Peter Sagan hat im Sprint lange gewartet, die richtige Lücke erwischt und verdient gewonnen. Doch die Vorentscheidung im WM-Straßenrennen in Doha fiel schon nach knapp 80 der insgesamt 257,5 Kilometer. Nachdem die Strecke die ersten Kilometer hinaus in die Wüste führte, gab es nach etwa 79 Rennkilometern die Wende und es ging zurück nach Doha. Auf dem Weg zurück herrschte Rückenwindkante und so waren alle Fahrer im Peloton vorgewarnt.

An der Streckenwende mussten die Fahrer eine zusätzliche Schwierigkeit meistern: Nach einer Rechtskurve gab es zunächst für etwas mehr als 500 Meter Seitenwind, ehe die Straße erneut 90 Grad rechts auf eine schmalere Straße abknickte und dann Schiebekante herrschte.

 

Typisch Belgier – Auf derWindkante extrem stark (Foto: Roth&Roth)
Typisch Belgier – auf der Windkante extrem stark, Degenkolb (ganz links) noch dabei (Foto: Roth&Roth)

 

Die entscheidende Situation – Greipel & Degenkolb vorn dabei

Etwa zwei Kilometer bevor die Straße das erste Mal rechts abbog, war das deutsche Team im Feld sehr gut positioniert. Das Tempo war bereits enorm hoch und Jasha Sütterlin und auch Tony Martin hielten die Kapitäne aus dem Wind und brachten sie nach vorn. Doch alle Teams versuchten vorn zu fahren und so verloren die meisten deutschen Fahrer bis zur Kurve wieder einige Positionen.

Kurz vor der Kurve setzten sich die Briten vor das Feld und zogen das Tempo nochmals an. In der Rechtskurve wurde das Feld in die Länge gezogen und der Seitenwind drückte ins Peloton. Die Belgier zogen an der Spitze nun ebenfalls voll durch und so riss das Feld auseinander.

Im folgenden Video sieht man, wie das Feld das erste Mal reißt, auf dem kurzen Stück gen Osten, ehe die Straße erneut rechts abknickte und dann die Schiebekante entstand. André Greipel verlor zwar zunächst kurz den Anschluss, kam jedoch noch einmal heran. Wann er endgültig zurückfiel, war im TV nicht zu sehen. (Die Szene bei Youtube gibt es hier)

Nachdem Greipel bereits zurückgefallen war, hatte auch John Degenkolb Defekt und so waren die drei deutschen Kapitäne in der zweiten Gruppe. Dass die anderen Nationen dem BDR-Trio die Verantwortung zuschoben, ist übliche Radsporttaktik. Auch, dass die Belgier versuchten, alle Bemühungen der Deutschen zu stören, gehört wohl dazu. Lange gelang es den Verfolgern die Spitze auf knapp 40 Sekunden Abstand zu halten, doch am Ende war man gegen die zahlenmäßig überlegenen Belgier an der Spitze, die auch von den Italienern Unterstützung erhielten, chancenlos.

Fair: Tom Boonen gratuliert Peter Sagan (Foto: Roth&Roth)
Fair: Tom Boonen gratuliert Peter Sagan (Foto: Roth&Roth)

 

Wählten die Belgier im Finale die falsche Taktik?

Spätestens fünf Runden vor Ende war klar, dass der Sieger aus der 26 Fahrer großen Spitzengruppe kommen würde. Obwohl die Verfolger die Beine hochgenommen hatten, machten die Belgier weiter das Tempo an der Spitze. Man war mit sechs Fahrern vorn vertreten und hatte neben dem endschnellen Tom Boonen auch Greg van Avermaet und Jurgen Roelandts dabei. Es stellt sich die Frage, ob man mit der zahlenmäßigen Überlegenheit nicht hätte auch offensiver fahren können. Hätte van Avermaet beispielsweise attackiert, wäre die Konkurrenz gefordert gewesen. Doch kaum eine Nation hatte viele Helfer dabei. Wären Sagan und Boasson Hagen der Attacke gefolgt, hätte man die Beine hochnehmen können und mit Verweis auf Boonen bei den Verfolgern den Kontrahenten in der Flucht die Arbeit überlassen können. Man entscheid sich jedoch, auf Boonen zu setzen und muss sich nun mit Bronze zufrieden geben. Sowohl Boonen als auch Cavendish waren sehr enttäuscht, gratulierten Sagan aber im Ziel sofort sehr fair.

 

Pech, Erschöpfung, Frust – John Degenkolb gezeichnet von der Hitze (Foto: Roth&Roth)
Pech, Erschöpfung, Frust – John Degenkolb gezeichnet von der Hitze (Foto: Roth&Roth)