Herr Poitschke, die Ziele beim Team Bora-hansgrohe sind immer hoch gesteckt. Etappensiege, das Grüne Trikot & einen Platz weit vorn im Gesamtklassement mit Rafal Majka – sind das die Ambitionen des Teams bei der Tour 2018?

Unsere Ziele haben wir früh im Jahr definiert und die haben sich auch nicht geändert. Wir haben gezeigt, dass wir als Mannschaft stark sind und vor allem auch große Rennen können. Das wollen wir natürlich auch bei der Tour de France beweisen.

 

Im vergangenen Jahr lief es nicht so gut für Ihr Team, wir alle können uns noch an den unberechtigten Ausschluss von Peter Sagan erinnern – gehen Sie nun besonders motiviert in die Tour, oder ist das Thema längst vergessen?  

Das ist abgehakt. Man geht in jede Tour de France extrem motiviert und da spielt das keine Rolle, was im vergangenen Jahr war. Man muss versuchen, seine beste Leistung abzurufen und keine Fehler zu machen. Ich denke, wenn uns das gelingt, haben wir die Fahrer und das Potenzial, unsere Ziel zu erreichen.

 

In diesem Jahr ist ein Fahrer je Team weniger zugelassen – vor allem Mannschaften, die mehrere Leader haben und mehrere Ziele verfolgen, haben einen Helfer weniger. Was bedeutet das speziell für Ihr Team, auch taktisch?

Natürlich ist ein kleines Team ein Nachteil, wenn man breiter aufgestellt ist und mehrere Kapitäne hat. Aber ich denke, da gibt es in der taktischen Herangehensweise keine Unterschiede. Man muss einfach versuchen, die Ressourcen optimal zu nutzen und sinnvoll einzusetzen. Natürlich muss man versuchen, keinen Fahrer zu verlieren und alles daran setzen, dass die Fahrer gesund bleiben und sich aus Stürzen herauszuhalten, was natürlich immer schwer ist. Aber grundlegend verändert es taktisch nicht die Herangehensweise.

 

Vor allem die erste Woche könnte sehr schwer werden, auch metal für die Klassementfahrer sehr herausfordernd. Welche Rolle spielt es da, dass man mit Peter Sagan einen Fahrer hat, der vielleicht früh erfolgreich sein kann und so den Druck nimmt, aber auch für Majka wertvoller Helfer sein kann?

Einen Fahrer wie Peter zu haben, ist immer ein großer Vorteil. Er ist in fast allen Etappen einsetzbar, entweder als Kapitän, der um Etappensiege kämpfen kann, oder auch als Helfer für andere Fahrer.  Für uns ist es ein Glücksfall, einen Fahrer, der auf fast jedem Terrain Weltspitze ist, im Team zu haben. Und wir haben es in den vergangenen Jahren gesehen, dass Peter auch in der zweiten und dritte Woche sogar bei den langen Bergen eine große Hilfe sein kann. 
Was speziell die erste Woche betrifft, denke ich, dass wir als Team sehr gut aufgestellt sind und dort die Möglichkeit haben, erfolgreich zu sein. Sowohl im Kampf um Etappensiege, aber wir haben vielleicht auch die Chance, den einen oder anderen im Kampf ums Gesamtklassement in Verlegenheit zu bringen.

 

Wenn wir speziell auf die Pflasteretappe nach Roubaix schauen – dort könnten sich die Interessen des Teams selbst im Weg stehen. Peter Sagan hat sicher die Möglichkeit, diese Etappe zu gewinnen, aber auch im Kampf um das Gesamtklassement ist dieses Teilstück sehr wichtig. Was passiert, wenn etwa Peter angreift und Vincenzo Nibali mitgeht, während Rafal Maijka nicht folgen kann?

Natürlich ist es so, dass unterschiedliche Ziele entgegen stehen können. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir als Team stark genug aufgestellt sind, sowohl Peter, als auch Rafal extrem starke Helfer an die Seite stellen zu können. Hat man die Chance, eine Etappe zu gewinnen, wird man das nicht einfach ausschließen, aber man muss die jeweilige Rennsituation sehen und dann entscheiden, was die richtige Strategie ist. Sollte es dazu kommen, dass ein Fahrer bei Peter dabei ist, den wir als gefährlich einschätzen und dem wir nicht helfen wollen, kann es auch dazu kommen, dass Peter dann nicht weiterfährt. Diese Gedanken machen wir uns natürlich im Vorfeld, aber entschieden wird dann live im Rennen, abhängig von der Situation, den Abständen, wie sich die Fahrer fühlen – da gibt es so viele Faktoren, die eine Rolle spielen.

 

Viele schätzen das Mannschaftszeitfahren als eine sehr wichtige Etappe ein – sehen Sie es auch so, dass dieser Tag besonders wichtig ist?

Auf jeden Fall. Es ist ein recht langes und sehr anspruchsvolles Zeitfahren, dort wird es sicherlich schon größere Abstände geben. Wir haben uns bereits seit Winter sehr drauf konzentriert und uns gut vorbereitet. Bei der Tour de Suisse haben wir gezeigt, dass wir nah an den besten Teams dran sind und das wird hoffentlich bei der Tour auch so sein.

 

Nun sprechen alle von der kurzen Bergetappe, dem Mannschaftszeitfahren und der Roubaix-Etappe – was ist aus Ihrer Sicht eine Etappe, oder eine Komponente, die bislang etwas außer Acht gelassen wurde, aber dennoch sehr bedeutsam sein kann? 

Natürlich ist es so, dass der Verlauf immer auch vom Wetter abhängig ist. Wenn ich sehe, dass wir in diesem Jahr recht viele flache Etappen haben, wo der Wind eine große Rolle spielen könnte, dann halte ich es durchaus für möglich, dass es auf einer dieser Flachetappen eine Vorentscheidung im Kampf um Gelb geben könnte, wo jetzt noch nicht so viele dran denken.