Wegen der Corona-Pandemie wurde die Flandern-Rundfahrt in den Oktober verschoben. Nach der Absage von Paris-Roubaix ist es der letzte große Klassiker des Jahres. Die Organisation hat sich große Mühe gegeben, das Rennen stattfinden zu lassen. Die Fans wurden, wie schon bei Gent-Wevelgem, dazu aufgerufen, dem Rennen fern zu bleiben und es lieber im TV anzuschauen.
Sonst ist die Ronde van Vlaanderen ein riesiges Volksfest, mit tausenden Menschen an der Strecke, Bier, Grills und Party – die Corona-Edition muss leider ohne auskommen. Dafür bekommen die Radsportfans wohl ein spektakuläres Rennen geboten. Fast alle Top-Klassikerspezialisten sind am Start, nur Peter Sagan, der beim Giro ist, fehlt. Bei Gent-Wevelgem konnte man sehen, dass viele Top-Fahrer auf einem ähnlichen Niveau sind. Dazu wird das Duell der beiden Topstars Wout van Aert und Mathieu van der Poel mit Spannung erwartet. Doch der Kreis der Favoriten ist deutlich größer, als das Crosser-Duo.
Die Strecke
Die Strecke der Flandern-Rundfahrt wurde leicht verändert. Die Schlüsselstellen bleiben erhalten, abgesehen von der Mauer von Geraardsbergen. Das Rennen der Männer ist so „nur“ noch 242 Kilometer lang und statt 17 sind es „nur“ 16 Hellinge. Für das Frauenrennen sind 135 km geplant. „Die Organisation hat beschlossen, die Rennstrecke etwas zu ändern und die Rennen angesichts des vollen Herbstkalenders, der die Teams erwartet, zu verkürzen“, hieß es in einer Mitteilung. Aber es wurde auch über andere Hintergründe für die Streckenveränderung diskutiert.
Ein Helling weniger, Finale bleibt
Im Parcours der Männer wurden die Anstiege Tenbosse und die Muur von Geraardsbergen gestrichen. Es geht nach dem Berendries zum Valkenberg. Anschließend geht es wie für das Frühjahr geplant, zum Kanarieberg und dann auf die letzten rund 50 Kilometer mit den zwei Schleifen über Oude Kwaremont und Paterberg. Die erste der beiden Schleifen führt nach dem Paterberg über Koppenberg, Steenbeekdries und Taaienberg zum Kruisberg und dann zurück zum Kwaremont. Die zweite Schleife besteht nur noch aus Kwaremont und Paterberg. Damit hat sich am Finale des Rennens wenig geändert.
Die Hellinge 2020
1. | Oude Kwaremont 2200m -Ø 4% – Max. 11,6% | |
2. | Kortekeer 1.000m -Ø 6,4% – Max. 17%, | |
3. | Eikenberg 1.500m – Ø 4,2% – Max. 7% | |
4. | Wolvenberg 645m – Ø 7,9% – Max. 17,3% | |
5. | Leberg 950m -Ø 4,2% – Max 13,8% | |
6. | Berendries 940m -Ø 7% – Max. 12,3% | |
7. | Valkenberg 540 m Ø 8% – Max. 13 % | |
8. | Kanarieberg 1000m -Ø 7,7% – Max. 14% | |
9. | Oude Kwaremont – 2200m -Ø 4% – Max. 11,6% | |
10. | Paterberg 360m – Ø 12,9% – Max. 20,3% | |
11. | Koppenberg 600m -Ø 11,6 % – Max. 22 % | |
12. | Steenbeekdries 700m -Ø 5,3% – Max. 6,7% | |
13. | Taaienberg 530m -Ø 6,6% – Max. 15,8% | |
14. | Kruisberg 2500m -Ø 5% – Max. 9% – | |
15. | Oude Kwaremont – 2200m -Ø 4% – Max. 11,6% | |
16. | Paterberg Ø 12,9% – Max. 20,3% |
Die Favoriten
Die beiden Top-Stars Wout van Aert und Mathieu van der Poel sind wohl die stärksten Fahrer für dieses Rennen. Aber sie werden ganz sicher einen super Tag brauchen, um tatsächlich zu gewinnen. Dass die Strecke um 30 Kilometer verkürzt wurde, ist für die beiden nicht unbedingt ein Vorteil. „Ich denke, dass es eher ein Nachteil für mich ist“, sagte Van der Poel vor dem Rennen. Je schwerer, desto weniger Fahrer kommen für den Sieg in Frage.
Der Blick in die Ergebnisliste von Gent-Wevelgem zeigt die Favoriten auf die Ronde. Das Team Trek-Segafredo um Mads Pedersen hat mehrere Optionen, um Druck auf Van der Poel und Van Aert auszuüben. Deceuninck-QuickStep ist stets extrem stark und hat neben Senechal, Asgreen, Stybar und Lampaert auch noch Weltmeister Julian Alaphilippe im Aufgebot. Auch das Team Sunweb hat mit Sören Kragh Andersen und Tiesj Benoot zwei Top-Fahrer dabei. Nikias Arndt und seine Kollegen werden die beiden sicher gut unterstützen.
Ineos, NTT und auch Mitchelton-Scott sollte man nicht unterschätzen und Titelverteidiger Alberto Bettiol mit seinem EF-Team ist ebenfalls sehr stark einzuschätzen. Bei Gent-Wevelgem war Bettiol sehr stark, auch wenn er der einzige Fahrer in der Favoritengruppe war, der sich nicht in der Verfolgungsarbeit beteiligte (hatte wie Degenkolb und Van Aert einen Fahrer in der Spitze) und so Körner sparte. Er hat mit Sep Vanmarcke einen Co-Kapitän und bekommt Hilfe des deutschen Neo-Profis Jonas Rutsch, der genau wie der junge Schweizer Stefan Bissegger sein Debüt gibt. Mit Jens Keukeleire und dem sehr erfahrenen Sebastian Langeveld bringt die EF-Mannschaft ein richtig starkes Team an den Start.
Aus deutscher Sicht darf man neben Arndt, Rutsch, dem Bora-hansgrohe-Team mit Marcus Burghardt und Maximilian Schachmann (Ronde-Debüt) vor allem auf Nils Politt gespannt sein, der im vergangen Jahr immerhin Fünfter wurde! In diesem Jahr scheint es bei Politt nicht so gut zu laufen, doch die Ronde sollte er als absolutes Highlight in seinem Kalender haben.
Lotto-Soudal geht mit Tim Wellens und den beiden Deutschen Roger Kluge und John Degenkolb ins Rennen. Degenkolb ist eher der Mann für Paris-Roubaix, zeigte aber bei Gent-Wevelgem ein sehr starkes Rennen.
CCC geht „nur“ mit Kapitän Matteo Trentin ins Rennen, nachdem Greg van Avermaet seinen Start wegen der Sturzfolgen bei Lüttich-Bastogne-Lüttich absagen musste. Trentin, der auch von Jonas Koch unterstützt wird, machte bei Gent-Wevelgem ebenso einen starken Eindruck. Das gilt auch für den Schweizer Stefan Küng. Die beiden Ex-Champions Alexander Kristoff und Niki Terpstra sind ebenso dabei.
Geht es rein nach der Stärke, sind sicher Van Aert und Van der Poel die Favoriten. Aber es sind so viele starke Fahrer dabei, die ganz sicher nicht mit dem Duo in die letzte Auffahrt zum Kwaremont/Paterberg gehen wollen, dass man erwarten darf, dass früher Druck auf das Duo erzeugt wird. Möglicherweise formiert sich bereits 50 Kilometer vor dem Ziel eine Gruppe mit extrem starken Fahrern, die dann einen Vorsprung mit ins Finale nehmen wollen.
Kommt es erneut zur großen Rivalität des Duos, könnte die Konkurrenz davon profitieren. Man darf gespannt sein was passiert – die verkürzte Strecke macht es zudem unberechenbarer, denn wo sonst nur eine Handvoll Fahrer für den Sieg in Frage kommt, ist es in diesem Jahr locker ein Dutzend. Aber nur dann, wenn es gelingt, Van Aert und Van der Poel abzuhängen.
***** Wout van Aert
**** Mathieu van der Poel
*** Alberto Bettiol, Florian Senechal, Mads Pedersen
** Stefan Küng, Matteo Trentin, Zdenek Stybar, Oli Naesen, Kasper Asgreen, Yves Lampaert
* Nils Politt, John Degenkolb, Jasper Stuyven, Alex Kristoff, Julian Alaphilippe, Luke Rowe, Michal Kwiatkowski
Die Startliste bei PCS
Start: 9:45 Uhr
Ziel: ~ 16:00 Uhr