Profil der 12. Etappe der Tour de France 2018

Nach zwei schweren Tagen in den Alpen steht nun diese Monsteretappe an. Die vergangenen Tage werden ihre Spuren hinterlassen haben und das Finale auf dem Weg nach L’Alpe d’Huez wird zum Großkampf der Tour-Favoriten. Es ist eine typische Alpen-Etappe mit sehr langen Anstiegen. Es wird ein anderes Rennen, als am Mittwoch. Gut möglich, dass ein Ausreißer sich den Etappensieg holt, doch es könnte auch sein, dass eine Mannschaft das Rennen kontrolliert und der spätere Toursieger auf der Alpe die Arme in die Luft reckt. 

Sorgt eines der Favoriten-Teams früh für ein hohes Tempo, um die Konkurrenz ans Limit zu führen, dürften es die Ausreißer schwer haben. Movistar könnte diese Taktik anwenden um am Ende mit Leichtgewicht Nairo Quintana die Sky-Kapitäne anzugreifen. 

Dieser Tag wird weltweit für Mega-Einschaltquoten sorgen. Nicht nur wegen der unfassbaren Bilder vom Schlussanstieg, wo sich die Fahrer durch ein schmales Spalier der rund 500.000 Zuschauer bahnen. Sondern auch wegen der tollen Bilder an den Lacets de Montvernier – den „Schnürsenkeln von Montvernier“. Dazu die letzten Kehren zum Gipfel des Croix de Fer – ein herrliches Bild in den wunderschönen Alpen. Diese Etappe verkörpert die Tour de France und ist auch sportlich sehr interessant. Denn nach den harten Tagen zuvor werden die Abstände am Schlussanstieg wohl sehr groß sein. Drama, Leiden Spektakel – mit dem Höhepunkt am berühmtesten Anstieg der Welt. 

 

Die Strecke

Karte der 12. Etappe der Tour de France 2018

Die ersten 27, der insgesamt 175,5 km sind flach und führen sogar leicht bergab. Hier wird es wohl einen harten Kampf um die Ausreißergruppe geben. Diese Etappe ist im Kampf um das Bergtrikot enorm wichtig und so werden wir einige sehr starke Kletterer in der Ausreißergruppe sehen. Bei Rennkilometer 28 beginnt der erste lange Anstieg des Tages. Es geht hinauf zum  Col de la Madeleine. Für 25,3 km geht es mit 6,2% im Schnitt bergan. Der Madeleine ist ein echter Tour-Klassiker. Lang, hart und zurecht HC-Kategorie. 

Col de la Madeleine

Nachdem der Gipfel des Madeleine erreicht ist, folgt eine sehr lange Abfahrt ins Tal der Arc. Anschließend macht die Strecke einen kleinen Schlenker, um die „Schnürsenkel“ von Montvernier mitzunehmen. Ein 3,4 km langer Anstieg mit 8,2%. Sportlich wird dieser Anstieg keine große Bedeutung haben, aber die TV-Bilder sind sicher großartig. 

Lacets de Montvernier

Nach der kurzen Abfahrt steht der Sprint in Saint Jean de Maurienne an. Anschließend geht es zum Gipfel des Col de la Croix de Fer. Doch es geht nicht über den Glandon, sondern von Osten hinauf. Ein etwas leichterer Aufstieg, aber extrem lang. Bis zum Gipfel des Col de la Croix de Fer geht es 29 Kilometer mit durchschnittlich 5,2% bergauf.

Col de la Croix de Fer

Für eine Attacke der Favoriten ist es hier zu früh. Denn nach dem Gipfel geht es an der Talsperre  Lac de Grand Maison vorbei ins Tal. Die Abfahrt ist sehr lang, aber nicht immer steil. Hier hat ein Fahrer allein kaum eine Chance, gegen eine größere Gruppe. So werden die Favoriten wohl bis zum Fuße des letzten Anstiegs warten, ehe sie angreifen.

 

Das große Finale

Was zum Abschluss folgt ist ein 13,8 Kilometer langes Finale in den 21 berühmtesten Kehren der Welt. Mythos, Klassiker, Lebensziel jedes Hobbyfahrers. Dieser Berg ist längst eine Legende. Es ist nicht der schwerste Anstieg der Welt, bei weitem nicht, aber hat Tradition und Geschichte. Erneut wird es hier große Abstände geben und vielleicht erlebt einer der Kapitäne ein Drama. Das liegt weniger an diesem Anstieg, als vielmehr an dem, was es an diesem Tag bereits zuvor zu bewältigen galt, nach zwei schweren Bergetappen.  Die Tour pflegt ihr Heiligtum und ganz sicher wird es wieder ein Mega-Volksfest. Die Bilder, der Geruch aus Bratwurst, Bier und Schweiß, die Fans, die den abgehängten Fahrer ein Bier in die Hand drücken oder ihnen leichte Unterstützung auf dem Weg zum Gipfel geben – das alles ist  Alpe d’Huez. Der Autor dieser Zeilen ist vor mehr als 10 Jahren im Besenwagen hinauf zur Alpe gefahren – auch wenn das nur ein klein wenig des Gefühls vermittelt, was die Fahrer haben dürften – es war sehr beeindruckend. 

Alpe d’Huez

Die Favoriten

Nach zwei schweren Bergetappen und diesem harten Tag haben nur die allerbesten Kletterer eine Chance auf den Etappensieg. Für jeden Fahrer wäre ein Sieg an diesem Ort etwas ganz besonderes. Mit der langen Anfahrt ist es für einen starken Kletterer in einer Ausreißergruppe gut möglich, vor den großen Favoriten auf den Gesamtsieg am Gipfel anzukommen. Warren Barguil, Guillaume Martin, Pierre Rolland – das wären heiße Kandidaten für einen Erfolg aus einer Fluchtgruppe. Aber auch Thomas de Gendt könnte einen frühen Angriff wagen, denn es gibt auch reichlich Bergpunkte. Nicolas Edet und Robert Gesink sollte man ebenfalls auf dem Zettel haben.

Doch schlägt eines der Favoriten-Teams früh ein hohes Tempo an und lässt die Gruppe nicht weit weg, werden die Favoriten auf Gelb auch den Tagessieg holen. Nairo Quintana ist ein echtes Leichtgewicht und wie gemacht für diesen Anstieg. Aber auch Chris Froome macht einen enorm starken Eindruck und würde gern das Gelbe Trikot übernehmen, um die Hierarchie im Team klar zu machen. Daniel Martin scheint ebenfalls in einer herausragenden Verfassung. 

Für den Rest dürfte es nur darum gehen, keine Zeit zu verlieren. Doch wer weiß, vielleicht gibt es eine große Überraschung. Eine frühe Attacke eines Favoriten ist nicht ausgeschlossen, aber sehr unwahrscheinlich.  Denn vor allem die lange Abfahrt zum Schlussanstieg kostet viel Kraft, wenn man keine Helfer hat.

 

***** Nairo Quintana
**** Chris Froome, Dan Martin
*** Warren Barguil, Mikel Landa, Romain Bardet, 
**  Geraint Thomas, Daniel Navarro, Primoz Roglic, Tom Dumoulin
* Guillaume Martin,  Adam Yates, Pierre Rolland

 
Start: 12:10 Uhr
Ziel: ~17:45 Uhr

Weitere Artikel zur Tour de France:
Erkenntnis nach Etappe 11: Übermacht und Cleverness
Erkenntnis nach Etappe 10: Es bleiben wohl nur 3 Chancen um Sky anzugreifen
Marco Hallers Sprintanalysen
Das Problem von Katusha ist nicht Kittel
Tour de France: 5 Erkenntnisse nach der ersten Woche
Die Favoriten der Tour de France 2018 mit ihren Stärken & Schwächen

 


Die weiteren Etappen der Tour de France 2018 mit Profil zum Durchklicken
13. Etappe | Freitag, 20. Juli | Bourg d’Oisans – Valence | 169 km
14. Etappe | Samstag, 21. Juli | Saint-Paul-Trois-Châteaux – Mende | 187 km
15. Etappe | Sonntag, 22. Juli | Millau – Carcassonne | 181 km
16. Etappe | Dienstag, 24. Juli | Carcassonne – Bagnères-de-Luchon | 218 km 
17. Etappe | Mittwoch, 25. Juli | Bagnères-de-Luchon – Saint-Lary-Soulan Col de Portet | 65 km
18. Etappe | Donnerstag, 26. Juli Trie-sur-Baïse – Pau | 172 km 
19. Etappe | Freitag, 27. Juli | Lourdes – Laruns | 200 km 
20. Etappe | Samstag, 28. Juli | Saint-Pée-sur-Nivelle – Espelette | 31 km Einzelzeitfahren
21. Etappe | Sonntag, 29. Juli | Houilles – Paris | 115 km

Die Etappen zum Durchklicken/wischen: „Pfeiltaste rechts“ = zur nächsten Etappe