Home Nachrichten Höchstens eine faule Woche – so trainieren Profis in der Offseason

Höchstens eine faule Woche – so trainieren Profis in der Offseason

Jasper Stuyven beim Training

Der Herbst ist für die Radprofis die Haupt-Urlaubszeit. Sie posten Fotos vom Familienausflug oder vom Strand. Einige Profis sind bereits Anfang Oktober in den Urlaub gestartet, andere erst Ende Oktober.

Wann die Fahrer Urlaub machen, und wann sie wieder ins Training einsteigen, gibt der Rennplan vor. „Wenn jemand Mitte Januar in Australien starten will und dort auch bereits ein wenig Form haben soll, dann wäre es natürlich gut, etwas eher in die Pause zu gehen“, erklärt Bora-hansgrohe-Trainer Dan Lorang. So bleibe mehr Zeit für den Aufbau. „Grundsätzlich ist es gut, wenn man vor dem ersten Rennen 2–3 Monate Zeit hat, etwas aufzubauen. Das ist aus Trainer-Sicht optimal“, so Lorang.

 

Maximal eine faule Woche

Im Urlaub kann dann auch der Profi mal faul sein und eine Woche am Strand rumliegen. Aber „in der zweiten Woche kommt ohnehin der Bewegungsdrang“, erklärt Lorang. Der Körper ist es gewohnt, sich 20-30 Stunden in der Woche zu bewegen und dann fühlt es sich für einen Profi auch nicht mehr gut an, bewegungslos zu sein. „Der Kreislauf sackt in den Keller, der Blutdruck geht nicht mehr hoch, und da ist für viele einfach der Drang nach Bewegung da“, so der Bora-Coach weiter. 

Nach spätestens einer Woche sollten die Sportler diesem Bewegungsdrang auch folgen, aber ein Training streng nach Plan ist nicht nötig. „In der zweiten oder dritten Woche geht es einfach um Bewegung, ganz locker ohne Trainingsplan“, so Lorang. Denn es geht vor allem darum, dass der Sportler sich mental erholt und der Kopf wieder frisch ist. Der Körper braucht keine große Pause, ist eigentlich im Normalzustand. Denn auch während der Saison ist der Sportler bei normalem Training nicht ständig am Limit. 

 

Leistungsfähigkeit lässt sehr schnell nach

„Wenn man nichts macht, fängt der Körper langsam an zu degenerieren“, sagt Lorang trocken. „Denn alles was der Körper nicht braucht, baut er wieder ab –  Muskelzellen, Mitochondrien usw.“  Das geschieht auch bei den Profis sehr schnell. „Nach einer Woche noch nicht, aber so nach 14 Tagen geht es richtig los. Wenn man da eine (Verfalls-)Kurve zeichnen würde, dann könnte man sehen, dass der große Abfall so nach zwei Wochen beginnt“, erklärt der Trainer. „Wenn man in Richtung maximale Anstrengung geht, sieht man gut, dass vor allem die Kraft relativ schnell nachlässt“, so Lorang.

 

Der optimale Neustart

In den vergangenen 10-15 Jahren ist der Rennkalender nicht nur gewachsen, das Leistungsniveau ist bereits zum Auftakt im Januar enorm hoch. Ein lockeres Einrollen bei den ersten Rennen, wie früher, gibt es nicht mehr. So muss auch das Training angepasst werden. Wenn der Athlet bereits im Januar wieder Rennen fahren muss, heißt es auch im Training früh: ab aufs Rad.

Steigt der Sportler etwas später ins Renngeschehen ein, „ist es immer eine Überlegung wert, alternativ zu arbeiten“, erklärt Lorang. Vor allem Sportarten, die nicht linear sind, seien geeignet, eigentlich alles, was aus der Bewegungsachse mal rausgeht: wie Skilanglauf, Schwimmen, oder Mannschaftssportarten.

„Aus Trainingssicht wäre das durchaus sinnvoll, aber wenn der Profi schnell wieder Rennen fahren muss, ist das eher nicht möglich. Dann steigt er schnell wieder aufs Rad, aber baut in Sachen Ausdauertraining auch etwas anderes ein“, zum Beispiel Langlauf. Als die Radsaison nicht bereits im Januar voll loslegte, konnten die Profis auch mal längere Zeit alternativ trainieren. „Da konnte man zum Wintersport nach Livigno gehen und was anderes machen, das tut dem Körper gut“, sagt Lorang.

Pause und Neueinstieg individuell

Zeitpunkt und Länge der Pause sind von Sportler zu Sportler verschieden. Aber im November kommen die Teams beim ersten Lehrgang zusammen und der Trainer sieht, wie erholt seine Sportler sind. In Einzelgesprächen „merkt man sofort, ob jemand noch etwas braucht, oder ob er schon wieder Gas geben will“, so Lorang, der versucht auf die Fahrer individuell einzugehen. „Man darf dann beim Einstieg auch nicht zu arg drauf pochen, dass der Trainingsplan hundertprozentig richtig umgesetzt wird, sollte es noch locker halten“, sagt Lorang und fügt an, „der Stress kommt schließlich früh genug“.


Info: Der Artikel erschien zuvor bereits in ähnlicher Form. 

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