froomes Salbutamol-Fall und anhaltende Anfeindungen der Zuschauer lassen das Team nicht in gutem Licht dastehen. Das könnte natürlich auch für neue Sponsoren ein Hinderungsgrund sein. Ebenso ist das enorme Budget von Sponsor Sky möglicherweise ein Problem. Denn die Verträge der Fahrer sind entsprechend gestaltet. Will man nun die Betreibergesellschaft übernehmen, um gleich durchstarten zu können, muss man wohl einen ordentlichen Batzen an Geld mitbringen. So steht Teamchef Brailsford bei der Sponsorensuche vor einer Mammutaufgabe.

 

Ausstieg trifft den Sport hart

Mit dem Ausstieg von Sky verschwindet nicht nur eine der bekanntesten Marken. Es geht dem Sport auch viel Geld verloren. Zunächst fehlt das Budget für das Team. Fahrer, Mechaniker, Physios, … . Dazu kommt das weitere Engagement des Senders im Sport. Denn auch Abseits des reinen Sponsorings hat Sky Geld investiert. Doch nicht nur das Geld beeinflusst den Sport. Findet sich nicht schnell ein Folgesponsor, werden die Fahrer und ihre Agenten aktiv und suchen nach Alternativen. Mehr Arbeitsplätze wird es künftig nicht geben, sondern bei einer Teamauflösung sogar weniger. Die Top-Fahrer werden ein neues Team finden, aber dort einen anderen Fahrer „verdrängen“. Löst sich eine Mannschaft auf, wird auf dem Transfermarkt eine Dynamik in Gang gesetzt, die viele Mannschaften und Fahrer beeinflusst. Sind möglicherweise Top-Fahrer von Sky auf dem Markt verfügbar, werden Mannschaften bei anderen Vertragsabschlüssen zögern. Zudem hat Sky mit ihrem großen Budget auch die Latte der Gehälter hochgehängt. Das könnte sich nun ebenfalls ändern. 

Sollte sich kein neuer Sponsor finden, würde mit Sky ein Team 2020 aus der World Tour verschwinden. Steigt kein Team auf, wird die Anzahl reduziert. Das wirkt sich auch auf die Rennen aus, da nun mehr Wild-Card-Teams der zweiten Kategorie nachrücken können und auf einen Startplatz bei den großen Events hoffen dürfen. Doch es heißt auch für die Veranstalter kleinerer Rennen, dass ein potenzielles World Tour Team weniger für eine attraktive Startliste sorgen kann.

 

Das Problem des Systems

Mit dem Ausstieg von Sky hat der Radsport ein weiteres Beispiel, wie problematisch die Finanzierung der Mannschaften ist und wie instabil das System ist. Die Teams sind von einem Sponsor und dessen Budget abhängig. Eine langfristige Planung ist so kaum Möglich. Ein Problem, das den Radsport schon lange begleitet. „95 % der Einnahmen kommen vom Sponsoring. Und Sponsoring ist schön, aber eigentlich die schlechteste Einnahmequelle die man haben kann, denn es ist kurzfristig und opportunistisch“, erklärte Sunweb-Teamchef Iwan Spekenbrink im Interview mit CyclingMagazine anschaulich das Problem.  „Es geht eigentlich darum, dass man sichtbar ist, nicht darum erfolgreichen Sport zu machen. In vielen anderen Sportarten ist der Anteil des Sponsorings maximal 25%. Da kommen TV-Einnahmen hinzu, Second-Screen und vieles mehr. Dort liegt der Gewinn“, so Spekenbrink im Herbst 2017 weiter. (Das ganze Interview gibt es hier). Es wurden Anstrengungen unternommen, diese Abhängigkeit vom Teamsponsor zu reduzieren. Neue Rennserien wurden gegründet und Teams arbeiten zusammen. Doch noch ist keine Lösung in Sicht.