Nikias Arndt

Das Team Sunweb steckt in einem Veränderungsprozess. Viele langjährige Eckpfeiler des Teams haben die Mannschaft verlassen und mit Tom Dumoulin hat auch der große Star das Team verlassen. „Im Radsport gibt es immer einen Wechsel, Fahrer kommen und Fahrer gehen. Am Ende ist entscheidend, dass du dich auf die Veränderungen einstellen kannst und das Team drumherum aufbaust“, sagte Nikias Arndt.
In der Mannschaft von Iwan Spekenbrink gab es in der Vergangenheit stets viel Veränderung. Vom einem Team um Sprinter Marcel Kittel wurde man zur Klassiker-Mannschaft und holte mit John Degenkolb Siege bei Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix. Nach Kittels und Degenkolbs Abgang baute man eine Rundfahrer-Mannschaft und siegte mit Tom Dumoulin beim Giro d’Italia. Nun vollzieht sich der nächste Umbruch.


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„Am Ende ist es wichtig, dass wir uns mit den Fahrern, die wir jetzt haben, zusammenfinden und das Beste draus machen. Natürlich haben wir Abgänge, wo man sagen kann, dass es schön gewesen wäre, sie zu halten, aber ich denke, wir sind gut aufgestellt“, so Arndt. Vor allem im Frühjahr will man nun Akzente setzen.
„Ich denke, dass wir uns für die Klassiker verstärkt haben. Da waren wir in der Vergangenheit nicht überragend, haben uns aber sehr verstärkt und es wird für uns ein großer Fokus drauf liegen“, erklärt Arndt. Mit Tiesj Benoot hat man einen überragenden Klassikerfahrer ins Team geholt. Dazu sind mit Arndt, Søren Kragh Andersen und Michael Matthews zwei weitere starke Klassikerfahrer dabei. Zudem holte man mit Nico Denz und Jasha Sütterlin starke Helfer für die flämischen Rennen. 
Arndts Erfahrung ist gefragt
Die Sunweb-Mannschaft setzt auf junge Fahrer. Das Durchschnittsalter des Kaders ist mit unter 25 Jahren extrem niedrig und fast die Hälfte des Kaders ist 23 Jahre oder jünger. Zum Vergleich: Im Jahr 2015, als man zwei Monumente gewann, lag das Durchschnittsalter bei über 31 Jahren. 2017, als man mit Dumoulin den Giro gewann bei 29,4 Jahren.
So ist die Rolle von Arndt als Capitaine de la Route besonders gefragt. „Ich kann mich nicht aufteilen“, sagt Arndt mit einem Lachen. „Aber natürlich wird es viel Arbeit bedeuten, unsere Philosophie den jungen Fahrern zu vermitteln. Da wird es natürlich auch Momente in Rennen geben, bei denen ich denke: ‚Mensch Jungs, was macht ihr da‘. Aber es hängt natürlich auch von mir ab, dass ich gute Kapitänsarbeit leiste“, sagt Arndt.


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Persönliche Ambitionen
Doch Arndts Rolle ist nicht nur die des Road Captain und Mentors. „Ich werde natürlich schauen, dass ich meine Chancen in der Saison suche und finde sicher auch Rennen für mich. In den vergangenen Jahren haben sich da immer Möglichkeiten für mich ergeben, das wird auch 2020 so sein“, sagt Arndt. 
Vor allem die Klassiker liegen dem Buchholzer. Doch in den vergangenen Jahren hatte er immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen und verpasste das Pflaster-Frühjahr. Doch stets kämpfte er sich zurück und feierte Erfolge. Nach dem schweren Sturz bei Tirreno-Adriatico 2019 brauchte er längere Zeit um wieder in Top-Form zu kommen. Aber er setzte sich neue Ziele und holte dann im Spätsommer einen Etappensieg bei der Vuelta. 
„Es ist eine Einstellung, mit der ich aufgewachsen bin. Nur in den Momenten, wo es dir schwer fällt, kannst du stärker werden. Nur wenn es draußen im Training weh tut und du noch einen draufgibst wirst du besser. Ich bin von klein auf so aufgewachsen, dass ich mich zurück kämpfen muss und so war es auch in den vergangenen Jahren. Deshalb war es keine Frage, dass ich auch nach dem schweren Sturz zurück komme“, sagt Arndt ruhig. 
„Schade ist es natürlich, dass es immer zur Klassiker-Zeit war. Aber das ist ein Ansporn, dass ich mal topfit zu den Klassikern komme. Und wenn es nicht dieses Jahr ist, dann eben im nächsten. Ich bin gespannt drauf, was passiert, wenn ich mal eine Klassikersaison ohne Sturz und Krankheit fahren kann. Dass ich Potenzial hab, dass weiß ich, das weiß auch das Team. Die Motivation ist da, man muss gucken, was dann möglich ist“, so Arndt. Mit der aktuellen Mannschaft dürfte im Frühjahr viel möglich sein.
Von der Sunweb-Taktik zur Quick-Step-Taktik
„Wir sind für die Klassiker in der Breite stark aufgestellt und das müssen wir nutzen. Da geht es darum, mit vielen Leute ins Finale zu gehen und taktisch clever zu agieren“, erklärt Arndt. Das Team wird taktisch ein anderes Gesicht bekommen, offensiver auftreten. „Es wird auch 2020 Rennen geben, bei denen unser Plan auf einen Fahrer ausgerichtet ist. Das kann Sam (Oomen) sein, oder wir gehen auf einen Sprint mit Bling (Michael Matthews). Aber es wird auch Rennen geben, die wir offensiver gestalten werden“, sagt Arndt.
Mit mehreren Fahrer hat man mehrere Optionen und muss diese nutzen. Also eher angreifen und die Breite des Kaders nutzen. „Es ist sicher so, dass wir nun erstmals richtig offensiv fahren. Aber den Schalter auf Offensive umzulegen ist einfacher, als sich zurückzuhalten und defensiv zu fahren. Eine offensive Fahrweise dürfte uns aber mit unseren Fahrern sehr entgegenkommen“, so Arndt.


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