Profil der 17. Etappe der Vuelta 2020

Rund 180 Kilometer ist diese letzte Bergetappe der 75. Vuelta lang. Noch einmal müssen sechs Berge und ingesamt mehr als 4000 Höhenmeter bewältig werden. Erst am Gipfel des Alto de La Covatilla steht der Gesamtsieger fest. Es ist die letzte schwere Prüfung, die letzte Chance zum Großangriff. Ganz sicher wird Primoz Roglic Angriffe der härtesten Konkurrenten abwehren müssen. Doch es scheint, als sei ihm das Trikot kaum noch zu nehmen.
Am Ende einer schweren Vuelta, nach einer komischen Saison und harten Tagen wird diese letzte Bergetappe von den Top-Fahrern noch einmal alles abverlangen. Dabei kann es durchaus zu Überraschungen kommen. Hat sich ein Fahrer nicht richtig erholt, durch die Belastung und den Regen der vergangenen Tage, kann er auf dieser schweren Etappe extrem viel Rückstand kassieren. 
Primoz Roglic schien zuletzt stark genug, diesen Sieg nach Hause zu bringen, aber auch er braucht einen weiteren starken Tag. Denn Richard Carapaz wird ganz sicher einen Angriff starten. Enric Mas muss mit dreieinhalb Minuten Rückstand eine wilde Aktion bringen, um vielleicht doch noch einmal das Podium anzugreifen. Da er nach hinten ausreichend Puffer hat, kann er durchaus Risiko gehen. Sein Movistar-Team ist stark und ganz sicher gewillt, noch einmal voll anzugreifen.
Daniel Martin hingegen hat wenig Team-Unterstützung, ist aber ein zäher Knochen, wird ganz sicher versuchen, die Minute zum Podium doch noch rauszuholen. Eine wilde Aktion ist von ihm nicht zu erwarten, denn Gesamtrang vier würde seine beste Grand-Tour-Platzierung bedeuten. Er wird schauen, ob in der Schlusssteigung einer der Kontrahenten Probleme bekommt und dann versuchen seine Chance zu nutzen. 
Auch Hugh Carthy wird nicht ungestüm am ersten Anstieg davonstiefeln, denn ein Platz auf dem Podium der Vuelta wäre ein Riesenerfolg für den Briten. Aber sieht er seine Chance, wird er ganz sicher versuchen am letzten Berg anzugreifen. 
Richard Carapaz hat den Giro bereits gewonnen und wird sicher bereit sein, für die Chance auf den Sieg auch Rang zwei zu riskieren. Er würde zudem gern einen Etappensieg mitnehmen. Sein Team scheint jedoch nicht so stark, wie das von Primoz Roglic.
Da es wohl Gegenwind in der Schlusssteigung gibt, spricht das eher für Roglic und seine starke Jumbo-Visma-Armada. Sie müssen das Rennen nicht bestimmen, können sich auf Carapaz und Carthy konzentrieren und die Angriffe abwehren. 
Es spricht viel für einen Sieg von Primoz Roglic, aber egal wer am Abend von den verbliebenen viereinhalb Favoriten das Rote Trikot überstreift, nach all den schweren Etappen ist er der verdiente Sieger dieser Vuelta.



 

Die Strecke

Karte der 17. Etappe der Vuelta 2020

Die erste Steigung des Tages wartet bereits nach rund 40 Kilometern. Der Portillo de las Batuecas ist ein langer und schwieriger Berg. Gut möglich, dass man hier bereits versucht, das Tempo anzuziehen um den Druck zu erhöhen.
 
 
Puerto del Portillo de las Batuecas

Nach der Abfahrt geht es weiter auf und ab. Es folgen der Alto de San Miguel de Valero Alto de Cristóbal, der Alto de Peñacaballera, der Alto de la Garganta. Alles keine Monsterberge, aber nach drei schweren Wochen wird hier niemand mehr frisch locker hinaufrollen. Die Anstiege sind meist nur um die fünf Prozent steil, weshalb sie in die 3. Kategorie eingestuft wurden. Nur der Gargante zählt zur 2. Kat. 
Das große Bergfinale gibt es dann am Alto de La Covatilla. Am Fuße noch moderat steil, geht es im Mittelteil meist mit zweistelligen Steigungsprozenten bergan. Hier bietet sich die Chance zur Attacke. Doch das Gelände ist offen und der Wind wird den Fahrer laut Vorhersage entgegenblasen.
 
Alto de La Covatilla

 

Die Favoriten

Es ist durchaus möglich, dass sich eine Gruppe zu Beginn soweit absetzen kann, dass sie den Tagessieg unter sich ausmachen. Doch je eher eines der Favoriten-Teams das Tempo anzieht um die Konkurrenz unter Druck zu setzen, desto schwerer wird es für Ausreißer. Zudem wird es wohl nur einem echten Kletterer gelingen, in der langen Schlusssteigung die Verfolger auf Distanz zu halten. Michael Woods, David de la Cruz, Marc Soler – Fahrern dieser Kategorie wäre es zuzutrauen.  Doch mit den geringen Abständen in der Gesamtwertung und dem Gegenwind in der Schlusssteigung, spricht einiges für einen Etappensieger aus der Gruppe der GC-Fahrer.
Primoz Roglic ist endschnell und sicher einer der Favoriten. Doch rollt er am Hinterrad der Konkurrenz über die Linie, hat er diese Vuelta fast gewonnen. Er hat einige Etappensiege eingefahren und könnte den Moment auskosten, statt voll zu sprinten. Allerdings ist er nicht dafür bekannt, Chancen verstreichen zu lassen.
Richard Carapaz wird ganz sicher alles versuchen, diese Etappe zu gewinnen. Doch will er seine letzte Chance auf Rot ergreifen, muss er taktisch offensiv fahren. Er muss Roglic wirklich abhängen und kann nicht auf den Sprint warten. Vielleicht muss er deshalb die Chance auf den Etappensieg opfern, um Rot noch ein letztes Mal angreifen zu können.
Hugh Carthy ist bergauf bockstark und wäre mit einer späten Attacke ganz sicher einer der Top-Favoriten auf den Tagessieg. Dan Martin hat am Covatilla bereits gewonnen und würde das sehr gern wiederholen. 
Belauern sich die GC-Fahrer, könnten Vlasov, Großschartner oder Poels davon profitieren. Oder ist Roglic so stark, dass er Sepp Kuss grünes Licht gibt und der sich mit dem Etappensieg belohnt?
***** Hugh Carthy
**** Primoz Roglic, Alexander Vlasov
*** Sepp Kuss, Michael Woods
** Richard Carapaz, Daniel Martin, Marc Soler
* Felix Großschartner, Davide Formolo, Enric Mas, G. Martin
Start: 12:10 Uhr
Ziel: ~ 17:15 Uhr