Paris-Nizza 2017(Foto:Roth&Roth)

Klassiker können kommen – André Greipel in bestechender Form

Einen Etappensieg hat André Greipel bei Paris-Nizza eingefahren und gezeigt, dass er gut drauf ist. Doch es war nicht nur der Sieg, der den Deutschen Meister hoffnungsvoll für die Klassiker stimmt. Vor allem bei den Windetappen zu Beginn der „Fahrt zur Sonne“ zeigte Greipel, was in ihm steckt. Es war ein brutal schweres Rennen, mit echten Klassikerverhältnissen – Wind, Regen hohes Tempo. Greipel fuhr aufmerksam, war in der ersten Gruppe und machte viel Arbeit für sein Team. Gerade im Finale der ersten Etappe war Greipel lange Zeit Motor der Spitzengruppe. Der 34-Jährige hat sein Rennprogramm umgestellt und will bei den Pflaster-Rennen konkurrenzfähig sein. Dass er Mailand-Sanremo weglässt, ist keine Überraschung. „Auch wenn ich in den letzten Tagen hier sehr gut über die Berge kam, werde ich nicht bei Mailand-Sanremo starten. Als nächstes kommt dann die Katalonien-Rundfahrt als Vorbereitung auf Flandern und Roubaix““, sagte Greipel nach Paris-Nizza. So wie er sich in Frankreich präsentiert hat, darf man wirklich gespannt sein, was er bei den Pflasterrennen zeigen kann. 

 

Tolles Rennen – aber fast zu schwer für März

Ja, es war ein wirklich tolles Rennen. Erst die „Klassiker-Etappen“ mit Wind und Regen und dann die Bergetappen. Drama bis zum Schluss und herrlich anzusehen. Es war eine Werbung für einwöchige Rennen. Keine Pause, immer hartes Racing. Aber es gab auch kritische Stimmen. Denn gerade die vorletzte Etappe war nach dem harten Rennen zuvor sehr heftig. 177 Kilometer lang und eine 16-Kilometer-Bergankunft. Die höchste in der 75-jährigen Geschichte des Rennens. „Ich denke, diese Etappe war etwas unnötig“, sagte BMC-Teamchef Alan Peiper gegenüber Cyclingweekly. „Paris-Nizza ist immer hart, aber dieses war richtig hart“, so Peiper. Auch Lotto-Soudal-Kapitän Tony Gallopin drückte sich klar aus: „Dieses Paris-Nizza war mörderisch“. Klar, die Fahrer machen das Rennen schwer, aber man darf schon die Frage stellen, ob es solch eine Königsetappe für ein spannendes Rennen im März braucht.

 

Nix mit Altersteilzeit – Alberto hat noch richtig Bock 

Als Alberto Contador bei Trek-Segafredo unterschrieb, gab es einige kritische Kommentare. Die Kritiker zweifelten an seiner Einstellung und Leistungsfähigkeit. Ex-Chef Oleg Tinkoff goss noch Öl ins Feuer, als er Contador zum Karriereende rat. Nun ist die Saison gerade zwei Monate alt und es lässt sich festhalten – nix mit Altersteilzeit, Bertie hat noch richtig Bock aufs Radfahren! Schon bei der Ruta del Sol zeigte Contador, dass er im Winter gut trainiert hat. Es fehlte am Ende nur eine Sekunde zum Gesamtsieg. Bei Paris-Nizza trotzte er erst den widrigen Bedingungen zu Beginn, wo er sich den entscheidenden Rückstand zu Henao einhandelte, und zeigte dann am letzten Tag ein furioses Rennen. Contador schenkt nichts her, greift an, wenn er sich gut fühlt und beschert den Fans ein Spektakel. Gut, dass er noch nicht den spanischen Wein in der Frühlingssonne genießt, sondern bei Wind und Wetter in Frankreich die Zähnchen zeigt. Auch wenn seine Karriere nicht makellos ist und er nicht mehr die Spritzigkeit von Früher hat, mangelnden Kampfgeist kann man dem 34-Jährigen definitiv nicht vorwerfen.

 

Gute Chance auf Titelverteidigung – Arnaud Demare bärenstark

Die erste Etappe der Fernfahrt Paris-Nizza war etwas für Klassikerfahrer und Fans der belgischen Rennen. Windkanten, Regen, Kälte und ein richtig hartes Rennen. Es wurde mit dem Messer zwischen den Zähnen gefahren und das Feld war bereits nach wenigen Kilometern komplett zerfleddert. Am Ende bröselte die erste Gruppe an kleinen Hügeln auseinander. Als Julian Alaphilippe attackierte, konnte keiner mitfahren. Keiner, außer Arnaud Demare. Und der Mailand-Sanremo-Sieger von 2016 sprintete erwartungsgemäß gegen seinen jungen Landsmann zum Sieg. Das war beeindruckend und wirklich stark. Klar, Fahrer wie André Greipel haben zuvor viel gearbeitet, aber dennoch war es bärenstark, wie Demare den Angriff von Alpahilippe konterterte. In den weiteren Sprintentscheidungen wurde Demare Dritter, Sechster und hinter Greipel auf der fünften Etappe Zweiter. Demare ist bereit für Mailand-Sanremo, soviel steht fest. In dieser Form ist sogar die Titelverteidigung bei der Primavera durchaus möglich.

 

Dege ist bereit für die Klassiker

Ein Etappensieg ist John Degenkolb nicht gelungen, aber seine Etappenplatzierungen sind ordentlich – Zweiter (Etappe 2) , Dritter (Etappe 3) und Fünfter (Etappe 5). „Ich fühle mich gut. Die Form passt und ich freue mich nun auf meine ersten Saison-Highlights, von Mailand-Sanremo über die Ronde van Vlaanderen bis zu Paris-Roubaix“, sagte Degenkolb nach Paris-Nizza. Das schwere Rennen war für „Dege“ eine gute Vorbereitung. „Durch die Härte des Rennens, insbesondere den ersten beiden Windkanten-Etappen mit Regen – die hatten ja schon fast Klassiker-Format, aber auch mit dem Abschluss in den Bergen war das die optimale Vorbereitung für die nun anstehenden Klassiker“, so Degenkolb. Vor allem, wenn es bergauf geht, macht Degenkolb einen starken Eindruck. Er sieht schmal aus und bringt richtig Druck aufs Pedal. Degenkolb ist voll fokussiert auf seine Ziele, nutzte Paris-Nizza als Vorbereitung. Am Samstag wird er die Karten auf den Tisch legen. Eins scheint klar, Dege wird man am Poggio nicht so leicht abhängen können.