Nicht noch ein Generationswechsel

Tao Geoghegan Hart

Liest man bei Wikipedia unter Generation nach, findet man die Erklärungen zur Anwendung des Begriffs in der Biologie und der Soziologie. Im Radsport ist das mit Generationen ganz einfach. Man sortiert die Fahrer in eine Generation mit herausragenden und sehr erfolgreichen Ausnahmesportlern. Von einem Wechsel der Generation wird immer dann gesprochen, wenn ein junger (meist recht unbekannter) Fahrer bei einem großen Rennen einen älteren Champion abhängt. So plump ist der Radsport eben in vielen Bereichen.
Interessanterweise gilt das für jedes Rennen separat. Denn nachdem bei der Tour de France bei den vergangenen beiden Austragungen jeweils ein 22-Jähriger* gewann, wurde beim Giro d’Italia erst jetzt von einem „Generationswechsel“ gesprochen. Obwohl Richard Carapaz im vergangenen Jahr beim Start des Giro erst 25 Jahre alt war. Schwamm drüber. 
Schaut man sich an, dass Giro-Sieger Tao Geoghegan Hart eigentlich als Helfer vom 34-jährigen Geraint Thomas gestartet war, Jai Hindely als Co-Kapitän vom 29-jährigen Wilco Kelderman ins Rennen ging, könnte man tatsächlich schnell an einen Generationswechsel denken. Doch ist es nicht vielmehr so, dass heute viel weniger in Generationen gedacht wird? Sind die Zeiten, als der Kapitän im Team der große Platzhirsch war, mit dem man entweder gewann oder unterging, vorbei? Setzten die Mannschaften nicht längst auf Doppelspitzen bei Rundfahrten, unabhängig des Alters? Sind Fahrer wie Carapaz oder Bernal überhaupt die gleiche Generation Radsportler? Phu, (Generations)Fragen über Fragen.
Persönlichkeiten prägen den Sport. Ausnahmesportler prägen eine Zeit. Cancellara vs Boonen war eine eigene Epoche bei den Klassikern. Ähnlich wie Armstrong vs Ullrich bei der Tour – mit dunklen Flecken und Schauder im Nacken. Werden wir sowas in Zukunft noch sehen, bei der Zahl neuer junger Sportler, die ständig nachdrängen und den flexiblen Taktiken der Teams bei allen Rennen? Vielleicht ja, vielleicht nein. Was man allerdings vermeiden sollte ist, mit dem Ausrufen des Generationswechsels die Alten direkt abzuschreiben. In den Top-10 des UCI World Ranking ist nur ein Fahrer jünger als 25. Aber drei sind älter als 35. 
*Pagacar kurz vor seinem 22. Geburtstag