Am Mittwoch belauerten sich die Favoriten auf Rosa noch. Das dürfte nun vorbei sein. Während das Terrain am Mittwoch für einen Großangriff nicht schwer genug schien, ist dieses 18. Teilstück ideal für ein Spektakel. Es ist eine superschwere Etappe mit vier schweren Anstiegen. Das Ziel ist keine zwei Kilometer nach dem Gipfel der letzten Steigung – spätestens am Torri di Fraele werden sich die Klassementfahrer auseinander nehmen.
Doch diese Etappe von Pinzolo nach Laghi di Cancano bietet taktisch mehrere Möglichkeiten zum Angriff. Den Gegner mit hohem Tempo ermüden, den Kapitän dann isolieren und schließlich stehen lassen – das dürfte eines der bevorzugten Szenarios für die Sunweb Mannschaft sein. Wilco Kelderman liegt nur 15 Sekunden hinter dem Rosa Trikot und will es ganz sicher am Abend überstreifen. Doch der Kampf um den Gesamtsieg ist nicht nur ein Duell zwischen ihm und Leader Joao Almeida.
Selbst wer im Gesamtklassement etwas weiter zurückliegt, könnte an diesem Tag seine Chance nutzen. Vielleicht schon am Stelvio angreifen? Oder platziert man mehrere Helfer in die Fluchtgruppe und eskaliert bereits am zweiten Anstieg? Wirklich unmöglich? Das Terrain der Etappe ist superschwer und nach fast drei harten Giro-Wochen werden die Fahrer nicht mehr frisch sein. 
Nachdem die 20. Etappe geändert wurde, man nicht nach Frankreich fährt und das Teilstück so etwas entschärft wurde, wird man diese Königsetappe mit mehr als 5500 Höhenmetern am Donnerstag ganz sicher nicht ungenutzt lassen. 
Es wird nicht weniger als das ganz große Spektakel erwartet. Die zumindest vorentscheidende Schlacht um das Rosa Trikot. Wer hier einen schlechten Tag erwischt, kann viele Minuten verlieren. Wer allerdings einen Sahnetag mit Diamantenbeinen hat, kann auch noch einen größeren Rückstand aufholen. Es bleibt keine Zeit mehr zum Abwarten – dieser Tag muss zur Attacke genutzt werden.


Die Strecke

Karte der 18. Etappe des Giro 2020

Nach dem Start geht es direkt 13 km bergan. Hier wird sich eine Gruppe versuchen zu lösen. Ganz sicher wollen einige der Klassementfahrer einen Helfer darin platzieren, was die Konkurrenz gern vermeiden möchte. Es könnte also direkt zum Start einen harten Kampf geben und vielleicht etwas chaotisch werden. Hier müssen die Helfer der Kapitäne wachsam sein, sonst entwischt vielleicht auch ein Top-10 Fahrer.  
Es folgt eine Abfahrt mit Gegensteigung und nach rund 55 Rennkilometern steht mit dem Hofmahdjoch der nächste Berg an. Die fast neun Kilometer sind im Schnitt mehr als 9% steil! Wer der Konkurrenz früh auf den Zahn fühlen will, könnte hier das Tempo mächtig anziehen.
 
 

Es folgt eine lange Abfahrt und ein sehr langes, leicht ansteigendes Stück bis zum Fuße des Stelvio. Fast 25 Kilometer lang, im Schnitt 7,5% steil – der Stelvio ist eine echte Legende! Es geht auf über 2700 Meter üNN und die Fahrer werden in der dünnen Luft die Anstrengungen noch mehr spüren. Ganz sicher werden die Fahrer einiges an Leistungsvermögen einbüßen. 

 
Nach der langen Abfahrt geht es zur Schlusssteigung. Noch einmal fast neun Kilometer bergan, mit im Schnitt sieben Prozent Steigung. Nach all den Strapazen kommen hier selbst die besten Fahrer ans Limit. Wer noch etwas Kraft in den Beinen spürt, kann mit einer beherzten Attacke die Konkurrenz in Schwierigkeiten bringen. Hier ist es auch eine Frage der Moral, über das eigene Limit zu gehen. 

 

Die Favoriten

Es ist der Tag, an dem eine Vorentscheidung um den Gesamtsieg fallen wird. Die Top-Kletterer werden ihre Karten auf den Tisch legen. Gut möglich, dass der spätere Giro-Champion an diesem Tag die Arme als  Etappensieger in die Luft reckt. Tao Geoghegan Hart, Rafal Majka und auch Jai Hindley machten zuletzt einen sehr starken Eindruck. Aber natürlich sind auch Wilco Kelderman, Joao Almeida und Vincenzo Nibali zu den Favoriten zu zählen.
Kommt doch eine Gruppe durch, könnten Fahrer wie Matteo Fabbro, Tanel Kangert, Thomas de Gendt oder Ilnur Zakarin am Ende um den Sieg fahren.
 
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**** Wilco Kelderman, Tao Geoghegan Hart
*** Jai Hindley, Vincenzo Nibali
** Rafal Majka, Tanel Kangert
* Joao Almeida, Matteo Fabbro, Mark Padun, Thomas de Gendt, Ilnur Zakarin
Start: 10:15 Uhr
Ziel: ~ 16:30 Uhr


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