Profil der 12. Etappe der Tour 2019

Die 12. Etappe dieser 106. Tour de France ist fast 210 Kilometer lang und im Finale durchaus anspruchsvoll. Die ersten 130 Kilometer sind flach, doch im Finale stehen den Fahrern zwei Anstiege der ersten Kategorie im Weg. Insgesamt müssen so rund 3000 Höhenmeter überwunden werden. Der Col de Peyresourde ist ein echter Tour-Klassiker, wurde bereits mehr als 40 Mal bei der Großen Schleife erklommen. Es ist ein langer, aber kein supersteiler Anstieg. Nach der Abfahrt geht es über den Hourquette d’Ancizan, eine fast 10 Kilometer lange und rund 7,5% steile Steigung, an deren Gipfel es für die ersten drei Fahrer Bonussekunden (8, 5, 2) gibt. Zum Ziel ins Tal nach Bagnères-de-Bigorre geht es rund 30 Kilometer bergab.

Es sind die ersten langen Pyrenänen-Anstiege dieser Tour und sie läuten den zweiten Teil dieser Rundfahrt ein. Ob es bereits Attacken der großen Favoriten gibt, bleibt abzuwarten. Denn am Freitag steht das einzige Einzelzeitfahren dieser Tour an, bei dem die Klassementfahrer natürlich voll gefordert sind. Doch es ist gut möglich, dass einer der Fahrer, der vielleicht schon etwas mehr Rückstand im Gesamtklassement hat, seine Chance sucht, ein paar Sekunden aufzuholen. Auch die Fahrer, die bei der Windkanten-Etappe Zeit verloren haben, könnten probieren etwas Zeit zurückzuholen.

Das Terrain mit der langen Anfahrt ist ideal für eine starke Ausreißergruppe. Denn die Klassementfahrer werden nur auf sich schauen. So kann es zwei Rennen in einem geben: die Ausreißer kämpfen um den Tagessieg und die Klassementfahrer um Sekunden im Kampf um Gelb.

Da jedoch alle Fahrer im Peloton wissen, dass die Chancen für eine erfolgreiche Flucht sehr gut stehen, wird der Kampf um die Gruppe des Tages sicher hart geführt. So könnte es einen schnellen Start geben und einige Kilometer dauern, ehe sich die Gruppe des Tages endgültig formiert hat.

Die Strecke

Karte der 12. Etappe der Tour de France 2019

Vom Start in Toulouse geht es gen Südwesten in Richtung Pyrenäen. Die ersten Kilometer sind flach, nach 62 Kilometern steht die erste Bergwertung an. Die Steigung zur Côte de Montoulieu-Saint-Bernard ist nur 1,7 km lang und 5,2% steil – nicht mehr als ein Vorgeschmack auf das, was später kommt. 

Die Sprintwertung wird nach 130 Kilometern in Bagnères-de-Luchon abgenommen, unmittelbar bevor es hinauf zum ersten langen Anstieg des Tages geht. Die Steigung zum Col de Peyresourde ist mit 13,2 Kilometern und 7% Steigung angegeben. Es ist kein supersteiler Anstieg, sodass man im Windschatten durchaus einiges an Kraft sparen kann. Dass hier das Feld der Favoriten komplett auseinander fliegt, ist nicht zu erwarten.

Nach der langen und schnellen Abfahrt geht es zur letzten Steigung des Tages, dem Hourquette d’Ancizan. Es ist ein Nebenpass des Col d’Aspin mit einer sehr schmalen Straße und vor allem im unteren Teil mit steilen Rampen. Der Anstieg wird von der schwereren Südseite erklommen und am Gipfel wird der Bonussprint ausgetragen. Doch möglicherweise sammeln hier die Ausreißer des Tages die Bonussekunden ein und stürzen sich in die lange Abfahrt zum Ziel. 

Profil des Hourquette d’Ancizan

Vom Gipfel des Hourquette d’Ancizan sind es noch 30,5 Kilometer bis in Ziel. Es geht, abgesehen von einer kleinen Gegensteigung, bergab. Auch die Abfahrt ist auf schmaler Straße und neben offenen Abschnitten gibt es auch Passagen im Wald, mit Licht-Schatten-Wechsel. In Payolle stößt man wieder auf die breite Straße, die zum Col d’Aspin führt. Von dort an sind es noch 20 Kilometer bis ins Ziel.

Die Abfahrt zum Ziel mit unterschiedlichen Abschnitten
Das Finale der 12. Etappe der Tour 2019

Die Favoriten

Es ist recht wahrscheinlich, dass eine Ausreißergruppe den Tagessieg unter sich ausmacht. Mit der langen flachen Anfahrt dürfte es leicht möglich sein, einen ausreichenden Vorsprung herauszufahren, insofern kein gefährlicher Fahrer für das gelbe Trikot in der Gruppe ist. Für eine erfolgreiche Flucht auf solch Terrain gibt es einige Kandidaten. Vincenzo Nibali etwa, der den Kampf um die Gesamtwertung abgehakt hat. Oder Tiesj Benoot. Oder Giulio Ciccone, Jesus Herrade, Greg van Avermaet, Tanel Kangert, Rui Costa, Ben King, Pello Bilbao, Serge Pauwels, Chad Haga, Tony Gallopin oder auch Simon Geschke wären Kandidaten.

Für eine Attacke aus der Favoritengruppe gibt es klare Erwartungen: Thibaut Pinot, Jakob Fuglsang und Romain Bardet müssen in die Offensive gehen, wenn sie Ineos und Geraint Thomas in Bedrängnis bringen wollen. Bardet und Fuglsang könnten versuchen, die Abfahrt zu nutzen, während Pinot wohl eher mit einem frühen Angriff in einem der Steilstücke versuchen wird, eine Lücke zu reißen. Wenn Nairo Quintana zum Großangriff bläst, wäre es eine faustdicke Überraschung. Eher schickt man Mikel Landa vor.

Das Ineos-Team wird sicher bemüht sein, in den Anstiegen ein hohes Tempo anzuschlagen und das Rennen zu kontrollieren. Die lange Abfahrt zum Ziel bietet gerade auf den letzten 20 Kilometern durchaus die Möglichkeit, noch einige Sekunden auf Ausreißer gutzumachen. Aber schicken Astana, Movistar oder Ag2r Helfer in die Gruppe des Tages, könnten sie in diesem Abschnitt für den Kapitän wertvoll sein, falls dieser sich aus der Favoritengruppe erfolgreich abgesetzt hat. 

Es verspricht ein spannendes Finale zu werden, bei dem viel möglich ist. Sollten die Ausreißer doch wieder eingeholt werden, könnten Fahrer wie Julian Alaphilippe oder Alejandro Valverde am Ende um den Etappensieg sprinten.

 

***** –
**** Thibaut Pinot, Jakob Fuglsang, 
***  Greg van Avermaet, Vincenzo Nibali, Warren Barguil, Michael Woods, Dylan Teuns
** Jakob Fuglsang, Giulio Ciccone, Julian Alaphilippe, Marc Soler, Patrick Konrad, Alejandro Valverde, Dan Martin
* Romain Bardet, Tiesj Benoot, Serge Pauwels, Mikel Landa, Nairo Quintana, Rigoberto Uran, Rein Taaramäe

 
Start: 11:30 Uhr
Ziel: ~17:20 Uhr

Weitere Artikel zur Tour 2019:
8 Erkenntnisse nach 10 Etappen der Tour de France 2019
Peter Sagan – Das Positionsgenie
6 Erkenntnisse nach der ersten Bergankunft
Taktik beim Mannschaftszeitfahren – unterschiedliche Teams, unterschiedliche Strategien
Mathias Frank: „Für die Klassementfahrer ist nichts mit Einrollen“
Simon Geschke: „In den Bergen will ich etwas probieren“
Nils Politt, bitte vervollständigen Sie diesen Satz …
Tour de France 2019: Die Favoriten mit ihren Stärken & Schwächen