Kann für das erfolgsverwöhnte Team Ineos eine Saison „erfolgreich“ sein, wenn man nicht die Tour de France gewinnt? Ja und nein. Nein, weil die Tour ist die Tour und in jedem Jahr DAS Ziel der britischen Equipe. Doch wenn die Leader nach Stürzen (und anderen Problemen) ausfallen, man dennoch einen Etappensieg feiert und anschließend den Giro d’Italia mit dem 25-jährigen Rundfahrt-Talent Tao Geoghegan Hart gewinnt, fällt es schwer, von Misserfolg zu sprechen. Zudem Richard Carapaz, der bei der Tour früh stürzte und als Co-Leader ausfiel, bei der Vuelta aufs Podium kletterte.

Dennoch, Ineos war 2020 lange nicht so stark, wie früher Sky. Weder bei der Tour, als man Jumbo-Visma die Rolle des tonangebenden Teams überlassen musste, noch beim Giro oder der Vuelta. Beim Giro holte man mit Filippo Ganna, Geoghegan Hart und Jhonatan Narváez insgesamt beeindruckende sieben Etappensiege – doch abgesehen von dem intergalaktischen Auftritt von Rohan Dennis in der Schlusswoche war man in den Bergen deutlich schwächer, als etwa das Team Sunweb.

Direkter Wiederaufstieg

Die Saison 2020 war kein Schritt nach vorn, sondern einer abwärts in der Hierarchie der großen Rundfahrten-Teams. Für ein Team mit nahezu absurd großem Budget natürlich kaum zu akzeptieren. Demnach wird für 2021 kräftig aufgerüstet. Altmeister Richie Porte hakt nach dem Podiumsplatz bei der Tour das Thema „GC-Leader“ ab und wird Helfer. Dazu kommen Adam Yates, Laurens De Plus und Daniel Felipe Martínez.

Form-Frage

Kommen Pavel Sivakov, Egan Bernal und Ivan Sosa in die Form vergangener Jahre, wird man mit Richard Carpaz, Egan Bernal, Geraint Thomas, Geoghegan Hart und Co wieder eine Monster-Truppe für die Grand Tours aufstellen. Doch man muss genau analysieren, woran es gelegen hat, dass viele der Ineos-Jungs 2020 nicht annähernd in die Form der Vergangenheit kamen, und weit weg von der Jumbo-Visma-Konkurrenz fuhren. Von Fahrern wie Gianni Moscon und Ivan Sosa hat man fast gar nichts gesehen.

Lag es am fehlenden Höhentraining, was man sonst obligatorisch in Teneriffa abhält? Oder passte die Trainingssteuerung im Lockdown nicht? Man wird mit Hochdruck an der Aufklärung arbeiten und dann 2021 wieder voll angreifen. Denn der Anspruch des Teams ist nicht „gut“, oder „sehr gut“ – sie wollen das beste Team der Welt sein. Und natürlich das Gelbe Trikot durch Paris kutschieren.