Dirk Demol

Dirk Demol ist ein alter Hase im Radsport. Der 59-jährige Belgier hat selbst als Fahrer Paris-Roubaix gewonnen und als Sportlicher Leiter mit Fabian Cancellara bei den Klassikern große Triumphe gefeiert. Er war sowohl bei US Postal und Discovery Channel als auch bei RadioShack Sportlicher Leiter. Nun ist er zur Saison 2019 zum Team Katusha-Alpecin gewechselt. „Das hat schon einige in der Szene überrascht“, sagt Demol am Rande der Teampräsentation im Dezember.

„Ich mache seit 19 Jahren diesen Job, bin als Sportlicher Leiter im Auto – und abgesehen von einem Jahr, als ich bei Quick-Step war, war ich immer bei Mannschaften die eng verbunden mit Trek waren“, so Demol.

Nun verlässt er das Team, mit dem er große Erfolge gefeiert hat. Demol suchte eine neue Herausforderung. Hinter dem Wechsel steckt auch die Verbindung zum General Manager José Azevedo. „Ich hatte ihn als Fahrer und auch seine ersten Jahre als Sportdirektor haben wir bei RadioShack gemeinsam verbracht. Wir kennen uns also sehr gut und immer, wenn wir uns in den vergangenen Jahren gesehen haben, hat er zu mir gesagt: Hey, ich hoffe du arbeitest in Zukunft für mein Team“, sagt Demol mit einem verschmitzten Lächeln.

Aber es gab weitere Gründe für Demol das Team zu wechseln. „Ich habe mich innerhalb des letzten Jahres, oder vielleicht etwas mehr als ein Jahr, nicht mehr so involviert gefühlt. Nicht was die Rennen betrifft, da war ich im Auto und hatte alle Freiheiten, aber außerhalb der Rennen. Wenn man einen Job so lange macht, dann hat man viel Erfahrung – aber irgendwie konnte ich das nicht mehr so einbringen, hatte ich das Gefühl.“, sagt Demol. „Ich bin jetzt 59 Jahre alt und sehe das als Herausforderung. Man hat natürlich Gedanken, dass man mal etwas anderes machen will und überlegt, was soll ich machen. An einem Punkt hab ich gesagt: ok, ich geh zu Katusha“, so Demol. 

 

Ein junges Team mit Potenzial

Bei Katusha-Alepcin hat Demol eine junge Mannschaft mit viel Potenzial. „Ich habe das Team natürlich in den vergangenen Jahren verfolgt. Und bei einigen Verpflichtungen habe ich gedacht: ja, da hat José einen guten Griff gemacht, der Junge hat echt Talent“. Aber Demol hat vor seinem Wechsel bewusst nicht alle Quellen angezapft um möglichst alle Informationen über die Fahrer einzuholen. „Nein, das habe ich mit Absicht nicht gemacht“, sagt Demol ruhig. „Egal wen man fragt, man hört unterschiedliche Dinge. Das betrifft jedes Team. Wenn ich versuche alle Infos über Quick-Step herauszufinden, dann bekomme ich auch ganz unterschiedliche Informationen. Ich versuche es einfach selbst rauszufinden. Natürlich hatte ich Gespräche, aber ich will offen rangehen, schauen und selbst Erfahrungen sammeln“, so Demol.

 

Das erste Mal mit einem Top-Sprinter

Für Demol gibt es auch nach 19 Jahren noch neue Dinge zu entdecken. „Ich habe so viele Fahrer in meiner Karriere erlebt. Ich habe mit großen Fahrern zusammengearbeitet – mit Zeitfahrern, Klassikerspezialisten, mit Klassementsfahrern – was mir fehlt, ist die Zusammenarbeit mit einem Top-Sprinter. Das habe ich nun mit Marcel (Kittel) und um ehrlich zu sein, war das eine meiner Motivationen, hier anzufangen“, sagt Demol. 

Die Probleme von Leader Kittel und dem gesamten Team im abgelaufenen Jahr sind ihm natürlich nicht verborgen geblieben. „Es ist schwer das von außen zu beurteilen“, sagte Demol und hebt das Potenzial des Teams hervor. „Sie hatten auch 2018 ein ordentliches Jahr, aber sie können viel besser sein. Ich glaube wirklich an die Mannschaft“, gibt sich Demol zuversichtlich.

 

Die Kapitäne sind enorm wichtig

Dass die Kapitäne Ilnur Zakarin und Marcel Kittel enorm wichtig sind, ist auch Demol bewusst. „Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass wenn die Kapitäne gut performen, sie das gesamte Team auf ein höheres Level bringen„, führt Demol aus. „Marcel hatte kein so gutes Jahr. Auch Ilnur, der immerhin in den Top10 der Tour war, was definitiv nicht schlecht ist, kann mehr.“

Demol muss sich zunächst ein Bild vom Team verschaffen und dann versuchen, eine Einheit zu formen. „Man muss eine gute Verbindung zu den Fahrern herstellen, ihnen Vertrauen schenken und das Selbstvertrauen stärken. Aber die Fahrer müssen auch verstehen, dass wir performen müssen und verantwortlich für die Erfolge sind“, so Demol, der es als Vorteil ansieht, dass er bereits einige Mitarbeiter des Teams kennt.

 

Neue Kapitäne

Das Team Katusha-Alpecin hat den Kader leicht verändert und Demol sieht auch abseits der jungen Talente und gesetzten Kapitäne Zakarin & Kittel viel Potenzial. „Nehmen wird Jens (Debusschere). Er hat als junger Fahrer eine Reihe von Erfolgen eingefahren. Später war er in seiner Rolle vielleicht etwas zu fest“, so Demol und meint seine Rolle als Anfahrer für André Greipel und Helfer für Tiesj Benoot. „Jetzt hat er eine freie Rolle und kann etwas zeigen“, sagt Demol. 

Demol wollte sich während der Trainingslager ein Bild vom Team machen. Er betonte, vor allem gut zuhören und genau hinschauen zu wollen um das Team kennenzulernen und dann die richtigen Entscheidungen treffen zu können. „Ich werde mich nicht hinstellen und sagen: Ich kann einen Fahrer schneller machen“, gibt sich Demol zurückhaltend. „Es steckt in den Fahrern. Aber was wir machen können, ist unsere Arbeit so zu gestalten, dass wir versuchen, alles aus den Fahrern rauszuholen, was in ihnen steckt“, so Demol. 

Mit seinem Wechsel vom Team um John Degenkolb, Jasper Stuyven, Mads Pedersen und Richie Porte ist Demol nicht den einfachsten Weg gegangen. Und einem so erfahrenen Mann wie ihm ist klar, auch er wird am Ende an den Ergebnissen gemessen.