Pavel Sivakov

Für Pavel Sivakov hätte seine letzte U23-Saison kaum besser laufen können. Was hat der 20-Jährige Russe 2017 alles in der U23-Kategorie gewonnen: das schwere französische Mehrtagesrennen Ronde de l’Isard, die U23-Version des Giro d’Italia, das preisträchtige Rennen Giro Ciclistico della Valle d’Aosta Mont Blanc und vieles mehr. Lediglich bei der Tour de l’Avenir, bei der Sivakov die russische Nationalauswahl anführte, konnte der Russe vom BMC Development Team in der Gesamtwertung nicht überzeugen. Er verlor fast sieben Minuten gleich bei der ersten Etappe und konnte damit das Gesamtklassement von Anfang an abhaken. Immerhin hat Sivakov als Solist noch die letzte Etappe eines der wichtigsten Rennen in der U23-Kategorie gewonnen – und zwar mit 2:30 Vorsprung auf den ersten Konkurrenten.

 

Angebote von fast allen WorldTour-Teams

Als Sivakov diesen Sieg in Frankreich feierte, stand bereits fest, dass er ab 2018 für das britische Team Sky fahren wird. Die Mannschaft um den viermaligen Tour-Sieger Christopher Froome gab dem 20-Jährigen einen Dreijahresvertrag. „Das war eine gut bedachte Entscheidung“, erzählt Sivakov, der als großes Rundfahrtstalent gehandelt wird, am Rande der Straßenweltmeisterschaft im norwegischen Bergen. „Ich hatte Angebote von fast allen World-Tour-Teams, die Auswahl war also groß. Manch einer sagt, es sei riskant, als junger Fahrer zu Sky zu gehen, die Briten haben aber das mit Abstand beste Angebot gemacht.“ Zusammen mit Sivakov hat Team Sky für 2018 unter anderem seinen größten Konkurrenten Egan Bernal aus Kolumbien verpflichtet, mit dem Norweger Kristoffer Halvorsen kommt auch der U23-Weltmeister des letzten Jahres ins Team.

„Es ist natürlich kein Zufall, dass wir jetzt alle von Sky verpflichtet wurden“, betont Sivakov. „Team Sky hat eine Strategie für uns entwickelt, von der sowohl wir, als auch die Mannschaft profitieren werden. Die Konkurrenz mit Bernal ist zudem für mich erst einmal überhaupt kein Thema, denn bei den Profis werden die Karten immer neu gemischt“, so Sivakov. Einer, der seine Entscheidung trotzdem eher kritisch sieht, ist der russische Verbandspräsident und Ex-Profi Wjatscheslaw Jekimow: „Ich glaube, es ist eine sehr fragwürdige Entscheidung. Zum einen hat Team Sky bei der Entwicklung junger Fahrer bisher alles andere als gut abgeschnitten. Zum anderen – gutes Programm hin oder her – wird er bei Sky sowieso nur wenige Freiheiten genießen. Ich wünsche Pawel nur das Allerbeste, fürchte aber, dieser Entschluss könnte seine Karriere gefährden.“

New year, new team, new goals with @teamsky. #happynewyear #followyourdreams

Ein Beitrag geteilt von Pavel Sivakov (@pavel_sivakov) am


Bald ist Sivakov Franzose

Bei der WM in Bergen ist Sivakov für Jekimows Verband gefahren – noch. Denn eigentlich lebt Pawel, Sohn des Tour-de-France-Teilnehmers Alexej Sivakov und der zweimaligen Weltmeisterin im Mannschaftszeitfahren Alexandra Koljassewa, seit seiner Kindheit in Südfrankreich, obwohl er in Italien auf die Welt kam. Am Ende dieses Jahres bekam Sivakov die französische Staatsbürgerschaft. Ob er nun für Russland oder für Frankreich starten wird, bleibt offen – und das 20-jährige Talent will diese Frage noch nicht eindeutig beantworten. „Ganz ehrlich: Ich denke, er wird für Frankreich starten. Er ist dort sehr gut integriert, spricht Französisch auf Muttersprachniveau und ist mental gesehen eher Franzose als Russe“, sagt Wjatscheslaw Jekimow. „Aber er fährt ja noch für Russland – und wir unterstützen ihn natürlich.“

 

Die WM-Strecke 2017 war zu leicht

Bei der WM in Bergen konnte Sivakov seine Qualitäten nicht unter Beweis stellen. Die Strecke des Straßenrennens war für ihn zu leicht, obwohl er eine Attacke wenige Runden vor dem Ziel mitging – und trotzdem immer noch als 23. die Ziellinie durchquerte. „Ich könnte mein Rennen doch besser einteilen, das bereue ich ein wenig“, sagte er gegenüber CyclingMagazine nach dem U23-Straßenrennen. „Hätte ich bis zum Ende gewartet, könnte ich mit etwas Glück dort landen, wo Cosnefroy und Kämna gelandet sind. Aber es ist immer eine Lotterie.“ Im WM-Zeitfahren hatte Sivakov zudem Rang elf belegt. Doch bereits zu diesem Zeitpunkt hatte Sivakov schon voraus geblickt – auf seine erste Profi-Saison, beim stärksten Team der Welt.

 

 

Als Fahrer verändert

Im Jahr 2017 hat er nicht nur sehr vieles gewonnen, sondern sich auch als Fahrer stark verändert. „Lange Anstiege passten mir früher nicht so gut. Ich war eher der Typ für Rennen wie Lüttich-Bastogne-Lüttich, wo ich im letzten Jahr bei der U23-Auflage Zweiter war“, erklärt der 20-Jährige. „In diesem Jahr haben wir zusammen mit dem Trainer das optimale Gewicht gefunden und ein paar kleinere Sachen verändert. Meine Zukunft scheinen also eher nicht die schweren Klassiker zu sein, sondern der Kampf um die Gesamtwertung.“ Die größten Idole Sivakovs sind Fabian Cancellara und Alberto Contador, die beiden Großgewichte des Profi-Radsports haben ihre Karrieren zuletzt beendet. Ob der französische Russe ein ähnliches Niveau wie die glorreichen Schweizer und Spanier erreichen kann, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Seine Profi-Karriere ist immerhin bereits jetzt bis Ende 2020 gesichert. Sprachprobleme sollte Sivakov übrigens auch beim Team Sky nicht haben: Sein Englisch ist ähnlich gut wie Russisch und Französisch.