Tom Dumoulin (Foto: Roth&Roth)

Auf der 16. Etappe gab es kurz vor dem Schlussanstieg große Aufregung. Leader Tom Dumoulin stoppte plötzlich, zog sich Helm und Trikot aus, die Hose runter und verschwand im Straßengraben. Es sei so dringend nötig gewesen, dass er nicht mehr warten konnte, erklärte er im Ziel. Eine Situation, die den Musterprofi für die Fans menschlich erscheinen lässt, ihn aber wertvolle Zeit kostete. Sofort wurde in den sozialen Medien diskutiert, dass man doch hätte warten müssen. 

 

Katusha-Alpecin hat Zakarin zurückgepfiffen, Dumoulin lag 40 Sekunden zurück

Schnell wurde auf Ilnur Zakarin geschimpft, weil dieser attackierte. Doch genau genommen, war Ruben Plaza vom Team Orica-Scott bereits zuvor einfach voll sein Tempo weitergefahren, als Dumoulin anhielt. Doch vermutlich hatte dieser gar nicht mitbekommen, dass das Rosa Trikot gestoppt hatte. Ob Zakarin es wusste, als er angriff, ist auch nicht klar. Der Sportliche Leiter Dmitry Konyshev erklärte, dass man Zakarin anwies die Attacke zu beenden, und er erstmal nur der Konkurrenz folgen sollte, bis klar sei, was mit Dumoulin genau passiert war.

Nachdem Zakarin eingeholt war, guckten sich alle an. Quintana funkte, Pellizotti sprach mit Anacona. Das Tempo war komplett raus. In der nächsten Kehre schauten sich alle um, wo denn das Rosa Trikot bleibt. Rund eineinhalb Minuten wurde langsam gefahren. Dumoulin hatte zu Helfer Ten Dam aufgeschlossen und lag ziemlich genau 40 Sekunden hinter der Nibali-Gruppe, als Pellizotti sich an die Spitze setzte und wieder Gas gab.

 

Im falschen Moment  

Man muss also festhalten, dass nach Dumoulins unfreiwilliger Pause durchaus kurz das Tempo raus war und die Kontrahenten sich anschauten, wie es weitergehen sollte. Das bestätigte auch Bauke Mollema vom Team Trek-Segafredo in einem Interview nach dem Rennen. Und wie Mollema ebenso betonte, fiel die Pause in eine schwierige Rennsituation und man könne eben auch nicht ewig warten. Zumal es den Fahrern sicher ähnlich ging, wie den TV-Zuschauern – man wusste nicht, ob das jetzt einfach eine Notdurft war, oder ein größeres gesundheitliches Problem. Hätte Dumoulin nun alle 5 Kilometer anhalten müssen, hätte man ja nicht immer ein Päuschen einlegen können. Ob spanisches, deutsches, oder britisches Fernsehen, alle vermuteten ein mehr oder weniger größeres Problem. Doch um das herauszufinden zu können, hätte man Dumoulin erst mal fragen müssen.

Das größte Problem war die Situation. Es passierte direkt am Fuße des letzten Anstiegs und es ging um den Etappensieg. Hätten sie gewartet, hätte Nibali definitiv nicht die Etappe gewonnen. Zumal das Rennen ja schon mehrere Kilometer in vollem Gange war. Aber es hat dennoch einen faden Beigeschmack, dass Dumoulin ausgerechnet wegen eines solchen Vorfalls sein Polster im Gesamtklassement einbüßt. Wenngleich es eine persönliche Sache war und kein Unfall, durch einen Fan verursacht, durch Schotter in einer Kurve oder einen querlaufende Katze – man hätte wohl dennoch gewartet, wäre es 100 km vor Ziel bei einer Flachetappe gewesen. 

Es war eine brutal schwere Etappe, bei der alle Fahrer viel investierten und sicher auch am Limit waren. Dumoulin hatte einfach Pech. Was gewesen wäre, wenn er vielleicht 25 Kilometer früher den Not-Stopp hätte einlegen können, bleibt Spekulation.

Und dass er nach dem Rennen via Twitter klarstellt, dass er niemandem böse ist, weil nicht gewartet wurde, zeigt nicht nur, dass er ein großer Sportler ist, sondern auch Größe besitzt.