Enrico Poitschke

Das Team hat sich für die Klassiker mit Daniel Oss verstärkt und Peter Sagan gehört erneut zu den Top-Favoriten, lastet mehr Verantwortung auf Ihrem Team?

Da hat sich zum vergangenen Jahr nichts verändert. Auch im letzten Jahr haben wir direkt von Anfang an Verantwortung übernommen und haben gemeinsam mit BMC Tempo gemacht. Wir wissen, dass wir mit Peter die Chance haben, das Rennen zu gewinnen. Welche Rolle uns andere Mannschaften zuschieben, ist uns egal.

 

Das Quick-Step-Team hat mehrere potenzielle Siegfahrer und damit mehre Optionen. Sie haben „nur“ Peter Sagan, auf den aber alle im Feld genau schauen – könnte das zum Problem werden?

Es ist natürlich immer ein wenig das Problem von Peter und uns als Team, dass viele auf ihn schauen. Alle wissen, dass er einer der stärksten Fahrer ist. Wir konzentrieren uns darauf unseren Kapitän so lange wie möglich zu unterstützen und wenn er nicht ähnliches Pech hat, wie im vergangenen Jahr (Anmerk. Redaktion: Sagan kam durch eine Jacke am Kwaemont zu Fall), ist sehr viel möglich. Natürlich sind Teams im Vorteil, die bei einem Rennen wie der Ronde, wo so viel passieren kann, mehrere Kapitäne haben. Aber wir haben einen, der ist sehr gut und hat die Chance zu gewinnen.

 

Taktisch könnte das schwierig werden, denn wenn Stybar, Terpstra, Lampaert oder andere Fahrer angreifen, muss man mitgehen oder viel Kraft in die Verfolgung investieren – Peter kann auf den letzten 100 km nicht alle Attacken mitgehen?

Klar ist es so, dass Peter nur begrenzt Attacken mitgehen kann. Umso wichtiger ist es, dass wir als Mannschaft stark fahren und auch mal solche Angriffe neutralisieren, die Gruppen zurückholen, oder mal einen anderen Fahrer mitschicken. Es ist schon unser Ziel, dass Peter nicht immer selbst mitgehen muss – wie das bei diesem Rennen gelingt, hängt von sehr vielen Faktoren ab.

 

Marcus Burghardt ist sehr gut in Form, könnte er Attacken mitgehen und eine wichtige Rolle spielen, um nicht in die Drucksituation zu geraten, hinterherfahren zu müssen?

Es ist immer situationsabhängig, wer welche Attacke mitgeht. Da kann man auch aus dem Auto wenig machen, das müssen die Fahrer in der Situation selbst entscheiden. Aus dem Auto sieht man es sehr schwer, oder zu spät, denn unser TV-Bild dort ist 30 Sekunden hinterher – da kann es schon zu spät sein. Natürlich besprechen wir das Rennen vorher, aber es gibt so viele Umstände, die das Rennen beeinflussen, die kann man im Vorfeld nicht alle berücksichtigen. Da ist vor allem Erfahrung und Leistungsvermögen der Rennfahrer gefragt.

 

Umso wichtiger könnte Marcus Burghardt mit seiner großen Erfahrung sein?

Absolut. Ein Fahrer mit so viel Erfahrung und mit seinem aktuellem Leistungsvermögen ist enorm wertvoll. Er kann Rennen entscheiden. Wäre Peter bei Gent-Wevelgem allein vorn gewesen, wäre es vielleicht anders gelaufen.

 

Alle wissen, dass Quick-Step wohl erneut versuchen wird früh eine Vorentscheidung herbeizuführen – macht es das berechenbarer?

Bei diesen Rennen ist das mit „berechenbar“ so eine Sache. Was kann man da schon berechnen? Klar, bestimmte Abschnitte sind besonders wichtig, bieten sich zur Attacke an, …

 

Beispielsweise die Muur, der Koppenberg, der Taaienberg ,…

Genau. Aber wie das Rennen läuft ist von so vielen Dingen abhängig. Vom Wind, oder der Rennsituation – dann passiert ein Sturz und darauf wird reagiert – all das macht eine Berechnung eben sehr schwierig. Aber wir kennen die Schlüsselstellen und werden die Fahrer darauf einstellen. Im vergangenen Jahr wurde früh angegriffen, vielleicht passiert das in diesem Jahr noch eher. 

 

Wie ist das für Sie als Sportlicher Leiter – machen diese Rennen deshalb mehr Spaß, die deutlich schwerer zu berechnen sind, als etwa einen Tour-de-France-Etappe?

Ich finde solche Rennen, gerade die Flandern-Rundfahrt, viel interessanter. Klar, auch im Auto ist das viel spannender, als eine Touretappe, die man voraussehen kann.

 

Wir haben bereits darüber gesprochen, dass viele auf Peter Sagan schauen – haben Sie als Sportlicher Leiter vor dem Rennen schon mögliche Bündnispartner fürs Rennen im Auge, falls Quick-Step und andere Fahrer früh angreifen?

Natürlich bedenkt man, wer möglicherweise die gleichen Interessen hat. Aber in der Vergangenheit war es oft so, dass nur wenige bereit waren mit Peter zusammen zu arbeiten. Vielleicht sieht das am Sonntag anders aus.

 

Man kann es aber verstehen, wer will schon mit Peter Sagan gemeinsam auf den letzten Meter gehen? Was können Sie als Team machen, um die anderen zu motivieren?

Ich denke, da müssen wir gar nicht viel machen. Ob Tiesj Benoot, Oliver Naesen oder Greg van Avermaet – bei diesem Rennen wollen sie alle zeigen, was sie drauf haben. 

 

Könnte es eine Rolle spielen, dass es ein Fahrer weniger je Team ist?

Schon, ja. Taktisch nicht grundlegend, aber wenn man eine Mannschaft ist, die das Rennen gestalten will, oder muss, dann ist es ein Nachteil.