Mailand-Sanremo Profil

Mehr als 100 Jahre Tradition und enormes Prestige – Mailand-Sanremo ist das erste Monument des Jahres und eines der ganz großen Highlights. Mit 291 Kilometern ist es das längste Eintagesrennen des Radsportkalenders. Rechnet man die Neutralisation dazu, kommen die Fahrer auf rund 300 km im Sattel. Das Rennen trägt den Namen „la Primavera“, es ist die Fahrt in den Frühling. Der große Auftakt für die Monumente des Frühjahrs.
Mailand-Sanremo hat bis heute einen großen Stellenwert und einen ganz eigenen Charakter. Während das Rennen in den ersten Rennstunden dahinplätschert, baut sich zum Finale langsam die Spannung auf. In der letzten Rennstunde wird es hektisch und am legendären Poggio erreicht die Spannung ihren Höhepunkt – gibt es einen Sprint, oder ist eine späte Attacke erfolgreich? Erst auf der Via Roma in Sanremo gibt es Gewissheit. 

 

Die Strecke

Traditionell geht es aus dem Mailänder Zentrum zur Via Roma in Sanremo. Die Strecke führt über den Turchino-Pass (mit 588 Meter der höchste Punkt) zum Mittelmeer. Dann geht es entlang der Küste auf der traditionsträchtigen Via Aurelia gen Sanremo. 

Karte Mailand-Sanremo 2018

Die Vorentscheidung fällt an den fünf „Capi„, den kurzen, aber steilen Anstiegen auf den letzten 55 Kilometern. Den Anfang machen Capo Mele (51,4 km vor dem Ziel), Capo Cervo (46,3 km vor dem Ziel) und Capo Berta (38,4 km vor dem Ziel). Hier müssen die Favoriten aufmerksam sein und weit vorn im Feld fahren, um bei möglichen Stürzen nicht aufgehalten zu werden. Vor den Capi wird es meist extrem schnell, weil natürlich alle Fahrer in den ersten 30 Positionen in den Anstieg fahren wollen.

 

Cipressa und Poggio – die entscheidenden „Capi“

Das Finale – Cipressa und Poggio

Wer einen Massensprint umgehen will, nutzt die beiden letzten Capi für Attacken. Die Cipressa ist 21,5 Kilometer vor dem Ziel erklommen. Es ist ein 5,6 km langer Anstieg mit 4,1% Steigung im Schnitt. Definitiv kein Monster-Berg, doch nach 270 Rennkilometern lässt er die Fahrer leider. Das Tempo ist dort enorm, den Strava-KOM hat Greg van Avermaet – 34,6km/h im Schnitt! 

 

Entscheidung am Poggio?

Im vergangenen Jahr fiel die Vorentscheidung am letzten Anstieg, dem Poggio. Peter Sagan zog das Tempo an und nur Michal Kwiatkowski und Julian Alaphilippe konnten das Hinterrad von Sagan noch einmal erreichen. Gut möglich, dass der Poggio erneut der Scharfrichter des Rennens ist. Kwiato holte sich 2017 auch den Strava-KOM, als er mit 37,6 km/h im Schnitt hochdonnerte.

Profil des Poggio

Die Auffahrt zum Poggio startet 9 Kilometer vor der Ziellinie. Es geht 3,7 Kilometer auf einer schmalen Straße mit vier Haarnadelkurven bergan. Wer hier angreifen will, sollte vor dem Anstieg schon in einer guten Position sein. 

Der Gipfel ist 5,4 Kilometer vor dem Ziel erreicht. Dann führt eine technisch sehr anspruchsvolle Abfahrt auf teilweise schlechter Straße nach Sanremo. Nur die letzten 2 Kilometer zum Ziel sind flach. 

Etwa 850 Meter vor der Ziellinie gibt es eine Linkskurve und einen Kreisverkehr. Die Zielgerade ist 750 Meter lang, jedoch gibt es 500 m vor dem Ziel eine ganz leichte links-rechts-Welle.   

Finale des Monumentes Mailand-Sanremo

 

Die Favoriten

Wer Mailand-Sanremo gewinnen will, braucht enorme Kondition. Es geht darum, bis zum Finale so viel Energie zu sparen, wie möglich. Denn erst nach mehr als sieben Stunden geht so richtig die Post ab.Nach sieben Stunden und fast 300 km fällt die Entscheidung – hier zählt jedes Tröpfchen Sprit im Tank. Das Rennen ist von allen großen Klassikern das am leichtesten ausrechenbare. Bora-hansgohr-Trainer Dan Lorang hat die Leistunsgwerte der vergangenen Austragungen seiner Sportler genau analysiert. Er kann sagen, wann Peter Sagan, an welcher Stelle, wie viel Watt treten muss, um am Ende eine Chance auf den Sieg zu haben. Detailliert verraten will er es natürlich nicht. Aber Sagan ist wie gemacht für dieses Rennen. Enorme Physis, brutale Ausdauer und einen Punch, der für die kurzen Anstiege im Finale ideal ist. „Wer gewinnen will, muss am Poggio noch 500 Watt treten können“, sagt Lorang. 

Theoretisch können viele Fahrer dieses Rennen gewinnen, aber zu den absoluten Favoriten zählt nur eine handvoll. Peter Sagan gehört dazu, auch Michal Kwiatkowski. Wer am Ende um den Sieg sprintet, hängt stark vom Verlauf des Finales ab. Donnern Sagan, Kwiatkowski und Co. den Poggio so hinauf, wie im vergangenen Jahr, wird es für die schwereren Sprinter ganz schwer, bis zum Sprint wieder aufzuschließen. Aber gelingt es, das Tempo moderat zu halten, oder fühlen sich die Ausnahmekünstler nicht stark genug für eine Attacke, kann am Ende auch ein großes Feld um den Sieg sprinten. Dann zählen Alexander Kristoff, Elia Viviani, Arnaud Demare, André Greipel oder auch Sonny Colbrelli zu den Favoriten.  Vor allem Demare und Colbrelli haben sich in den vergangenen Wochen extrem stark präsentiert.

Für große Aufregung sorgte im Winter die Ankündigung von Philippe Gilbert, er wolle versuchen, Siege bei allen fünf Monumenten in seinen Palmares haben, ehe er in „Rente“ geht. Es fehlen ihm nur noch Paris-Roubaix und eben Mailand-Sanremo. Doch in welcher Konstellation wäre das möglich? Er müsste fast allein ankommen, denn gegen Sagan oder Kwiatkowski dürfte er im Sprint schlechte Karten haben. Dafür wäre eine Attacke am Poggio vielleicht bereits zu spät. Sorgt Gilbert bereits an der Cipressa für eine Explosion des Rennens? Gut möglich. Doch Phil ist kein Unbekannter im Peloton, steht er auf, greifen gleich 4-5 Mann im Feld den Lenker fester und nahmen den Kopf 5 cm weiter nach unten. Gilbert ist nicht der Top-Favorit, aber er kann im Rennen für die entscheidende Attacke sorgen.

Gespannt darf man auf Marcel Kittel sein. Der Weltklasse-Sprinter gibt seine Sanremo-Premiere. All zu große Erwartungen sollte man nicht haben, denn neben Cipressa und Poggio dürfte ihm die fehlende Sanremo-Erfahrung Probleme bereiten.

John Degenkolb musste den Start wegen einer Nebenhöhlenentzündung leider absagen. Ob Michael Matthews schon wieder so weit ist, ganz vorn zu landen muss man abwarten. Der Sunweb-Kapitän hatte sich beim Omloop Het Nieuwsblad die Schulter gebrochen und einige Tage pausieren müssen. 

 

***** Peter Sagan, Michal Kwiatkowski
**** Julian Alaphilippe, Elia Viviani
*** Arnaud Demare, Sonny Colbrelli, Greg van Avermaet
** Philippe Gilbert, Matteo Trentin
* Alexander Kristoff, Caleb Ewan, Edvald Boasson Hagen, Sacha Modolo, Magnus Cort

Die offizielle Startliste findest du hier

Start: 10:10 Uhr
Ziel: ~ 17:00 Uhr

Wetter: ~10 Grad, leichter Gegenwind

Deutsche Siege:
4x Zabel (1997-98-2000-01)
1x Altig (1968)
1x Ciolek (2013)
1x Degenkolb (2015)

1988

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Robert Millar, Sieger Adri Van der Poel am Cote La Redoute 1988