Marcu Burghardt

Zum Start der Tour de France 2016 präsentierte Ralph Denk den deutschen Hersteller von Sanitär-Produkten als künftigen Sponsor. Denks Team war zu diesem Zeitpunkt längst auf dem Sprung in die WorldTour, die Verpflichtung von Peter Sagan war nur noch Formsache und die WorldTour-Linzenz fast sicher. Mit hansgrohe konnte der Bora-Teamchef einen potenten Partner gewinnen, der deutlich mehr investierte als Radhersteller Argon18 zuvor – ein wichtiger Baustein für Denks Weg in die Weltspitze des Radsports. 

Nach der Präsentation des neuen Sponsors im Tour-Pressezentrum in Saint-Lô fragten einige Journalisten ihre deutschen Kollegen, ob hansgrohe denn etwas mit „Grohe“ zu tun habe, oder es sich sogar um das gleiche Unternehmen handele. Doch die wenigsten deutschen Sportjournalisten konnten spontan fundiert antworten. Es sind getrennte Unternehmen, Konkurrenten im gleichen Markt, die eine gemeinsame Geschichte haben. Denn es war der Tüftler Hans Grohe, der Anfang des 20. Jahrhunderts begann Brausen herzustellen. Hinter den Erfolgsgeschichten der Firmen „hansgrohe“ und „Grohe“ stecken dessen Söhne Klaus und Friedrich. Der Verkauf von Grohe an einen Investor war der Auslöser dafür, dass die Unternehmen zu Konkurrenten wurden.

 

Früher Cyclocross, heute Straße

Hansgrohe war einigen Radsportinsidern durch das frühere Engagement beim Superprestige Cyclocross bekannt. Dass die Firma nun beim Straßenradsport eingestiegen ist, hat damit aber nichts zu tun. „Es war eine rationale Entscheidung“, erklärt Fiona Blinzer, PR-Managerin bei hansgrohe. Man habe einfach geschaut, wo sich ein Engagement lohnt, es den meisten Erfolg für die gesteckten Kommunikationsziele verspricht. „Da sind wir beim Radsport gelandet“, sagte Blinzer.

Dabei spielte die internationale Ausrichtung eine wichtige Rolle. Das Unternehmen mit fast 5000 Mitarbeitern hat in Schiltach im Schwarzwald seinen Hauptsitz, verkauft aber in mehr als 140 Ländern. „Man wolle die Nummer 1 in den Kern-Märkten sein“, sagt der radsportaffine neue Vorstandsvorsitzende Thorsten Klapproth – da passt Sagan als Werbefigur perfekt.

 

Duschen wie ein Weltmeister

 

Shower like a champion! #borahansgrohe #petersagan #champion #hansgrohe

Ein Beitrag geteilt von Hansgrohe SE (@hansgrohe_se) am


Hansgrohe nutzte die größte Marke des Radsports gleich für eine Kampagne. „Duschen wie ein Weltmeister“ hieß die internationale Aktion mit Peter Sagan. Das Unternehmen war bislang eher im business-to-business Bereich aktiv, adressierte nicht direkt den Endkunden, sondern die Handwerker und Händler. Doch das hat sich nun geändert und war auch der Auslöser für eine neue Kommunikationsstrategie und den Einstieg in den Radsport.

Nun will man den Endkunden direkt ansprechen, war auch deshalb bei vielen Rennen mit eigenen Veranstaltungen präsent. Beim Tourstart gab es ein Familienfest und selbst bei der Tour of Guangxi wurde eine Ausfahrt mit Kunden veranstaltet. Der Radsport begeistert, wenn man vor Ort ist – deshalb muss man die Kunden mit zum Event nehmen, so die Idee. Das Engagement soll die Marke emotionaler machen. 

 

Die Investition muss sich rechnen

„Wir haben unsere Markenbekanntheit in den Kern-Ländern gesteigert“, sagt Blinzer. Es gab vor der Saison eine Null-Messung und dann nach der Tour de France in Kooperation mit dem Analyse-Unternehmen Nielsen eine Vergleichsstudie.

Wie stark die Bekanntheit gewachsen ist, will man aber noch nicht verraten, sondern das Ergebnis der zweiten Messung am Saisonende abwarten. Rechnet man schlicht dagegen, was man für eine vergleichbare Medienpräsenz an Werbebudget gebraucht hätte, sei es ohnehin eine sehr positive Bilanz. 

 

Im Schatten von Bora

Oft ist nur vom „Bora-Team“ die Rede. Selbst in vielen Medien wird der Firmenname des zweiten Sponsors häufig nicht genannt. Ärgerlich, für hansgrohe. Der Dunstabzugshaubenhersteller ist dagegen omnipräsent, und im Vergleich zu Bora scheint hansgrohe in Sachen Aufmerksamkeit eher unter dem Radar zu fliegen.

Warum das so ist, ist wohl nicht so einfach zu erklären. Sicher spielt es auch eine Rolle, dass Bora-Chef Willi Bruckbauer bereits mehr Erfahrung hat, wie man sich im Radsportumfeld gut präsentiert und vehementer auftritt. Hansgrohe will die eigene Wahrnehmung natürlich weiter verbessern. Bei gemeinsamen Aktionen, wie etwa beim Finale der Tour in Paris, kooperierten die beiden Hauptsponsoren.   

 

Emotionalisieren und nicht nur Sagan

Für hansgrohe war es ein erfolgreiches erstes Radsport-Jahr, auch wenn es durch den Sagan-Ausschluss bei der Tour nicht optimal lief. Dass Sagan auf den Fotos der Kampagne noch mit langen Haaren duschte, während er nun wieder kurzes Haar trägt, ist dagegen locker verschmerzbar. In der Zukunft will man auch in Sachen Kommunikation das Engagement etwas weiter fassen, nicht nur den Blick auf Sagan richten.

Vor allem im Hobby-Bereich wächst der Radsport, hat ein gutes Ansehen, auch bei potenziellen hansgrohe-Kunden. Mit Veranstaltungen bei Jedermann-Events versucht man bereits die Brücke von den Profis zu den Hobby-Radlern zu schlagen. Mindestens zwei weitere Jahre wird hansgrohe-Titelsponsor des Profi-Teams bleiben. Ob die Firma langfristig im Profi-Peloton vertreten bleibt, wird die Kosten-Nutzen-Analyse zeigen.