Fabian Cancellara – Der Top-Favorit mit dem Riesen-Motor

Es ist die letzte Ronde von einem der ganz großen Meister der Pflasterrennen. Spartacus hat das Rennen bereits drei Mal gewonnen und ist für 2016 der große Favorit. Mit einem Sieg würde er den Thron der Ewigen-Erfolgsliste erklimmen, unangefochten, auf lange Zeit. Und Fabian Cancellara ist mehr als nur gut in Form. Mit dem Sieg bei der Strade-Bianche machte er klar, dass er in seiner letzten Saison dem ganzen Peloton noch einmal ordentlich Schmerzen bereiten wird. Bei Mailand-Sanremo hatte er Pech und bei Gent-Wevelgem war er nur im Sprint unterlegen. Wie stark Cancellara wirklich ist, zeigte sich vor allem bei Tirreno-Adriatico. Er fuhr auf der vierten Etappe lange an der Spitze und zog dermaßen am Lenker, dass sich das Feld direkt aus einem Tropfen zur langen Kette formte. Hinter ihm hubbelte das komplette Feld auf der Sattelspitze rum – einmal Anschlag für ALLE!

Cancellara ist in Top-Form, mental fokussiert und extrem stark. Doch es spricht noch etwas für den Schweizer: Er hat ein enorm starkes Team an seiner Seite. Es ist Cancellaras letzte Saison und das gesamte Team wird für ihn arbeiten. Stijn Devolder, Jasper Stuyven, Edward Theuns und dazu noch die unkaputtbaren Gregory Rast und Yaroslav Popovych. Mit diesen Jungs kannst du die Ronde bis zum Finale kontrollieren. Und wenn Spartacus dann am Kwaremont das SRM zum Glühen bringt, können nur Superman und Außerirdische folgen. Cancellara hat sich den Respekt erarbeitet, blieb auch im Erfolg umgänglich und authentisch – sollte ihm wirklich der Sieg gelingen, hätte die 100. Ronde mehr als nur einen verdienten Sieger.

Fabian Cancellara bei E3-Harelbeke (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)
Fabian Cancellara bei E3-Harelbeke (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)

 

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Peter Sagan – an den Anstiegen der Stärkste

Peter Sagan (Foto. Roth&Roth roth-foto.de)
Peter Sagan (Foto. Roth&Roth roth-foto.de)

Peter Sagan bereitet den Zuschauern auch in dieser Saison viel Spaß. Ob bei der Strade-Bianche, Mailand-Sanremo, dem Omloop, dem E3-Harelbeke oder Gent-Wevelgem – Peto greift an und gestaltet die Rennen.
Auch wenn dem Weltmeister „nur“ bei Gent-Wevelgem der Sieg gelang, er fährt ein sehr gutes Frühjahr. Was auffällt: Sagan ist vor allem an den Anstiegen superstark. Wird die Straße schief und Peto tritt an, zeigt sogar Fabian Cancellara die Zähnchen. Die Ronde mit den 18-Hellingen ist wie gemacht für den Weltmeister. Dazu ist er sehr endschnell.

Doch Sagans Weltmeistertrikot ist nicht nur für die Fans immer gut zu erkennen. Alle Fahrer im Peloton wissen um die Stärke des Slowaken und so wird sein Hinterrad ein sehr beliebter Ort im Feld sein. Attackiert Sagan, wollen alle mitgehen, doch mit ihm arbeiten wollen dann die wenigsten, denn im Sprint ist Sagan schwer zu schlagen. Wer die Ronde gewinnen will, sollte Sagan besser abhängen – bei seiner derzeitigen Form ähnlich leicht, wie über Wasser gehen.

 

 

Michal Kwiatkowski – das Pflaster-Leichtgewicht 

Michal Kwiatkowski (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)
Michal Kwiatkowski (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)

Michal Kwiatkowski hätte sich die Kapitänsrolle im Sky-Team spätestens mit dem Sieg beim E3-Harelbeke verdient. Doch mit Geraint Thomas und Ian Stannard hat die Sky-Mannschaft zwei weitere Podest-Kandidaten am Start. Dennoch macht Kwiatkowski derzeit den stärksten Eindruck. Den Weltmeister von 2014 hatte man in der Vergangenheit vor allem bei den Ardennen-Klassikern auf dem Zettel, doch in dieser Saison macht der 25-jährige Pole auch auf den Pflaster-Anstiegen einen sehr starken Eindruck.

Kwiatkowski ist in einer herausragenden Form und dürfte an den Anstiegen nur schwer abzuhängen sein. Doch bei der Ronde gilt es sehr aufmerksam zu sein und vor allem vor den entscheidenden Stellen die richtige Position im Feld zu finden. Hier kann sich Kwiatkowski auf die Hilfe der gestandenen Klassiker-Fahrer Ian Stannard, Luke Rowe und Geraint Thomas verlassen.

 

Greg van Avermaet – heiß auf das flandrische Monument

Greg van Vaermaet (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)
Greg van Vaermaet schlägt Peter Sagan bei Tirreno-Adriatico im Sprint (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)

Der 30-jährige Belgier fährt ein sehr starkes Frühjahr. Nach dem Sieg beim Omloop Het Nieuwsblad folgte der Gesamtsieg bei Tirreno-Adriatico und eine ganze Reihe Top-10 Resultate. Den E3-Harelbeke hatte er sicherheitshalber ausgelassen, nachdem er kränkelte, um für die Ronde topfit zu sein – dort zu siegen ist das große Ziel des Belgiers, und er war in den letzten Jahren schon mehrfach auf dem Podium. Van Avermaet kommt auf dem Pflaster bestens zurecht, ist extrem explosiv, tempohart und endschnell. Dazu hat sein BMC-Team starke Klassikerfahrer dabei, die ihren Kapitän bis zum Finale beschützen können.

 

Tiesj Benoot – das große flämische Klassikertalent

Achtung Attacke – Tiesj Benoot beim Omloop (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)
Achtung Attacke – Tiesj Benoot beim Omloop (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)

Tiesj Benoot gehört zur Abteilung Attacke, abwarten ist nicht sein Ding. Der 22-Jährige hat einfach Spaß am Radfahren und es ist für die Fans eine Freude ihm dabei zuzuschauen. Er greift an, er lässt nicht locker. Er scheint mit der Unbekümmertheit eines Neo-Profis (aktuell sein 2. Profi-Jahr) und der Lockerheit eines Außenseiters die Hellinge hinaufzufliegen. Vielleicht braucht er noch ein paar Jahre um die Ronde zu gewinnen, doch er ist schon jetzt an den Anstiegen konkurrenzfähig.

Was ihm fehlt, ist etwas Endschnelligkeit. Doch dann muss er eben allein ankommen – angreifen macht ihm eh am meisten Spaß. Tom Boonen geht davon aus, dass Benoot die Ronde vielleicht sogar mehrfach gewinnen kann. Am Sonntag steht er mit Top-Form am Start, aber wegen seines Alters ohne Druck. Er kann sich austoben, probieren und schauen was dabei rauskommt – eine ideale Voraussetzung, um für eine dicke Überraschung zu sorgen.

 

DIE AUSSENSEITER

 

Tom Boonen – der Altmeister in Lauerstellung

Tom Boonen macht das Tempo (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)
Tom Boonen macht das Tempo (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)

 

Es fühlt sich komisch an, vor einer Flandern-Rundfahrt über Tom Boonen als Außenseiter zu schreiben. Er ist einer der größten Klassikerfahrer aller Zeiten, hat gewonnen was es zu gewinnen gibt und 10 Jahre die Pflasterrennen bestimmt. Doch der sympathische Belgier ist nach seinem schweren Sturz im letzten Herbst scheinbar nicht in der Form früherer Jahre. Dennoch landete er bei E3-Harelbeke und Omloop in den Top-15. Boonen kennt jeden flämischen Pflasterstein mit Vornamen, weiß hinter welcher Ecke der Wind weht und wo die Anwohner die Hecken erst im Mai kürzen. Mit Tommeke muss man rechnen, vor allem wenn er nicht so sehr unter Beobachtung steht.

Es ist wohl seine letzte Saison und er will sich mit einer guten Leistung von seinem Publikum verabschieden. Doch Boonen muss dafür nicht Kapitän sein. Er ist Teamplayer und der Team-Erfolg steht über seinen persönlichen Ambitionen. Doch wenn Boonen am Sonntag einen guten Tag erwischt, kann er durchaus ein Wörtchen mitreden, wenn es um die Podestplätze geht.

 

 

Alexander Kristoff – nicht in der Form von 2014

Alexander Kristoff (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)
Alexander Kristoff (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)

Im letzten Jahr war Alexander Kristoff im April in der Form seines Lebens. Er musste nur lenken, der Rest ging von allein – so machte es den Eindruck. In diesem Jahr ist er nicht so stark, muss er selbst einräumen. Bei den ersten Pflasterrennen spielte er keine Rolle. Doch in den letzten zwei Wochen zeigt die Formkurve nach oben. Bei Mailand-Sanremo wurde er Sechster, ehe ihn eine Erkältung ausbremste. Doch bei den Drei Tagen von De Panne zeigte sich der Ronde-Titelverteidger wieder stark. Der endschnelle Kristoff ist so stark, dass er selbst das Rennen entscheiden kann. Man muss ihn abhängen, um am Ende jubeln zu können.