Platz 1 – Die letzte Woche des Giro d’Italia

Der Giro 2016 hatte alle Zutaten, die eine spektakuläre Rundfahrt benötigt: scheinbare Dominanz, Drama, Enttäuschung, Hoffnung, Spannung bis zum Schluss, ein Happy End für die Tifosi und eine große Geste.

Drei Tage vor dem Finale in Turin sah Steven Kruijswijk noch wie der sichere Sieger aus. Stark am Berg, clever auf den mittelschweren Abschnitten und beim Zeitfahren ohne Schwäche. So stand der Niederländer mit satten drei Minuten Polster in der Gesamtwertung auf Esetban Chaves am Start der drittletzten Etappe in Pinerolo. Vincenzo Nibali lag fast fünf Minuten zurück. Das Rosa Trikot schien fest auf seinen Schulter, doch statt des Leaderleibchens klebt in diesem Tag das Pech an Kruijswijk. Denn die vorletzte Bergetappe des 99. Giro brachte alles durcheinander.

Steven Kruijswijk nach seinem Sturz (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)

In der Abfahrt des Colle dell Agnello versteuerte sich Kruijwijk und krachte in die Schneewand am Straßenrand. Überschlag. Rad kaputt. Ehe er wieder Fahrt aufnehmen konnte, war die Konkurrenz schon enteilt. Im Ziel musste er das Rosa Trikot an Esteban Chaves abgeben. Der Giro war verloren.

Doch auch der junge sympathische Kolumbianer erlebte sein Debakel. Am letzten Anstieg des Giro musste er Nibali ziehen lassen und lag nach 20 Etappen und fast 83 Rennstunden nur 52 Sekunden hinter Sieger Nibali. Ausgerechnet Nibali stand am Ende ganz oben. Der Italiener musste während der ersten zwei Wochen des Giro viel Kritik einstecken, vor allem von den einheimischen Medien. Mit diesem spektakulären Finale lieferte der Giro aber nicht nur die spannendste Rundfahrt der Saison.

Eine Szene des Giro wird im Gedächtnis bleiben: Als die in Tränen aufgelöste Mutter des unterlegenen Esteban Chaves den Sieger Nibali in den Arm nimmt und fair gratuliert. Hier zeigte sich Fairness, Größe und wahrer Sportsgeist. Dass Chaves sich am Ende der Saison bei der Lombardei-Rundfahrt den ersten Sieg bei einem Monument holte, erscheint so doppelt verdient.

 

Die letzten Etappen ab 11:20 min