Peter Sagan

Keine 10 Jahre ist es her, da hat Ralph Denk mit einem kleinen Team und viel Engagement eine Continental-Lizenz gelöst. Von ersten Achtungserfolgen über den raschen Aufstieg in den ProConti-Bereich ging es schnell zum Giro d’Italia, später zur Tour und mit Peter Sagan 2017 in die World Tour.

Bora-hansgrohe hat sich in der Spitze etabliert und neben Etappensiegen bei der Tour in diesem Jahr auch den ersten Sieg bei einem Monument gefeiert. Klar, die Situation nach dem Ausstieg von Tinkoff war perfekt für Ralph Denk um mit Peter Sagan durchzustarten.

Doch der Aufstieg dieser Mannschaft ist nicht ohne Fleiß und harte Arbeit passiert. Denk hat Klinken geputzt, nachdem Netapp als Sponsor ausgestiegen war. Die Budget-Struktur war auf Kante genäht und es ist auch der Beharrlichkeit der Verantwortlichen zu verdanken, dass diese Mannschaft nun zu den Top-3 der Welt zählt.

 

Team Sagan

Am 8. April war es soweit: Peter Sagan holte den ersten Erfolg bei einem Radsport-Monument für das Team. Mit einem Leffe in der Hand und Tränen in den Augen stand Ralph Denk am Bus, zwischen hunderten Sagan-Fans. Geschafft. Der nächste Meilenstein.

Sagan ist der Kapitän des Teams und ein Erfolgsgarant. Auch wenn der Slowake 2018 „nur“ acht Siege geholt hat, es waren große Erfolge. Neben Paris-Roubaix hat er auch Gent-Wevelgem gewonnen, dazu drei Etappen bei der Tour de France und das Grüne Trikot. 

Doch Bora-hansgrohe ist mehr als nur Peter Sagan. Beim Giro d’Italia hatte man mit Patrick Konrad (7.) und Davide Formolo (10.) zwei Mann in den Top-10. Emanuel Buchmann blieb bei der Vuelta mit Rang 12 zwar etwas hinter den Erwartungen zurück, aber auch er sorgte für ordentliche Ergebnisse: Vierter bei der Baskenland-Rundfahrt im April, Neunter bei der Tour de Romandie und Platz sechs beim Criterium du Dauphine. 

 


 

Starke Sprinter

Und auch die Sprinter-Fraktion sorgte für Furore. Sam Bennett steuerte satte drei Etappensiege beim Giro zur Teambilanz bei und dem neuen Deutschen Meister Pascal Ackermann gelang in diesem Jahr endgültig der Durchbruch. Siege in der Romandie & der Dauphine, der Meistertitel, der Erfolg beim Prudential RideLondon-Surrey Classic, der Sieg bei den Cyclassics und Etappensiege bei der Polen-Rundfahrt und der Tour of Guangxi – Ackermann kommt auf sechs Erfolge in der World Tour. Nur Julian Alaphilippe und Elia Viviani haben in der höchsten Rennklasse 2018 mehr Siege geholt!

Zwar verlässt Matteo Pelucchi das Team, aber es bleiben Sagan, Bennett und Ackermann als endschnelle Männer – man darf gespannt sein, wen die Teamleitung für welches Rennen plant. Ist Sagan für die Tour gesetzt, bleibt für Bennett nur der Giro und die Vuelta. Drängt Ackermann auch auf den Start und die Sprintkapitänsrolle bei einer Grand Tour? Dann bliebe „nur“ die wohl sehr bergige Vuelta. Doch es ist dem Team durchaus zuzutrauen, erneut eine Lösung zu finden, mit der alle Sprinter leben können. 

 

Kontinuität

Als das Team 2010 mit einer Continental-Lizenz startete, waren Andreas Schillinger, Cesare Benedetti und Michael Schwarzmann schon in der Mannschaft. Auch 2019 wird das Trio dazu gehören. Trotz Sagan und den großen Siegen in der WorldTour ist es über die Jahre doch ein wenig das „alte“ Netapp-Team geblieben. Mit einer familiären Atmosphäre, sofern das im Profiradsport auf Top-Niveau möglich ist.

Fahrer wie Schillinger, Schwarzmann und Benedetti sind den nicht immer leichten Weg des Teams mitgegangen, haben stets Leistung gebracht und sich ihren Platz in der Equipe erarbeitet. „Es ist toll für einen Fahrer wie Peter zu fahren“, sagte Schillinger in unserem Podcast im April und erinnert sich an die Zeiten, als man nicht mit der Chance auf Siege bei den Monumenten startete.

Teammanager Ralph Denk weiß, was er an solchen Fahrern hat und er war gut beraten, die Verträge zu verlängern. Bei der krassen Entwicklung des Teams dank Sagan braucht es Kontinuität um das Team-Konstrukt nicht auseinanderbrechen zu lassen. 

Bei all den großen Siegen, es ist wohl Ralph Denks größter Erfolg, dass es ihm gelungen ist, Weltmeister Sagan und seinen Begleittross erfolgreich mit seinem Bora-Team verschmelzen zu lassen. Das war keine leichte Aufgabe, die sicher nur bei ganz wenigen Mannschaften so funktioniert hätte.  

 

Immer stärker, bald auch im Gesamtklassement? 

Das Team Bora-hansgrohe hat sich weiterentwickelt, auch nach der Verpflichtung von Peter Sagan. In den Trainerstab wurde investiert, dazu das Umfeld auf World-Tour-Niveau gebracht. Das Gesamtbudget ist beachtlich gestiegen, auch wenn man noch weit weg ist, von Sky-Dimensionen.

Seit 2017 hat man im Team auch größere Ambitionen für die Gesamtwertung der Rundfahrten. Top-5-Plätze waren auch 2018 das Ziel. Doch diese ambitionierten Ziele konnten nicht erreicht werden. Der durchaus als sehr stark einzuschätzende siebte Gesamtrang von Patrick Konrad war die beste GC-Platzierung 2018.

Rafal Majka scheint immer weiter weg, von einer Podest-Platzierung bei einer Grand Tour und bei Emanuel Buchmann sorgte der erste Kapitänsversuch bei der Vuelta für Ernüchterung. Das ohne Frage vorhandene Potenzial bei Davide Formolo konnte bislang auch noch nicht voll ausgeschöpft werden. Und hinter einer Rückkehr von Leopold König stehen weiter dicke Fragezeichen.

Nun hat man mit Maximilian Schachmann ein weiteres Rundfahr-Talent verpflichtet. Konrad, Buchmann, Formolo, Majka, Schachmann – auch ohne König hat man fast zu viele Klassementfahrer für drei große Rundfahrten. Vielleicht orientiert sich Schachmann eher in Richtung Ardennen-Klassiker, beim Fleche Wallonne 2018 zeigte er bereits, was in ihm steckt.

Die Teamleitung um Ralph Denk wird einen Plan entwerfen müssen, mit dem alle Kapitäne leben können. Patrick Konrad hat sich einen Tourstart mehr als verdient, doch die berglastige Tour 2019 dürfte auch nach dem Geschmack von Emu Buchmann sein. Mit Sagan im Team muss man auch für ihn Helfer mitnehmen. Konrad + Formolo zum Giro und Schachmann gemeinsam mit Gregor Mühlberger auf die hügeligen Klassiker – das könnte ein Plan sein. Dann blieb für das Duo Buchmann-Majka die Tour. Abwarten.

Mit Ackermann, Mühlberger, Formolo, Schachmann, Konrad & Co. hat Ralph Denk herausragende Talente im Team, die in Zukunft noch für große Erfolge sorgen können. Der nächste Schritt, auf dem Weg von der „Sagan-Truppe“ zum internationalen Spitzenteam, ist gemacht. 


Saisonbilanz der Teams 2018 – alle Folgen:

Folge 1 – Die Bilanz der WorldTour-Teams | Das beste Team der Welt

Folge 2 – Team Sky im Soll

Folge 3 – Bora-hansgrohe – mehr als Sagan

Folge 4 – BMC auf Abschiedstour

Folge 5 – Mitchelton-Scott – Yates & Yates + X

Folge 6 – Astana – konstant erfolgreich

Folge 7 – Bahrain-Merida – trotz Pech erfolgreich

Folge 8 – Movistar – fast zu wenig für ein Top-Team

Folge 9 – Sunweb – wenig Siege, aber starke Grand Tours

Folge 10 – LottoNL-Jumbo – Roglic & Groenewegen als Erfolgsgaranten

Folge 11 – AG2R – da geht viel mehr

Folge 12 – mäßiges Jahr für UAE Team Emirates  

Folge 13 – Trek-Segafredo – Degenkolb sorgt für Highlight

Folge 14 – Groupama-FDJ – gutes Frühjahr, solider Sommer, starker Herbst

Folge 15 – Lotto-Soudal – Greipel-Zoff & solide Ergebnisse 

Folge 16 – EF-Drapac – zu wenig Siege

Folge 17 – ein katastrophales Jahr für Katusha-Alpecin

Folge 18 – Dimension-Data – ein verkorkstes Jahr