Der Kampf um Rosa ist spannender als je zuvor

Die Favoriten im Kampf um Rosa sind im Gesamtklassement enger zusammengerückt. Der komfortable Vorsprung von Primoz Roglic ist geschmolzen. Ilnur Zakarin ist nur noch 31 Sekunden zurück und darf nun nicht mehr so einfach in einer Gruppe weggelassen werden. Nibali bleibt auf Schlagdistanz und die starken Kletterer Richard Carapaz und Rafal Majka sind nun nur noch zwei Minuten zurück. Selbst Mikel Landa, vor zwei Tagen noch scheinbar aussichtslos weit zurück, liegt keine drei Minuten mehr hinter Roglic. Diese erste Bergankunft hat keine Vorentscheidung gebracht, sondern mehr Spannung. Es scheint alles möglich und der Weg bis Verona ist noch sehr lang. Der Kampf um Rosa ist spannender als je zuvor.

Roglic (Referenz, aktuell Gesamtzweiter)
Zakarin +0:31
Mollema +0:41
V.Nibali +1:44
Carapaz +1:57
Majka +2:03
Landa +2:43
Sivakov +4:48
M.A.Lopez +5:23
S.Yates +5:49

 

 

Simon Yates ist der große Verlierer

Eine bittere Pille muss Simon Yates schlucken. Der Vueltasieger musste im Schlussanstieg früh reißen lassen. Er war als großer Favorit neben Primoz Roglic in den Giro gestartet. Er gab sich selbstbewusst und zuversichtlich. Nach dem Debakel von 2018 ist Yates zum Giro gekommen um Revanche zu nehmen. Yates stürzte im Finale der vierten Etappe und verletzte sich an Knie und Hüfte. Nun muss er einen herben Rückschlag auf der ersten schweren Bergetappe verdauen. Gut möglich, dass sich der Brite bald aus dem Kampf um Rosa ganz verabschiedet und auf Etappenjagd geht. Mit 5:49 min Rückstand auf Roglic ist er weit, aber noch nicht aussichtslos zurück. Bei diesem Giro scheint vieles möglich, doch Yates scheint nicht in der Verfassung für Wunder.

 

Beim Giro ist alles möglich

Eine 27-Mann-Ausreißergruppe, in der der Sechstplatzierte der Gesamtwertung und Mitfavorit auf den Gesamtsieg mit drei Helfern wegfährt – bei der Tour de France denkbar? Eher nicht. Beim Giro geht das. Da wird eskaliert und riskiert. Es war die erste Bergetappe des Rennens und eine ganze Reihe der Jungs ist direkt All In gegangen. Vollgas vom Start weg und zwei weitere schwere Etappen vor Augen – hier wird einfach eskaliert. Sie werden die Rechnung in den nächsten Tagen wohl bekommen, aber niemand weiß, was dann passiert. Dieser Giro, so langweilig er bei den Flachetappen war, in den Bergen ist es großes Kino. Großartiger Radsport. Herrlich.

 

Das gefährliche Spiel von Primoz Roglic

Im Finale der 12. Etappe kreiselten in der Favoritengruppe alle mit durch. Nur Primoz Roglic nicht. Er trägt zwar nicht Rosa, aber er fährt wie der Leader des Rennens. Die Konkurrenz empfand das sicher als Geste der Selbstsicherheit. Nibali drückte sein Missfallen nach dem Rennen auch aus. Im Schlussanstieg der 13. Etappe belauerten sich Nibali und Roglic. Roglic wollte Richard Carapaz und Rafal Majka nicht nachfahren, konzentrierte sich auf seinen gefährlichsten Kontrahenten – Nibali.

Doch Nibali, Gewinner alle drei Grand Tours, hat natürlich kein Interesse, Roglic den Weg zu bereiten. Schon gar nicht nach seiner „Zurückhaltung“ vom Vortag. Das Verhalten beider Fahrer kann man nachvollziehen, aber von Roglic ist es ein gefährliches Spiel. Denn verhält er sich wie der Dominator des Rennens, werden alle anderen Favoriten zuerst gegen ihn fahren, und dann gegen den Rest. Und seine Taktik auf der 13. Etappe hat bewirkt, dass die Konkurrenz näher gekommen ist. Künftig wird es nicht mehr reichen, nur auf Nibali zu schauen. Carapaz, Majka, Landa und Co. sind nun auch zurück im Kampf um Rosa. Die Hoffnung für Roglic bleibt natürlich, dass sich Nibali, Majka und Co. bald gegenseitig hinterherfahren, wenn die Abstände geringer sind. Ob er sich darauf verlassen kann? Wir werden es sehen.


 

 

Doppelspitze bei Movistar – kann das gutgehen?

Mikel Landa hatte großen Rückstand im Gesamtklassement und hat seine daraus resultierenden Freiheiten genutzt. Er hatte am Donnerstag angegriffen und 28 Sekunden gutgemacht. Nun hat er wieder attackiert und wieder Zeit gutgemacht. Künftig werden ihn die Kontrahenten wohl nicht mehr so einfach wegfahren lassen. Landa ist zurück im Kampf um Rosa und sein Team hat auf den vergangenen Etappen taktisch clever agiert. Sein Teamkollege Richard Carapaz konnte sich im Feld der Favoriten zurückhalten, auch weil Landa in die Offensive ging. Im Schlussanstieg griff dann Carapaz an und hängte die anderen Favoriten ab. Er scheint am Berg zu den Allerbesten zu gehören.

Sowohl Carapaz, als auch Landa, liegen nun in der Gesamtwertung auf Schlagdistanz. Carapaz sogar etwas besser platziert als Landa. Nun stellt sich die Frage nach dem Leader. Oder kann das Team Movistar mit zwei Fahrern um den Sieg mitfahren? Landa kann die Leaderrolle beanspruchen, war als Kapitän gestartet. Aber Carapaz liegt besser im Gesamtklassement und scheint am Berg einer der Stärksten zu sein. Die nächsten Tage werden zeigen, ob man bei Movistar mit zwei Leadern weiter taktisch agieren kann, oder ein internes Duell für Probleme sorgt.