Yves Lampaert und Niki Terpstra

Kein Überflieger – Spannung garantiert

E3-Harelbeke und auch Gent-Wevelgem haben gezeigt, dass die Top-Klassikerfahrer etwa auf einem Niveau liegen. Es gibt keinen Fahrer, der klar überlegen ist. Ob Sep Vanmarcke, Greg van Avermaet oder auch Peter Sagan – sie sind alle in Form, aber nicht übermächtig. Dazu Oliver Naesen, Tiesj Benoot, Jasper Stuyven und dazu die Quick-Step-Jungs – für die Ronde van Vlaanderen scheint alles möglich, wird wohl die Tagesform entscheiden. Als Zuschauen hätte man es sich fast nicht besser wünschen können.

 

Quick-Step = Klassiker-Team

 Es ist immer wieder beeindruckend, mit welcher Dominanz das Quick-Step-Team bei den Frühjahrsklassikern auftritt. Klar, das sind ihre Rennen, es ist das, was bei Sponsoren und Fans zählt, aber dennoch: so dominant, Jahr für Jahr aufzutreten ist beeindruckend. Bei Gent-Wevelgem war die Favoritengruppe nur rund 20 Fahrer groß, gleich vier davon vom Quick-Step-Team. Bei E3-Harelbeke war die Leistung noch beeindruckender. Zunächst donnerte Tim Declerq bis zum Taaienberg, als wolle er alle Strava-KOMs in einem Schwung holen, dann zerstörten die Kollegen im Taaienberg das Feld und Yves Lampaert und Niki Tersptra fuhren weg. Philippe Gilbert ging dahinter alle Attacken mit und riegelte ab – so sieht Dominanz aus. Mit Siegen bei Le Samyn, Nokere-Koerse, Dwars door West-Vlaanderen, E3 und De Panne lief das Frühjahr bislang extrem gut. Doch die Ronde und Roubaix sind die Rennen, die viel mehr zählen, als alles andere. 

 

Bora-hansgrohe – der Druck ist weg

Man kann es sich nur immer wieder in Erinnerung rufen – noch vor 3-4 Jahren war die Rolle von Ralph Denks Team die der WildCard-Mannschaften – ab in die Ausreißergruppe, präsent sein, TV-Minuten machen. Nun ist es anders. Ganz anders. Rang 8 bei der Strade Bianche, Sechster in Sanremo, stark, aber irdisch bei E3-Harelbeke – für Peter Sagan sind das schlechte Ergebnisse. „Das ist völlig verrückt“, sagte Andreas Schillinger noch am Tag vor Gent-Wevelgem. „Wenn Peter zweiter wird bei solch einem Rennen, ist das für manche Leute eine Niederlage. Bei solch einem Rennen überhaupt dort hinzukommen, um das Podium mitzufahren ist schon Wahnsinn. Das können nur ganz wenige“,sagte Schillinger, der seit den Anfangstagen des Teams dazu gehört und Teil des steilen Aufstiegs ist. Man merkt Schillinger an, dass ihn Sagans Art, mit dem Druck umzugehen, sehr beeindruckt. 

Auch wenn Sagan abstreitet, besonderen Druck gespürt zu haben, so war es für das gesamte Team „ein ganz wichtiger Sieg“, brachte es Marcus Burghardt auf den Punkt. Das Frühjahr kann jetzt bereits kein Desaster mehr werden und die wichtigsten Rennen stehen noch an. Einen besseren Zeitpunkt für einen solchen Erfolg konnte es für Bora-hansgrohe nicht geben.

 

Pressekonferenzen mit Peter Sagan – was man nicht braucht

Er wirkt immer locker. Nimmt sich stets die Zeit, schreibt Autogramme, beantwortet Fragen und posiert für unzählige Selfies. Peter Sagan ist Superstar, aber einer zum anfassen. In welchen Sportarten gibt es soetwas noch? Eben. Doch bei den Pressekonferenzen und TV-Interviews stellt sich unterdessen die Frage, wer mehr gelangweilt ist – die Journalisten, oder Peter. Gut, meist wird den Reportern unterstellt, doofe Fragen zu stellen. Das kommt hin und wieder sicher auch vor, aber was Fans dabei meist vergessen: es zählen die Antworten, nicht die Fragen. Bleibt dem Sportler nur „Yo, stimmt“, als Antwortmöglichkeit, ist niemand zufrieden.

Nach Gent-Wevelgem bekam Sagan nicht nur doofe Fragen gestellt, aber mehr als „Bin ich gut, bin ich gut. Bin ich nicht gut, gibt es Kritik“, „Es ist mein Leben, nicht das der Journalisten“ und „Ich lese die Sachen nicht“, war nicht viel rauszuholen. Klar, Sagan gibt gefühlt pausenlos Interviews, wird oft das gleiche gefragt. Sagans coole Art war erfrischend, frech und anders. Es mag sich nicht abgenutzt haben, doch hin und wieder würde man sich etwas mehr Tiefe in den Antworten wünschen. Vielleicht reicht die Interview-Marathon-Pause bis zur Tour, für Journalisten und Peter.

 

 

Lange Rennen, großen Namen, wenig Überraschungen?

Es macht einen Unterscheid, ob das Rennen 200 km, oder 250 km lang ist – betonen die Profis immer wieder. Es wird um so härter, wird die Grenze von 200 km überschritten. Betrachtet man die Favoritengruppe bei Gent-Wevelgem, sind fast nur die großen Namen dabei. Da ist Jan-willem Van Schip als Zwölfter schon die große Überraschung. Überhaupt, gibt es in diesem Jahr noch nicht die ganz große Neuentdeckung. Eigentlich, so war es in den vergangenen Jahren meistens, taucht ein neues Gesicht in der Weltspitze auf. Im vergangenen Jahr war es Oliver Naesen, vor zwei Jahren schaffte Jasper Stuyven den Sprung in die Klassiker-Weltelite. Wer ist also die Neuentdeckung 2018? Hier spielen natürlich die taktischen Pläne der Teams eine Rolle. Fast jedes Team hat einen Kapitän für die Klassiker. So ist es für Fahrer aus der zweiten Reihe schwer, sich in Szene zu setzten. Stefan Küng beispielsweise, hat sicher das Potenzial selbst weit vorn zu landen. Doch mit Greg van Avermaet im Team, ist seine Rolle klar. Mit der Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix stehen in den nächsten zwei Wochen die wichtigsten Pflaster-Klassiker an, dann wissen wir, ob es nicht doch noch die Entdeckung 2018 gibt.