Vincenzo Nibali

Nibali extrem stark, clever und souverän – der entscheidende Moment

Der „Hai von Messina“ ging als Favorit ins Rennen. Das macht es nicht gerade leichter, ein schweres Rennen zu gewinnen. Doch Nibali fuhr celver, ruhig und bockstark. Dank der Hilfe seiner Teamkollegen, und auch diesmal vor allem Giovanni Visconti, ging Nibali mit den Favoriten in den vorletzten Anstieg. Dass die Rampe nach Civiglio, rund 20 km vor dem Ziel, eine besondere Bedeutung bekommen würde, war vorher allen klar. Thibaut Pinot griff mehrfach an, Nibali musste nachsetzten. Doch der Italiener merkte, dass alle nur auf ihn schauten, und so legte er sich seinen Plan zurecht. Als sich Pinot rund 17,5 Kilometer vor dem Ziel erneut aus dem Staub machte, ließ sich Nibali in der Gruppe zurückfallen. Der Hai schaute sich an, wie Pozzovivo Pinot nachsetzte. Er wartete ab, und brummte dann vom Ende der Gruppe mit einem Monsterantritt an allen vorbei. Nairo Quintana ging kurz aus dem Sattel, musste aber schnell einsehen, dass er diese Lücke nicht mehr zu bekommet. Als Nibali an Pozzovivo vorbei zog, bekam dieser sicher reichlich Kühlung durch den Windzug. Am Gipfel war Nibali bei Pinot und ließ nicht locker. Dass Pinot in der Abfahrt nicht bei Nibali am Rad bleiben kann, ist wenig überraschend, aber so wie der Italiener aus jeder Kurve beschleunigte, war das auch kein Sackhüpfen. 
So war schnell klar, dass Pinot nicht mehr zurückkommt, denn Nibali konnte auch in der Ebene noch so derb drauftreten, dass mancher Wattmesser Darstellungsprobleme der Leistung bekommen hätte. Souverän, nennt man das. Bockstark auf jeden Fall auch. 

 

Üble Stürze, tolle Reaktionen 

 

Als Laurens de Plus über die Leitplanke ging, wird nicht nur mir der Atem gestockt sein. Ich habe schon einige schwere Stürze gesehen, aber es wird niemals so sein, dass man emotional abstumpft. Plötzlich wird das Rennen zur Nebensache. Bei jeder Push-Mitteilung wird geschaut, ob es endlich Entwarnung vom Team gibt. Mit den Kommentatoren will man nicht tauschen, denn es sind ungewisse und sehr unangenehme Minuten. Aber schaut man in die Twitter-Timeline, so sieht man, dass es vielen so geht. Fans, aber auch Teamkollegen und Fahrern von anderen Teams. In diesen Momenten ist der Radsport eine Familie, Mitgefühl und Menschlichkeit – etwas, was an anderen Stellen zu oft fehlt.

Man könnte Tweet-Beispiele auflisten hier nur einer, so gings mir auch. 

 

Sam Oomen – ein Mann für die Zukunft

Ja, es ist niemandem entgangenen – Sam Oomen ist ein Riesentalent. Auch bei der Lombardei-Rundfahrt ist er sehr stark gefahren. Der Kerl ist im Sommer 22 Jahre alt geworden, ist im zweiten Profi-Jahr und kann am Ende der Saison bei so einem schweren Rennen noch voll reinhalten. Respekt! Dabei fehlte zu den ganz, ganz Großen nicht viel. Oomen nimmt eine kontinuierliche Entwicklung, die Lücke nach ganz vorn wird stetig kleiner. Wenn er gesund bleibt und sich so weiterentwickelt, sehen wir ihn bald bei den Ardennen-Klassikern ganz weit vorn. 

 

Konzentriert sich Nibali 2018 auf die Klassiker? Ja, bitte, bitte!

Vincenzo Nibali hat alle drei GrandTours gewonnen und muss nix mehr beweisen. Dass er nun auf die Idee kommt, sich voll auf die Klassiker konzentrieren zu wollen, ist nicht ungewöhnlich. Klar, Nibali war in den Ardennen nicht mit Plauze und unrasierten Beinen am Start, aber so voll und ganz hat sich der Italiener bislang nicht auf die Eintagesrennen konzentriert. Dabei bringt er alles mit, was man braucht, um dort für gehörig Wirbel zu sorgen. In Lüttich und Sanremo stand er schon auf dem Treppchen, aber der Hai ist hungrig. So offensiv und clever, wie Nibali fährt, wünschen wir uns sehr, dass er die Rückendeckung der Mannschaft bekommt und sich voll auf die Klassiker konzentrieren kann. Dazu dürfte die ultra-schwere WM in Innsbruck auch nach seinem Geschmack sein – Nibali als großer Entertainer bei den Eintagesrennen 2018? Ja, ja – bitte, bitte.

 

 

Einfach Wahnsinn – Quick-Step mit beeindruckender Statistik

Mit der Lombardei ist das letzte Monument des Jahres Geschichte. Ein guter Moment, um mal in die Statistik zu gucken. Für große Augen und anerkennendes Kopfnicken muss man nicht lange suchen – das Quick-Step-Team war bei allen fünf Rennen auf dem Podium. Gäbe es eine Auszeichnung für DAS „Klassikerteam“, nur diese Mannschaft käme als Sieger in Frage. Respekt und Gratulation, diese Belgier haben Eintagesrennen in der DNA.