Nekrasov

Nur 444 Tage trennen die Geburtstage von Pavel Sivakov und Alexander Vlasov. Längst klingen diese russischen Namen für Radsportfans vertraut. Aber mittendrin in dieser jungen goldenen Generation liegt ein weiterer Fahrer, der sich in den nächsten Jahren einen Namen machen kann: Denis Nekrasov. Auch er gehört zum russischen ‘96/‘97er Jahrgang, der mit viel Rundfahrertalent ausgestattet ist.
Trotz sehr unterschiedlicher Biografien kennen sich die drei Fahrer seit Juniorentagen im russischen Nationalteam. Sivakov, Sohn einer Radsportfamilie, wächst in Frankreich auf. Vlasov schlägt einen Weg ein, der ihn schon frühzeitig in die Rennszene nach Italien führt – typisch für viele russische Junioren. Nekrasov beginnt hingegen seine Karriere auf der Bahn. Allein der Blick in die Startlisten der vergangenen Jahre zeigt, wie eng der gemeinsame Weg in den Nachwuchsklassen verlief.
 
Sivakov und Vlasov auf dem Weg zur WorldTour-Spitze
Als Sivakov sich 2017 mit einem überragenden U23-Jahr den Profivertrag beim Team Sky verdiente, und damit als 21-jähriger direkt in die WorldTour gesprungen ist, war Vlasov stets an seiner Seite. Vom Baby-Giro bis zum Valle d’Aosta – die beiden haben die Erfolge bei den wichtigsten Nachwuchs-Rundfahrten zusammen im russischen Nationalteam gefeiert.
Der Kapitän Sivakov wird zum Neo-Profi und der Edelhelfer Vlasov zum Kapitän. Die Saison 2018 wurde zur Sternstunde von Alexander Vlasov in seinem russischen ProTeam Gazprom-RusVelo und fast zu einer Kopie der Sivakov-Erfolge aus dem Vorjahr. Auch Vlasov gewinnt den Baby-Giro und verpasst das Podium bei der wichtigsten Nachwuchs-Rundfahrt Tour de l’Avenir nur um den Bruchteil einer Sekunde.
Trotz Angeboten aus der WorldTour entscheidet sich der Youngster für die Mannschaft um den Namensgeber Gazprom Germania GmbH, um Rennerfahrung zu sammeln und sich taktisch weiterzuentwickeln. Er wird russischer Meister, gewinnt die Königsetappe der Österreich-Rundfahrt und wechselt erst in dieser Saison wechselte in die WorldTour.
Auch in der ersten Liga verläuft die Entwicklung von Sivakov und Vlasov ähnlich. 2019 feiert der Ineos-Fahrer sein Giro d’Italia-Debüt und fährt gleich in die Top10. Es gibt nicht wenige Experten, die Vlasov ähnliches beim derzeitigen „Corsa Rosa“ zugetraut hätten. Mit dem Podium bei Il Lombardia und Platz 5 bei Tirreno-Adriatico oder der siegreichen Attacke beim Giro dell’Emilia sorgte der 24-Jährige für Aufsehen, als alle Augen auf seinen vermeintlichen Kapitän Jakob Fuglsang gerichtet waren. Leider musste der junge Russe seine erste Grand Tour auf der zweiten Etappe mit Magenproblemem aufgeben.

Aleksandr Vlasov – Sieg am Kitzbüheler Horn (Foto: Mario Stiehl)

 
Nekrasov mit ersten Schritten nach oben
Im Schatten der beiden Stars entwickelt sich ein weiterer russischer Youngster: Denis Nekrasov. Was Vlasov für Sivakov war, wurde Nekrasov für Vlasov. Ein Edelhelfer. Er eskortiert Vlasov zum prestigeträchtigen Sieg beim U23-Giro d’Italia 2018 und wird mit einem Stagiaire-Vertrag bei Gazprom-RusVelo belohnt. 2019 wurde für ihn zur Saison mit Doppelfunktion: Domestique bei Etappenrennen der Europe Tour und als Leader bei U23-Rundfahrten, wie dem Baby Giro und der Avenir. Ein taktischer Spagat, der nicht aufging. Während er bei den Profi-Rennen für seine Kapitäne von Gazprom-RusVelo überzeugte, konnte er bei den U23-Rennen im Nationaltrikot nicht in die Fußstapfen von Sivakov und Vlasov treten.
Grund genug, sich dieses Jahr komplett auf die Profi-Karriere im königsblauen Trikot zu konzentrieren. Der Re-Start im August war ein Herantasten und Vorbereiten für den nächsten Entwicklungsschritt. Tour de Pologne – das erste WorldTour-Rennen hielt für den 23-Jährigen eine vermeintlich einfache Strategie bereit: mitrollen und für die Routiniers bei Gazprom-RusVelo arbeiten. Das klappt, trotz Chaos und Hektik im Rennen! Il Lombardia – mehr als 200 Rennkilometer standen für das Nachwuchstalent bisher selten im Programm. Also wurde die Belastung durch die sportliche Leitung erhöht: in die erste Gruppe gehen und Tempo von vorne fahren. Auch das funktioniert, bis zum berühmten Ghisallo-Anstieg, herausragend.
Denis Nekrasov bei Il Lombardia (Foto: Bettini)

Potenzial & Talent ebnen den Weg – Kapitän beim World-Tour-Rennen
Bei Tirreno-Adriatico vor wenigen Wochen kam dann Teil 3 des Aufbauprogramms in der WorldTour. Nekrasov wurde von seinen Sportlichen Leitern erstmals in das ganz große Rampenlicht gestellt. Mit 23 Jahren als Leader bei einer WorldTour-Rundfahrt! Und diese Chance nutzte er. Bis zum traditionellen Einzelzeitfahren am Schlusstag hatte sich Nekrasov auf Platz 19 in der Gesamtwertung vorgekämpft. Aber die viel wichtigere Nachricht für das Selbstbewusstsein: Kein Fahrer vor ihm im Klassement ist so jung, wie der Russe aus dem ‘97er Jahrgang! Es zeigt das Talent, mit dem Nekrasov ausgestattet ist.
Renat Khamidulin, Team Manager bei Gazprom-RusVelo, gibt eine realistische Einschätzung des Potenzials und zeigt, wohin der Weg für den jungen Russen führen kann: „Ich kenne die drei Jungs sehr gut. Sie gehören zu einer Generation von russischen Fahrern, die uns noch viel Freude bereiten wird. Denis bringt andere Voraussetzungen als Pavel oder Alexander mit. Er kommt fast 2 Jahre später in diese Führungsrolle und ihm fehlt dieses eine entscheidende U23-Ergebnis, das so wichtig ist für das Selbstbewusstsein. Um so wichtiger war sein persönlicher Erfolg bei Tirreno-Adriatico“.
Doch Talent ist bei Nekrasov ebenso vorhanden, das es nun weiter herauszuarbeiten gilt. „Die Saison war zwar sehr kurz, aber voller wichtiger Erkenntnisse. Beständigkeit und Explosivität am Berg sind die beiden wichtigsten Entwicklungen, die wir bei Denis herausarbeiten müssen. Ohne Zweifel ist großes Talent, Potential und viel Wille vorhanden. Die Defizite werden wir ganz gezielt im Wintertraining in Angriff nehmen, denn wir sind jetzt schon komplett auf 2021 fokussiert. Für Denis wird die nächste Saison ein Schlüsseljahr, in dem sich entscheidet, ob er den ganz großen Schritt machen kann, und wie Pavel und Alex bereit für die größten Rundfahrten ist“, so Khamidulin.
 
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