Omer Goldstein hatte es es erwischt und auch Inge van der Heijden – sie hatten einen „falsch positiven“ Covid-19-Test und durften deshalb bei einem Rennen nicht starten. Bei Oscar Gatto vom Team Bora-hansgrohe könnte es ähnlich sein. Er hatte einen positiven Test, später einen negativen. Das Rennen Bretagne Classic-Ouest-France konnte er nicht bestreiten.

Besonders ärgerlich im Falle von Gatto ist, dass aus Vorsicht die gesamte Mannschaft nicht ins Rennen ging. In Sachen Infektionsschutz eine gute Maßnahme, für das Team jedoch bitter. Kein Wunder, dass bei der Teamleitung um Ralph Denk Ärger aufkommt – schließlich zahlen die Sponsoren Geld für Aufmerksamkeit und positive Schlagzeilen bei den Rennen. Positive Corona-Tests sind da wenig hilfreich, doppelt ärgerlich, wenn die zudem falsch sind.

Das Problem

„Die falsch positiven Tests sind ein Problem und ärgerlich“, sagt Matthias Baumann. Er ist BDR-Arzt und gehört zur Medical Commission der UCI. „Wir haben auch noch weitere Probleme. Wir können beispielsweise nicht zu 100% sicherstellen, dass alle Tests auch korrekt genommen werden. Ebenso haben wir unterschiedliche Labore und Verfahren. Dennoch sind die Tests ein sehr wichtiges Instrument den Sport so sicher zu machen, wie möglich“, so Baumann.

Baumann hat bei der Deutschen Straßen-Meisterschaft am Sachsenring die Tests betreut. „Da habe ich viel gelernt, nicht nur über die Testverfahren und Abläufe“, so Baumann. So hatte er beispielsweise mit einer ganzen Reihe von unterschiedlichen Test-Bescheinigungen zu tun. Einen positiven Test bei der DM gab es nicht, auch keinen „falsch positiven“, der zu einem Startverbot geführt hätte.

Die Lösung

„Lösen lässt sich das Problem aktuell nur durch einen weiteren Test“, sagt Baumann. Doch für diesen zweiten Test muss noch Zeit sein, sonst findet das Rennen ohne den Sportler statt. Bei der Tour de France beispielsweise wurden die Fahrer bereits am Dienstag getestet. Weitere Tests folgen. Ist ein Test positiv, kann man weitere Tests machen, bis zum Start am Samstag ist noch Zeit. Doch das ist natürlich bei vielen anderen Rennen nicht möglich. In der Bretagne war der zweite Test von Oscar Gatto zwar negativ, doch für das Rennen war es zu spät. Erst recht für einen dritten Test, um ganz sicher zu gehen.

Der BDR hatte für die DM sogar die Möglichkeit, die Fahrer vor Ort zu testen. Denn das mobile Labor von Rüdiger Walscheid, dem Vater von World-Tour-Profi Max Walscheid, wurde dem BDR zur Verfügung gestellt. Aus Liebe zum Radsport und zum Selbstkostenpreis. „Ein sehr tolle Geste, das muss man hervorheben“, sagt Baumann.

Walscheid hat laut Baumann sogar die Möglichkeit PCR-Tests in 60 Minuten auszuwerten. Dies ist natürlich mit hohen Kosten verbunden und wird für dringende medizinische Fälle verwendet. Aber es zeigt, was möglich ist. Andere Verfahren dauern nur mehrere Stunden, was für Radrennen ebenfalls die Chance bietet, mehrmals zu testen – wenn die Ressourcen vorhanden sind.

Der Wunsch nach Sicherheit

Ralph Denk hat eine Debatte angestoßen, wie man die Tests sicherer, aussagekräftiger machen kann. Natürlich wäre es ideal, würden alle Tests gleich genommen und vielleicht sogar im gleichen Labor ausgewertet. Im vollgepackten Rennkalender ist das allerdings kaum vorstellbar. Es wird wohl auch nicht realisierbar sein, dass an allen Radrennen Testmöglichkeiten bereit stehen, wie das Labor von Rüdiger Walscheid.

Keine Tests sind ebenso keine wünschenswerte Alternative, genau wie das Einstellen des Rennbetriebs. Zumindest wenn man dem Radsport wohl gesonnen ist.

„Wir haben aktuell viele Probleme, ich halte die Tests und das Konzept der UCI aber weiterhin für sehr gut. Das Problem mit den falsch positiven Tests lässt sich nur durch mehrfaches Testen beheben. Zudem dürfen wir auch nicht vergessen, dass es auch falsch negative geben kann, vor allem, wenn die Tests nicht richtig durchgeführt werden“, sagt Baumann.

Die UCI hat ein strenges Konzept aufgelegt, das mit großem Aufwand verbunden ist. „Wenn ich auf andere Sportarten schaue, sehe ich das Konzept im Radsport durchaus als positives Beispiel, ähnlich beim Fußball. Zudem ist das konsequente und vorbildliche Handeln wie im Falle von Bora-hansgrohe positiv, auch wenn es für das Team natürlich ärgerlich ist, sollte es sich bei Oscar Gatto tatsächlich um einen falsch positiven Test handeln“, so Baumann.

Die Tour de France startet am Samstag in Nizza. Jeder Fahrer, dessen Testergebnis negativ ist, kann aufatmen. Bei so vielen Tests, wie im Radsport gemacht werden, wird es wohl noch einige „falsch positive“ geben. Dem betroffenen Sportler bleibt dann zu wünschen, dass noch genügend Zeit für weitere Tests bleibt.