#Hach
So nachvollziehbar und vielfältig die Aktivitäten der Teams in der Corona-Pause waren, den Fans und Sponsoren ein wenig Radsportunterhaltung zu bieten – nur echte Radrennen sind echte Radrennen. Wenn man die Sportler an der Körperhaltung erkennt, die Abstände mitstoppt, die Zeiten in der Führung versucht zu vergleichen und am Wackeln des Kopfes den Erschöpfungsgrad abzulesen versucht – all das trägt zum Radsport-Guck-Vergnügen bei. Nur eine halbe Stunde Rennen wie Strade Bianche würde man als Zuschauer gegen alle Zwiftrennen und Everesting-Versuche eintauschen. Hoffentlich tragen alle gemeinsam dazu bei, dass wir die Saison wirklich noch lange genießen können.
Der Stärkste gewinnt
Mit Wout van Aert hat der stärkste Mann im Rennen gewonnen. Als er davon zog, konnte keiner der verbliebenen Favoriten folgen. Es war kein Sieg dank ausgeklügelter Taktik oder cleverem Verhalten – es hat der Mann mit den größten Reserven gewonnen, der keinen Fehler gemacht hat. „Heute war ein langer Tag des Leidens und niemand fühlte sich großartig. Die Hitze war anstrengend, aber ich habe mich wirklich auf die Hydratation und das Kühlhalten konzentriert und am Ende hatte ich noch etwas übrig“, sagte Sieger Wout van Aert (mit Felgenbremsen).
Neo-Klassiker
Als es endlich Live-Bilder gab, war nur noch ein kleines Feld bereits angeknockter Fahrer unterwegs. Salzränder vom Schweiß, Staubkruste im Gesicht und ordentlich angeschossen – bei diesem Rennen war von Beginn an Zug auf der Kette! Die Fahrer finden es geil, auch wenn ein Reifenschaden im falschen Moment das Aus bedeutet. Angreifen wird belohnt und ist kein Nachteil, wie bei einigen anderen Rennen. Die Fans finden es ohnehin großartig und das Prestige ist auch da. Es wird höchstens noch 10 Jahre dauern, da verschwindet auch das „Neo“ vor dem Klassiker bei Strade Bianche. Ein herrlich brutales Rennen.
Tatsächlich ein anderes Rennen
40 Grad am 1. August statt kühler Märzluft – diese Austragung war speziell und einzigartig. „Ich denke, die Hitze hat heute die Meisten gekillt, alle haben gelitten“, sagte Jakob Fuglsang, der wohl auch ein Opfer der äußeren Umstände wurde. Fuglsang fuhr stark und schien erneut der Fahrer zu sein, den es im Kampf um den Sieg zu schlagen galt. Schon 2019 war er der stärkste Fahrer, musste sich am Ende aber Julian Alaphilippe geschlagen geben.
Als Fuglsang das kleine Favoriten-Feld 50 km vor dem Ziel mit seiner Attacke sprengte, wirkte er stark. Doch als Wout van Aert die entscheidende Attacke setzte, konnte Fuglsang nicht mit – verlor bis zum Ziel noch fast drei Minuten. „Nach meinem kleinen Angriff bin ich wegen der Hitze explodiert. Es fiel mir schwer, mich abzukühlen und die Beine wieder zu bekommen. Bei 40°C kann man sich nicht abkühlen,“ sagte Fuglsang.
Es gilt eben doch: „Frühjahrsklassiker im Sommer sind ganz andere Rennen„. Da freuen wir uns schon auf die nächsten Rennen.
MAXimal paniert
Davide Formolo & Maximilian Schachmann gehörten zu den positiven Überraschungen des Rennens. Klar, beide haben bei den Ardennen-Rennen bereits gezeigt, dass sie stark sind, auf welligem Terrain. Explosivität, Kletterqualitäten und ein gewisser Drang zur Offensive sind nicht die einzigen Parallelen der beiden. Sie kamen beide direkt aus dem Höhentraining zur Strade Bianche.
Für Formolo war das Rennen ein Heimspiel von großer Bedeutung und er war bei seiner Strade-Bianche-Premiere top motiviert. Das sehr gute Rennen wird ihm viel Zuversicht für die nächsten Wettbewerbe geben. So stark wie Formolo fuhr, zählt er 2021 zu den Top-Favoriten auf den Sieg, egal bei welchem Wetter.
Auch für Maximilian Schachmann dürfte dieses Rennen eine große Bedeutung haben. Denn als Sieger von Paris-Nizza mit absoluter Top-Form in eine Zwangspause gehen zu müssen, ist selbst für die motiviertesten Sportler kein Zuckerschlecken. Nun zu wissen, dass man zu den besten Fahrern der Welt gehört, dürfte ihm Sicherheit geben. Schachmann bereitet sich konsequent auf die Tour vor, wird für Emanuel Buchmann eine wichtige Rolle spielen können.
Schachmanns Ergebnisse 2020: Platz zwei in der Algarve, Sieg bei Paris-Nizza vor der Pause, nun Staub-paniert auf dem Podium bei der Strade Bianche. Dazu kürzlich den Vertrag um 4 Jahre verlängert. Bora-hansgrohe + Maximilian Schachmann = passt.
- Maxim Van Gils wechselt zu Red Bull-Bora-hansgrohe
- Analyse: Das Red Bull-Bora-hansgrohe Rookies U23-Team
- Cross-Programm 2024/2025 – Wout van Aert beginnt in Mol seine Saison
- Tom Pidcock wechselt zum Team Q36.5
- Podcast: Christian Knees über das Team Ineos Grenadiers, die Entwicklung des Radsports & sinnvolle Talentförderung