Heinrich Haussler

Hinter Heinrich Haussler liegt eine harte Zeit. Knieprobleme, Formaufbau, Rückschläge, Operation. Monatelang ohne richtiges Training, lange außer Gefecht. Die Klassikersaison 2017 verpasste Haussler komplett, hatte im gesamten Jahr nur 12 Renntage. Doch nun ist der Australier zurück. „Das ist wie eine zweite Chance“, sagt Haussler ruhig. „So etwas will ich nie wieder mitmachen“, schiebt er nach. Es war keine leichte Zeit, die ihm auch mental mächtig zusetzte. „Das ist für Außenstehende kaum nachvollziehbar, dass der Sport so viel bedeuten kann. Es hört sich vielleicht komisch an, aber erst kommt die Familie, aber ganz, ganz kurz danach kommt der Sport.“ Jetzt ist Haussler zurück, bei den Rennen, die ihm so viel bedeuten – die Pflaster-Klassiker.

Durch die Erfahrung aus dem vergangenen Jahr hat sich einiges geändert, auch sein Blick auf den Radsport. „Man überlegt alles. Ob man am Abend irgendwas bei Instagram liest, oder ob man schläft. Oder sich ein Nachtisch holt, oder eben nicht“, sagt Haussler. „In ein paar Jahren ist es schon vorbei, und wenn ich aufhöre will ich sagen können: Ich habe alles gegeben.“

 

Roubaix-Liebe auf den ersten Blick

Sein erster Roubaix-Start 2005 war Zufall. „Ich bin da reingerutscht, weil jemand krank geworden ist“, erinnert sich Haussler. Zunächst fuhr er die Flandern-Rundfahrt und schlug sich gut. Dann nominierte ihn Hans Holczer für Paris-Roubaix. „Ich hatte ja keine Ahnung, damals. Wir sind für Frank Hoj gefahren und rund 60 Kilometer vor dem Ziel habe ich Frank gefragt, wie er sich fühlt. Nicht so gut, war die Antwort“. Haussler bekam freie Hand, und ging den Angriff von Thor Hushovd mit. Sie fuhren vor zur Spitze, doch an der Einfahrt zum Carrefour de l’Arbre fehlten Streckenkenntnis und die Erfahrung. Er stürzte, fiel zurück, wurde dennoch 25. Der Funke war übergesprungen. „Da war klar, Kopfsteinpflaster, das macht mir Spaß.“

An der Seite von Andreas Klier hat der inzwischen 34-Jährige vor gut 10 Jahren gelernt, was es für einen Klassiker-Spezialisten braucht. Im Winter ist er immer wieder nach Belgien gefahren, hat trainiert und sich die Strecken genau angeschaut. Nun ist er bei Bahrain-Merida in der Rolle, den Jüngeren die Erfahrungen weiterzugeben.

Heinrich Haussler mit Vincenzo Nibali im Schlepptau beim Ronde-Recon (Foto: Roth&Roth)

 

„Einfach immer weiterfahren“

Sein Lieblingsrennen ist weiter Paris-Roubaix. „Es ist das schwerste Rennen im ganzen Jahr. Wenn du das in den Top10 beenden kannst, dann kannst du echt Radfahren. Aber es kann alles passieren“. Zum zwölften Mal startet Haussler am Sonntag bei Paris-Roubaix. Was er in all den Jahren gelernt hat, bringt er trocken auf den Punkt: „Man muss einfach immer weiterfahren“. Es sei ein Rennen, in dem einfach alles passieren kann. „Wenn man an das letzte Jahr denkt, da hatte Greg van Avermaet vor dem Wald von Arenberg Defekt und alle haben gedacht, der ist weg. Aber am Ende hat er gewonnen“.

Kein Paris-Roubaix ist wie das andere. Die Rennen laufen anders, manchmal kurios. Haussler kann sich an alle elf Rennen genau erinnern. Wenn er ohne Sturz und Defektpech durchgekommen ist, war er vorn dabei. Zwei Mal war er Sechster, er hat gezeigt, dass Roubaix ein Rennen für ihn ist. „Da ist alles drin und ich glaub noch dran„, sagt Haussler. „Wenn es nicht klappt, ist auch nicht schlimm“, schiebt er nach. „Das Ziel muss schon sein, zu gewinnen. Klar ist das schwer, aber die Möglichkeit besteht.“

Haussler ist Australier, auch wenn er schon sehr lange Zeit in Deutschland lebt. „Tief im Herz bin ich immer noch Australier“, sagt er. „Ich merke das einfach, wenn ich mit anderen Australiern spreche. Auch wenn ich die WM fahre, es fühlt sich ehrlicher an, wenn ich für Australien fahre“, so Haussler. Dennoch ist er dankbar für die Unterstützung, vor allem in der Jugend in Cottbus. „Wenn ich diese Unterstützung hier in Deutschland nicht gehabt hätte, wäre ich jetzt nicht hier. Dafür bin ich wahnsinnig dankbar.“ Auch nach der Karriere will Haussler mit seiner Familie in Deutschland bleiben. „Mein Leben ist jetzt hier, meine Freunde und meine Familie. Wir werden auf jeden Fall in Freiburg bleiben“, so Haussler.