Tom Dumoulin und Geraint Thomas

Was, wäre, wenn, hätte – ist auch im Radsport ein trügerisches Spiel. Natürlich ist die Teamtaktik eine andere, wenn der Leader eine Minute vor der Konkurrenz liegt, oder nur eine Sekunde. Es wird täglich anhand der Ziele und Gesamtklassements die Taktik bestimmt. Das Rennen läuft anders, wenn sich die Situation im Gesamtklassement ändert. Dennoch ist es interessant zu analysieren, wo welcher Fahrer Zeit verloren hat, um beurteilen zu können, was dies für die Zukunft bedeutet.

Tom Dumoulin steigt nach Rang zwei beim Giro nun in Paris das zweite Mal in diesem Jahr aufs Podium einer Grand Tour –eine herausragende Leistung, mit der das Team und Dumoulin selbst zufrieden sind. Doch für Dumoulin lief es nicht perfekt bei der Tour. Nach einem Vorderraddefekt in einer ungünstigen Rennsituation büßte Dumoulin 50 Sekunden auf Geraint Thomas ein, obwohl er den Schlussanstieg zur Mur de Bretagne ähnlich schnell hinaufgefahren ist.

Zudem kassierte er 20 Sekunden Zeitstrafe, weil er hinter dem Teamfahrzeug gefahren ist. Satte 70 Sekunden kassierte Dumoulin allein auf dieser 6. Etappe! Zieht man diese 70 Sekunden ab und berücksichtigt man, dass Geraint Thomas durch die Bonifikationen bei seinen Etappensiegen (inklusive 3 bei Bonussprints) 33 Sekunden gutmachte – bleibt ein Rückstand von 8 mageren Sekunden, nach mehr als 3300 Kilometern.

Rufen wir uns nun ins Gedächtnis, dass Dumoulin in Alpe d’Huez nach der Etappe mit seinem Sprint haderte, wo er durchaus Thomas den Etappensieg hätte wegschnappen können… hätte, hätte, Fahrradkette. Dumoulin hatte ohne Frage das Zeug dazu, die Tour zu gewinnen. 

 

In den Bergen nahezu gleichstark

Natürlich muss man berücksichtigen, dass auch Dumoulin während der Tour 12 Bonussekunden sammelte. Doch schaut man sich an, wo Dumoulin abgesehen vom Defektpech am sechsten Renntag Zeit verloren hat, sind es jeweils nur wenige Sekunden. In La Rosière machte Thomas mit seiner Attacke kurz vor dem Ziel den dicksten Batzen gut – gerade einmal 20 Sekunden. Mit seiner Explosivität holte Thomas dann auch in Alpe d’Huez und Col de Portet noch zwei, bzw. fünf Sekunden. Gut, wäre sein Vorsprung in der Gesamtwertung vor der Etappe zum Portet kleiner gewesen, hätte er vielleicht eher angegriffen, denn er musste aufgrund seines Vorsprungs in der Gesamtwertung ja nur den direkten Konkurrenten folgen.

 

EtappeThomasDumoulin
1  
2  
3 + 0:07
4  
5  
6 + 0:50
7  
8  
9  
10  
11 + 0:20
12 + 0:02
13  
14  
15  
16  
17 + 0:05
18  
19  
20+ 0:14 
21  
Bonus– 0:33 – 0:12
Penalty  + 0:20

 

Thomas der verdiente Sieger

Wie auch immer man es rechnet, Geraint Thomas bleibt zurecht in Gelb. Er hat während der drei Wochen keinen Fehler gemacht und sich neben den Etappensiegen auch wertvolle Bonifikationen gesichert. Er schien zu keinem Zeitpunkt angeschlagen und auch sein Zeitverlust gegenüber Dumoulin im abschließenden Zeitfahren ist sicher zu einem gewissen Teil auf die vorsichtige Fahrweise auf den letzten Kilometern zurückzuführen, als er nur noch sicher ins Ziel rollte.

Dennoch – Tom Dumoulin hat bewiesen, dass er auch bei der Tour de France Siegchancen hat. Vielleicht konzentriert sich der Niederländer 2019 ganz auf die Tour, dann ist er einer der Top-Favoriten auf den Gesamtsieg.