Simon Yates – Sprung nach vorn, Kandidat fürs Giro-Podium
Auch wenn sich Simon Yates am letzten Tag das Trikot noch hergeben musste, er hat sich extrem stark präsentiert und scheint mit Blick auf den Giro in einer super Form zu sein. Vor allem der Sieg auf der Königsetappe war beindruckend. Beim Einzelzeitfahren verlor er nur etwas mehr als eine halbe Minute auf Sieger Wout Poels, lag auf Augenhöhe mit Tim Wellens und Luis Leon Sanchez. Für ein Leichtgewicht wie ihn, mit weniger als 60 kg, ein ordentliches Ergebnis.
Yates verfügt über Spritzigkeit und scheint insgesamt noch einmal einen Sprung nach vorn gemacht zu haben. Sein Mitchelton-Scott-Team wird beim Giro vielleicht das Luxusproblem zweier Kapitäne bekommen, denn mit Esteban Chaves hat man einen zweiten starken Mann. So stark wie sich Simon Yates bei Paris-Nizza präsentiert hat, könnte er auch bei den Ardennen-Klassikern vorn mitmischen – mal abwarten, wie das Team plant.
Dylan Groenewegen – Sprinter-Weltklasse
Wer als Sprinter die Schlussetappe der Tour de France auf dem Champs-Élysées gewinnt, gehört ohnehin zu den ganz Großen. Doch es scheint so, als habe Dylan Groenewegen zur neuen Saison noch einmal einen Sprung nach vorn gemacht. Schon beim Saisonauftakt in Dubai schlug er die komplette Sprinter-Elite. Bei der Algarve-Rundfahrt holte er sich zwei Etappensiege und bei Kuurne-Brüssel-Kuurne zeigte er seine ganze Klasse. So reiste er natürlich mit viel Selbstbewusstsein zu Paris-Nizza.
Da es nur eine echte Chance für die Sprinter gab, machten zwar einige der Top-Leute einen Bogen um Paris-Nizza, doch das die Sprinter-Konkurrenz konnte sich dennoch sehen lassen. Wie sich Groenewegen dann gegen Vivinai, Greipel & Co durchsetzte, war extrem beeindruckend. Er einfach der Stärkste, mit Abstand. Der 24-Jährige gilt seit einiger Zeit als Riesentalent, hat bei der Tour 2017 den ersten ganz großen Erfolg eingefahren. So wie er sich nun präsentiert, hat er der Zeug dazu, auf Jahre zur absoluten Sprinter-Weltklasse zu gehören. Vielleicht wird er schon in diesem Sommer zum ganz großen Rivalen für Marcel Kittel.
Patrick Konrad – Hallo Weltspitze
Sein Talent blieb vielen Insidern nicht verborgen, auch wenn es eher die kleineren Rennen waren, bei denen Konrad siegte. Als Profi ist er noch immer ohne Sieg, landete aber gleich als Neo-Profi 2015 in den Top10 der Tour of Oman, Dänemark-Rundfahrt und Tour de l’Ain. Konrad lehnt sich lieber nicht zu weit aus dem Fenster, lässt lieber seine Leistung sprechen. Welches enorme Potenzial der inzwischen 26-Jähre hat, wurde spätestens im zweiten Profi-Jahr deutlich. Beim Giro del Trentino fuhr er extrem stark und bei Lüttich-Bastogne-Lüttich wurde er 15. Mehr als nur gute Auftritte.
Konrad hat kontinuierlich einen Schritt nach dem anderen nach vorn gemacht. Mit Rafal Maijka, Emanuel Buchmann und Davide Formolo im Team, muss Konrad die Chancen nutzen, die sich bieten. Bei Paris-Nizza hat er definitiv gezeigt, dass er auf Top-Niveau mitfahren kann. Am Ende wurde er Gesamtsiebter und hat mit seiner Fahrweise gezeigt, wie stark er ist. Mit dem daraus gewonnen Selbstvertrauen ist er sicher bereit, für den nächsten Schritt.
Paris-Nizza – ein schönes Rennen mit guter Dramaturgie
Gut, die Sprinter werden nicht gejubelt haben, als sie sich den Parcorus genauer angeschaut haben, aber am Ende bot das Rennen viele Möglichkeiten und für jeden Fahrertyp etwas zu holen. Die Klassiker-Sprintankunft zum Auftakt, ein Zeitfahren, eine Bergankunft und eine Etappe für Ausreißer. Thema Ausreißeretappe: Nils Politt hätte sich auf der fünften Etappe fast für seinen ersten Profi-Sieg geholt, machte aber dennoch auf sich Aufmerksam.
Paris-Nizza hatte einen gewohnt ausgewogenen Parcours, nahezu ideal für ein einwöchiges Etappenrennen. Vor allem die kurze Schlussetappe war für die Zuschauer ein Genuss. Es wurde früh attackiert und am Ende stellte sich das Klassement noch einmal auf den Kopf. Dass dies im „normalen“ Rennen passiert, und nicht im Einzelzeitfahren ist gerade für die TV-Zuschauer ideal. Ein modernes Rennen, mit viel Tradition – für das Wetter der „Fahrt zur Sonne“ muss für 2019 gearbeitet werden 😉 .
Marc Soler – Talent bestätigt
Nach seinem Sieg bei der Tour de l’Avenir 2015 galt der Spanier als ganz großes Rundfahrt-Talent. Mit 1,86 m Körpergröße und weniger als 70 Kg Gewicht, ist er mehr ein Allrounder, als ein Bergfahrer. Wird es ganz steil und die 50kg-Jungs drehen am Gasgriff, bekommt er Probleme. Dafür brummt der den reinen Kletterern im Zeitfahren einige Sekunden auf. Groß, Spanier, stark im Zeitfahren – da kommen schnell Erinnerungen an die Legende Miguel Indurain. Doch so groß die Gemeinsamkeiten scheinen, so weit ist der Weg für Soler noch, der „neue Indurain“ zu werden.
Zudem ist Soler ein anderer Typ. Er greif an, er versucht die Entscheidung zu erzwingen. Manchmal scheitert er, hätte vielleicht ein besseres Ergebnis einfahren können, wenn er abgewartet hätte, dich bei Paris-Nizza wurde er für diese Fahrweise belohnt. Bärenstark, All in & mit der Brechstange. In einem Team wie Movistar bekommt man viel Vertrauen, aber nur wenige Chancen. Soler hat sie eindrucksvoll genutzt.