Eigentlich sollte das erste Monument des Jahres traditionell die Klassiker-Saison einläuten, nun wird das Rennen im Hochsommer ausgetragen. Auch die Strecke wurde etwas verändert. So geht es nicht über den Turchino Pass und auch einige der Capi-Anstiege wurden gestrichen und man bleibt länger im Landesinneren und fährt nicht entlang der Küstenstraße. Die Bürgermeister einiger Küstenorte hatten dem Veranstalter RCS eine Absage erteilt.

Das Rennen bekommt dadurch keinen anderen Charakter, aber der Parocurs ist etwas schwerer. Ex-Sanremo-Sieger Erik Zabel holte sich von Sohn Rick Informationen aus erster Hand über die neue Strecke. „Rick meinte, die Strecke sei schwerer, da der Weg zur Küste bis nach Imperia anspruchsvoller ist, als die frühere Route über den Turchino-Pass“, so der vierfache Sanremo-Sieger im Interview bei Alpecincycling.

Ab Imperia bleibt man auf dem traditionellen Kurs und so bleibt das Finale der „la Primavera“ erhalten. Und damit wohl auch der einzigartige Charakter des Rennens: Die Spannung des 305-Kilometer-Rennens baut sich immer weiter auf, ehe es dann an Cipressa und Poggio das große Finale gibt.



 

 

Die Strecke


Karte Mailand-Sanremo 2020

Nach dem Start in Mailand geht es gen Südwesten. In diesem Jahr geht es nicht über den Turchino und etwas weiter westlich gen Küste. Vorbei an Alessandria wartet nach mehr als 160 Kilometern mit dem Niella Belbo der erste Anstieg. Der höchste Punkt des Rennens ist aber erst nach 235 Kilometern erreicht – der Colle di Nava. Anschließend geht es bergab in Richtung Imperia, wo man zurück auf die „alte“ Strecke kommt.

Das Finale von Mailand-Sanremo 2020
Cipressa und Poggio

Entscheidung am Poggio?

Die Auffahrt zum Poggio beginnt 9 Kilometer vor der Ziellinie. Es geht 3,7 Kilometer auf einer schmalen Straße mit vier Haarnadelkurven bergan. Wer hier angreifen will, sollte vor dem Anstieg schon in einer guten Position sein. Dementsprechend schnell und hektisch wird es im Kampf um die Positionen vor dem Anstieg.

Michal Kwiatkowski ballerte 2017 mit 37,6 km/h im Schnitt den Poggio hinauf und holte sich die Strava-Krone. Ein gewisser „Bala 1“ (Alejandro Valverde) stellte 2019 die Zeit von Kwiato ein.

Die letzten Kilometer von Mailand-Sanremo

1977

Bild 1 von 12

Vorne Eddy Merckx (Belgien) mit links Roger de Vlaeminck und rechts Freddy Maertens 1977


Die Favoriten

Wie immer stellt sich bei Mailand-Sanremo die Frage: Gibt es einen Sprint, oder sind die späten Attacken erfolgreich? In den vergangenen drei Jahren hatten die Sprinter das Nachsehen, davor gab es drei Jahre in Folge eine Sprintentscheidung.

In diesem Jahr spricht mehr für eine erfolgreiche späte Attacke. Zum einen dürfte das Wetter das Rennen schwerer machen, zum anderen wurden die Teams auf sechs Fahrer verkleinert. Die Hitze wird Kräfte kosten und es den Sprintern wohl schwerer machen, an Chipressa und Poggio zu folgen. Dazu werden die Sprinter weniger Fahrer haben, um nach dem Poggio doch noch die Ausreißer wieder einzuholen.

Es könnte also das vierte Jahr in Folge sein, dass eine späte Attacke am Poggio die Vorentscheidung bringt.

Titelverteidiger Julian Alaphilippe gehört erneut zu Favoriten, auch wenn der Franzose bei der Strade Bianche nicht überzeugen konnte. Wout van Aert ist in bestechender Form, dürfte den Poggio an der Spitze überleben können und ist durchaus endschnell. Zudem kommt er mit Hitze gut zurecht. Er ist einer der absoluten Top-Favoriten auf den Sieg.

Alberto Bettiol sollte man auch auf dem Zettel haben, denn der Ronde-Sieger von 2019 ist in guter Form und am Poggio sicher einer der zu erwartenden Angreifer. Oli Naesen, Mathieu van der Poel, Peter Sagan und Vincenzo Nibali sind ebenfalls heiße Kandidaten für eine Top-Platzierung. 

Das Sunweb-Team ist sehr stark aufgestellt und hat mehrere Optionen. Michael Matthews ist endschnell und kommt gut über kürzere Anstiege. Dazu hat man mit Tiesj Benoot einen extrem starken Mann, der den Poggio vorn mit überleben kann und für eine späte Attacke ein heißer Tipp ist.

Ebenfalls zu Favoriten zählt Michal Kwiatkowski. Der Pole hat das Rennen bereits gewonnen und gehörte bei Strade Bianche lange zur Favoritengruppe. Er kommt auch bei Hitze gut klar und weiß, worauf es in Sanremo ankommt.

Die ganz große Radsport-Geschichte wäre ein Sieg von Philippe Gilbert. Der Belgier hat die vier anderen Monumente bereits gewonnen und könnte die Monument-Sammlung komplett machen. Kaum vorstellbar, dass dies so bald ein anderer Fahrer wiederholen könnte.

Kommt es doch zum Sprint haben Arnaud Demare und Caleb Ewan wohl die besten Karten.

***** Wout van Aert
**** Michal Kwiatkowski, Julian Alaphilippe
*** Philippe Gilbert, Tiejs Benoot, Alberto Bettiol, Davide Formolo
** Vincenzo Nibali, Mathieu van der Poel, Oli Naesen, Alexey Lutsenko, Dylan Teuns, Peter Sagan
* GvA, Michael Matthews, Arnaud Demare, Caleb Ewan, Sonny Colbrelli, Elia Viviani, Sam Bennett, Fernando Gaviria

Die offizielle Startliste findest du hier | Startliste bei PCS

Start: 11:10 Uhr
Ziel: ~ 18:30 Uhr

Wetter: ~ 29 Grad, leichter Wind aus Norden

Deutsche Siege:
4x Erik Zabel (1997-1998-2000-2001)
1x Rudi Altig (1968)
1x Gerald Ciolek (2013)
1x John Degenkolb (2015)