Der 27,6 Kilometer lange Kurs durch Brüssel war flach und schnell. Die Frage, worauf es ankam, beantwortete Sunweb-Profi Nikias Arndt knapp: „Tempo“. Mit 57,2 km/h im Schnitt ballerte das Team Jumbo-Visma um Tony Martin durch Belgiens Hauptstadt und holte sich den Sieg. Der Schlüssel zum Erfolg auf diesem flachen Kurs war, mit einem harmonischen Team möglichst lange ein hohes Tempo aufrecht erhalten zu können. Um das zu erreichen, wählten die Teams unterschiedliche Taktiken.
Katusha-Alpecin – Blocktaktik
„Wir haben versucht, den Tacho immer so bei 60 zu halten, das hat ganz gut geklappt“, sagt Marco Haller vom Team Katusha-Alpecin, das ein sehr gutes Zeitfahren zeigte. „Wir haben unsere starken Zeitfahrer zu einem Block zusammengezogen“, erzählt Marco Haller. „Der Rest hat versucht, das hohe Tempo zu halten und bevor das Tempo absackt, ist man aus der Führung gegangen“, erklärt Haller. So ging die Schweizer Equipe das Zeitfahren extrem schnell an, war an den ersten beiden Zwischenzeiten nur wenige Sekunden langsamer als das Siegerteam Jumbo-Visma. Doch am Ende fehlte die Kraft, es durchzuziehen. „Es war unser Plan, schnell loszulegen und zu versuchen, so weit zu kommen, wie es geht. Am Ende hat etwas gefehlt, aber wir sind zufrieden“, so Haller zur starken Leistung der Mannschaft. „Es war uns klar, dass es hier darum geht, wer am längsten den Speed halten kann“, sagte Haller und zeigte sich mit dem starken Auftritt und Rang vier zufrieden.
Bora-hansgrohe – Wellenmuster
Einen anderen Ansatz wählte das Team Bora-hansgrohe. „Man muss bedenken, dass man hinter Emu (Emanuel Buchmann) oder Patrick Konrad kaum Windschatten hat, da muss man am Rad einfach immer ein paar Watt mehr fahren. Das spielt bei der Aufstellung der Mannschaft natürlich eine Rolle“, erklärt Lukas Pöstlberger. „Es wurde gemixt, immer ein großer Fahrer, dann wieder ein kleiner, dann ein mittelgroßer und dann wieder ein großer Fahrer“, erklärt Pöstlberger. „Man musste bei diesem Kurs immer den Schwung mitnehmen, gerade über die Kuppen. Genau im richtigen Moment schwenken und schauen, dass man gut regeneriert um dann wieder eine Führung fahren zu können“, beschreibt Pöstlberger den Schlüssel zum Erfolg und zeigte sich direkt nach dem Rennen zufrieden. „Es hat sich ganz gut angefühlt und ich denke, für den Aufwand, den wir betrieben haben, ist das Ergebnis ok“, so der Österreicher.
Sunweb – Dreierblock mit Steuermann
„Wir hatten zunächst einen Dreier-Block, wo wir Fahrer platziert haben, die lange Einheiten fahren können“, erklärt Nikias Arndt. Diesen Block bildeten Wilco Kelderman, Søren Kragh Andersen und Michael Matthews. „Dahinter waren zwei normale Zeitfahrer, und dann war ich platziert, um noch einmal das Tempo steuern zu können„, erklärt Arndt. Die Idee dahinter war, dass die drei starken Zeitfahrer mit viel Gefühl und Erfahrung das Tempo bestimmen können und dann Arndt noch einmal nachjustieren kann. „Wir hatten ja nur gute Zeitfahrer hier und sind sehr gleichmäßig und schnell gefahren. Gerade im zweiten Teil haben wir das Tempo hochhalten können“, erklärt Arndt. Das Sunweb-Team war nicht so schnell gestartet wie die Katusha-Alpecin-Equipe, konnte aber das hohe Tempo lange halten. „Es lief insgesamt sehr rund, aber einfach ein klein wenig zu langsam“, fasst Arndt zusammen.
Jumbo-Visma – der Sieger-Mix
„Wir haben unsere starken Zeitfahrer nicht gruppiert, sondern immer einen Fahrer dazwischen platziert“, erklärt Merijn Zeeman, Sportdirektor bei Jumbo-Visma. Auch die niederländische Mannschaft versuchte, eine Taktik zu wählen, die es ermöglicht, ein hohes Tempo lange aufrecht zu halten. Die starken Zeitfahrer fuhren längere Ablösungen und die schwächeren kürzere. „Das ist alles vorher kalkuliert, wir haben dafür Modelle im Vorfeld erarbeitet“, erklärt Zeeman. Sowohl Position, als auch das Pacing sind im Modell festgelegt. Verantwortlich dafür ist Mathieu Heijboer, der Performance Manager des Teams. Der Plan wurde bereits viele Wochen vor Start der Tour erarbeitet und nun erfolgreich durchgezogen, auch wenn Dylan Greonewegen nach seinem Sturz am Vortag etwas gehandicapt war. Das Team Jumbo-Visma betreibt großen Aufwand, um im Teamzeitfahren erfolgreich zu sein, was sich nun auszahlt. „Das ist nicht der Erfolg eines Tages, dahinter steckt lange und harte Arbeit in vielen Bereichen. Material, Training, Einstellung, Ernährung – da muss alles zusammenkommen. Wenn du ein Teamzeitfahren bei der Tour de France gewinnst, dann steckt da viel harte Arbeit dahinter„, erklärt Zeeman nach dem Triumph in Brüssel.
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