Der Stärkste im Rennen 2018 - Tiesj Benoot

Insgesamt 25 Saisonsiege stehen für das Team Lotto-Soudal zu Buche. Keine schlechte Ausbeute, denn nur neun Teams haben mehr Erfolge eingefahren. Doch nur sieben Siege wurden bei World Tour Rennen eingefahren. Zum Vergleich: Pascal Ackermann vom Team Bora-hansgrohe hat allein sechs WT-Erfolge 2018 gefeiert.

Das Team Lotto-Soudal hat sich in den vergangenen Jahren vor allem auf Eintagesrennen und die Sprints konzentriert und kommt ohne echten GC-Kapitän für die Grand Tours aus. Der 42. Rang von Maxime Monfort bei der Vuelta ist die beste Saison-Platzierung in der Gesamtwertung bei einer der Grand Tours. So kann man bei den Grand Tours natürlich auch nicht viele World-Tour-Punkte einfahren.

Doch das belgische Team weiß auch ohne Klassementsfahrer mit Siegchancen sich in Szene zu setzen. So sorgt Dauerausreißer Thomas de Gendt bei den Grand Tours fast jeden Tag für TV-Präsenz, ist mit seiner Fahrweise beim Publikum extrem beliebt und zudem auch noch erfolgreich. Er wurde Bergkönig bei Paris-Nizza, der Tour de Romandie und der Vuelta, holte zudem zwei Siege bei WorldTour-Rennen. Der Belgier ist nicht nur ein Watt-Monster und Parade-Baroudeur, sondern als stets fairer Sportsmann auch ein Sympathieträger. 

 

Wellens & Benoot machen (fast) immer Spaß

Bei seinem Sieg bei der Strade-Bianche lieferte Benoot eines der beeindruckendsten Rennen der Saison. Eine krasse Leistung bei einer epischen Schlacht in Regen und Matsch. Das Talent von Benoot ist schon länger bekannt und schon als 21-Jähriger wurde er mit Tom Boonen verglichen. Keine leichte Situation für einen jungen Belgier. Doch Benoot ist ein anderen Fahrertyp als Belgiens Topstar. Bergauf stärker, aber auf dem Pflaster nicht mit „Tommeke“ zu vergleichen. Aber so wie früher Boonen, sorgt Benoot für große Unterhaltung. Stets zur Attacke bereit, animiert er die Rennen, ohne dabei sinnlos Kräfte zu verschleudern. Gehts zur Sache, ist Benoot dabei und manchmal sprengt er einfach selbst das Rennen.

Seine Bilanz 2018 kann sich sehen lassen. Dem Sieg bei der Strade-Bianche folgten weitere gute Ergebnisse. Flandern, Dwars, E3, Brabant – Benoot landete immer in den Top-10. Zudem wurde er Gesamtvierter bei Tirreno-Adriatico, was seine Qualität bergauf unterstreicht. Der Kerl macht Spaß und ist erst 24 Jahre alt!

Noch stärker bergauf, aber in Sachen Unterhaltungswert die gleiche Kategorie ist Tim Wellens. Auch seine Saisonbilanz kann sich sehen lassen. Der inzwischen 27-Jährige holte einen Etappensieg beim Giro, siegte zu Beginn des Jahres bei der Mallorca-Challenge, gewann die Ruta del Sol, siegte beim Pfeil von Brabant, wurde Fünfter bei Paris-Nizza, …., und landete im Herbst bei der Lombardei-Rundfahrt auf Rang fünf. Eine sehr ordentliche Saison, für den sympathischen Belgier, der lieber aus Rennen aussteigt, als eine TUE zu nutzen.

 

Greipel-Zoff sorgt für Schlagzeilen, Paul De Geyter muss gehen

Auch die letzte Saison von André Greipel im Team war ordentlich, auch wenn er bei der Tour erneut leer ausging. Acht Saisonsiege, zwei davon in der World Tour (Tour Down Under). Doch am Ende sorgte vor allem die Trennung vom Team für Schlagzeilen. Lotto-Soudal hatte mit dem langjährigen Fahrer-Agenten Paul De Geyter vor der Saison einen neuen Mann als Sportdirektor verpflichtet und dieser arbeitete früh an der Verpflichtung des Sprint-Talents Caleb Ewan für das Jahr 2019.

Dass man an der Nachfolge von Greipel arbeitet ist nachvollziehbar, aber die Art und Weise der Kaderplanung sorgte für Diskussionen. Greipel erklärte, er habe ein Angebot vom Team für eine Verlängerung bekommen, das ihm aber nicht passte. De Geyter behauptete, er hätte Greipel (noch) kein Angebot gemacht und daraufhin warf Greipel ihm vor, die Unwahrheit zu sagen. Die Situation eskalierte während des Giro.

Nicht nur Greipel fühlte sich im Team schlecht behandelt und so wurde am Ende der Saison der Abgang von De Geyter nach nur einer Saison verkündet. Eine bittere Geschichte, an dessen Ende Greipels Wechsel zum Team Fortuneo-Samsic steht. Damit trennen sich auch die Wege von Marcel Sieberg und Greipel. Weil Sieberg bei Bahrain-Merida unterschrieb. Für Greipel ist der Wechsel eine neue Erfahrung und durchaus auch Chance. Für das Team bedeutet der Abgang vor allem den Verlust einer Persönlichkeit und Identitätsfigur. 

 

Neue Sprintergeneration?

De Gendt, Benoot, Wellens – die Kapitäne bleiben dem Team auch 2019 erhalten und der Charakter des Teams wird sich wenig ändern. Doch mit dem Abgang von Greipel und der Verpflichtung von Caleb Ewan wird das Team für die Sprints neu aufgestellt. Ewan bringt Roger Kluge von Mitchelton-Scott als Anfahrer mit. Der Druck auf Ewan wird groß sein, es werden große Siege erwartet, auch bei der Tour. Man darf gespannt sein, wie der 24-Jährige damit klar kommt. Neben Greipel verlassen auch Moreno Hofland und die Routiniers Jens Debusschere und Lars Bak das Team. 

Sprintet Ewan 2019 von Erfolg zu Erfolg, zeigen Wellens und Benoot ihr Können, wird man Ende der Saison sehr zufrieden sein. Schlägt Ewan nicht ein, wird es schnell Kritik geben. Was für 2019 aber bereits jetzt als sicher gilt, sind gefühlte 10.000-Flucht-Kilometer von Thomas de Gendt. Vielleicht fährt er 2019 sogar alle drei Grand Tours – die Fans wird es freuen.


Saisonbilanz der Teams 2018 – alle Folgen:

Folge 1 – Die Bilanz der WorldTour-Teams | Das beste Team der Welt

Folge 2 – Team Sky im Soll

Folge 3 – Bora-hansgrohe – mehr als Sagan

Folge 4 – BMC auf Abschiedstour

Folge 5 – Mitchelton-Scott – Yates & Yates + X

Folge 6 – Astana – konstant erfolgreich

Folge 7 – Bahrain-Merida – trotz Pech erfolgreich

Folge 8 – Movistar – fast zu wenig für ein Top-Team

Folge 9 – Sunweb – wenig Siege, aber starke Grand Tours

Folge 10 – LottoNL-Jumbo – Roglic & Groenewegen als Erfolgsgaranten

Folge 11 – AG2R – da geht viel mehr

Folge 12 – mäßiges Jahr für UAE Team Emirates  

Folge 13 – Trek-Segafredo – Degenkolb sorgt für Highlight

Folge 14 – Groupama-FDJ – gutes Frühjahr, solider Sommer, starker Herbst

Folge 15 – Lotto-Soudal – Greipel-Zoff & solide Ergebnisse 

Folge 16 – EF-Drapac – zu wenig Siege

Folge 17 – ein katastrophales Jahr für Katusha-Alpecin

Folge 18 – Dimension-Data – ein verkorkstes Jahr