Romain Bardet hatte gerade für den ersten französischen Tour-Etappensieg in diesem Jahr gesorgt und einen Riesenjubel ausgelöst. Im Ziel nimmt er die Glückwünsche entgegen, wartet aber noch bis die Zeiten durchgegeben werden. Dann die Info: Rang zwei. Bardet ballt die Faust, YES! Diese Szene macht deutlich, welchen Stellenwert der Podestplatz bei der wichtigsten Rundfahrt der Welt hat.

Romain Bardet stand noch nie auf dem Podium der Tour de France und er wird auf der letzten Bergetappe alles daran setzen, seinen Platz auf dem Treppchen zu verteidigen. Auf dem Prachtboulevard in Paris die Ehren entgegenzunehmen und zu den drei besten Rundfahrern der Welt zu gehören ist eine Riesensache. Für Bardet nun das größte Ziel. Doch die Konkurrenz ist groß.

 

Fünf Fahrer kämpfen um zwei Plätze

Fünf Fahrer kämpfen noch um die zwei Plätze neben Chris Froome. Fabio Aru ist aktuell Sechster und hat keine zwei Minuten Rückstand auf Bardet. Auch Richie Porte wird alles daran setzen, das Treppchen zu erreichen. Die Ausgangslage vor der letzten großen Alpen-Schlacht:

Chris Froome
Zum Glück hat sich Chris Froome bei seinem Sturz auf der 19. Etappe nicht schwer verletzt. Das Vorderrad rutschte weg und er krachte auf Knie und Schulter. „Ich bin froh so einen großen Vorsprung zu haben“, sagte Froome im Ziel. Das Polster von mehr als vier Minuten sollte dicke reichen, um den Toursieg einzufahren. Nur stürzen sollte der Brite nicht noch einmal!

Romain Bardet, 2. + 4:11

Romain Bardet hat was er will – Etappensieg und Podestplatz. Er wird kämpfen bis zum Umfallen um am Ende in Paris auf dem Treppchen zu stehen. Seine exzellenten Abfahrkünste werden ihm sicher helfen, um auf den letzten Metern zum Ziel in Morzine das Treppechen zu sichern. Prognose: Platz 2.

Nairo Quintana 3. +4:11

Für Nairo Quintana ist es eigentlich wurscht, ob er Zweiter oder Achter wird. Der Kolumbianer ist angetreten um den ersten Toursieg für sein Land einzufahren. Streckenführung, Form, Team – alles passte. Doch Quintana ist nicht so stark wie im letzten Jahr, als er in den Bergen stärker war als Froome, aber auf der Windkante in Holland die Tour verlor.

Es läuft einfach nicht für Quintana. Erst hängt ihn Froome bergab ab, dann kommt er in den Alpen nicht in Tritt. Er vermutet eine Allergie, weil seine Beine nicht so wollen, wie sie sollen. Vielleicht ist er auch zu spät aus der Höhe in Kolumbien zurückgekehrt – niemand weiß es. Fakt ist, mehr als Platz zwei ist für ihn nicht drin. Probiert er einen Husarenritt um am letzten Tag den angeschlagenen Froome doch noch aus dem Gelben Trikot zu fahren? Eher unwahrscheinlich. Stattdessen muss er fürchten vom Podium verdrängt zu werden. Was ihm Hilft, ist sein starkes Team. Und selbst wenn Nairo einen schwachen Tag hat, mit Alejandro Valverde hat man eine taktische Option. Denn der Spanier hat als 8. nur 6:20 min Rückstand. Prognose für Nairo Quintana: Platz 3.

Adam Yates, 4. +4:46

Adam Yates ist die große Tour-Überraschung. Er hat das Weiße Trikot fest auf seinen Schultern und kann jede Platzierung im Klassement als Bonus mitnehmen. Der 23-Jährige muss nicht mehr attackieren oder Risiken eingehen. Er will in Weiß nach Paris und wird voll auf Louis Meintjes schauen, der nur 2:16 min hinter ihm liegt. Solange Yates das Nachwuchstrikot auf den Schultern trägt, ist ihm egal, ob er im Gesamtklassement Fünfter oder Siebter ist. Doch ergibt sich die Chance aufs Treppchen zu klettern, wird er nicht auf die Konkurrenten warten. Prognose: Platz 6.

Richie Porte, 5. +5:17

Schafft es Richie Porte erneut nicht auf das Podium einer Grand Tour, darf man das durchaus tragisch nennen. Oft ist der Australier als Mitfavorit gestartet, hatte dann aber Pech oder einen schlechten Tag. Unglaublich, dass Portes beste Platzierung einer Grand Tour der 7. Rang beim Giro aus dem Jahr 2010 ist. Und auch bei dieser Tour hatte er Pech: einen Defekt auf der zweiten Etappe, kurz vor dem finalen Anstieg. Er kämpfte, verlor aber trotzdem 1:45 min auf die Kontrahenten. Pures Pech, dass ihm das Podium kosten kann. Denn vor der letzten Bergetappe liegt Porte nur 50 Sekunden hinter dem Drittplatzierten Nairo Quintana. Würde man die 1:45 min abziehen, wäre er Gesamtzweiter. Doch Porte gehört zu den Stärksten im Peloton. Er wird kämpfen und mit dem Messer zwischen den Zähnen seine letzte Chance suchen. Ob Fünfter oder Achter ist ihm schnurzwurschtpiepegal – er kann aufs Treppchen und er wird volles Rohr angreifen um das zu erreichen. Prognose: Rang 4.

Fabio Aru, 6. + 6 min.

Fabio Aru hat eine durchwachsene Tour-Premiere gezeigt. Er hat den Stress der ersten Tour-Woche überraschend locker weggesteckt, dann aber in den Pyrenäen geschwächelt. Das Zeitfahren ist nicht seine Lieblingsdisziplin und so war klar, dass er in den Alpen aufholen muss.  Und in der Tat ist Aru der Einzige, der seine Mannschaft einspannt und den Angriffsmodus einschaltet. Er ist ein guter Abfahrer und kann auf der letzten Bergetappe nur gewinnen. Ob er Sechster oder Achter wird, ist egal – schafft er den Sprung aufs Podium, war es am Ende eine erfolgreiche erste Tour de France.