Es ist die erste richtige Bergetappe dieses 104. Giro d’Italia. Rund 3500 Höhenmeter auf 160 Kilometern und ein langer Anstieg zum Ziel. Für die Klassementfahrer wird es eine echte Standortbestimmung sein und ganz sicher verspüren einige von ihnen eine deutliche Anspannung vor dem Rennen. Denn anders als auf dem Weg nach Sestola am Dienstag, ist es keine kurze heftige Rampe, sondern ein mehr als 15 Kilometer langer Anstieg, der zum Ziel führt.
Den Tagessieg könnte sich erneut ein Ausreißer holen. Die Favoriten auf den Gesamtsieg schauen nur auf sich, da könnte eine starke Ausreißergruppe auf der ersten Rennhälfte vielleicht ausreichend Vorsprung herausfahren um am Ende noch vor den Top-Favoriten das Ziel zu erreichen.
Doch entbrennt der Großkampf der Top-Rundfahrer, wird es für die Ausreißer sehr schwer, sich vorn zu behaupten. Die Gesamtwertung und auch der Kampf um Rosa dürften nach dieser Etappe ein viel klareres Bild geben. Es dürfte ein aufschlussreicher Tag mit einem interessanten Finale werden.
Die Strecke
Nach dem Start geht es es gen Süden und es wartet direkt ein kleiner Anstieg. Vielleicht formt sich hier die Gruppe des Tages – denn kurze Anstiege zu Beginn ermöglichen es starken Fahrern meist, eine größere Gruppe zu initiieren.
Die Zusammensetzung dieser Gruppe wird dann entscheiden, wie viel Vorsprung man ihnen gibt. Bis zur ersten Sprintwertung nach rund 55 Kilometern geht es tendenziell leicht bergauf, mit einigen kurzen Anstiegen und Abfahrten.
Der erste lange Anstieg des Tages beginnt dann nach etwa 80 Rennkilometern. Der Forca di Gualdo ist nur als Berg der zweiten Kategorie eingestuft, wovon man sich nicht täuschen lassen sollte. Denn anders als bei der Tour, geht es beim Giro nur bis Kategorie 1 – ohne die HC-Kategorie.
Dieser Forca di Gualdo hat 10,4 Km Länge, bei 7,4% Steigung – das ist ein ernstzunehmender Anstieg, der zudem recht unregelmäßig hinauf führt. Möchte ein Team in der teils moderaten Schlusssteigung angreifen, könnte man bereits hier ein hohes Tempo anschlagen und den Druck erhöhen.
Nach der Bergwertung folgt nur eine sehr kurze Abfahrt und es geht erneut bergauf. Erst nach der nächsten Bergwertung, am Forca di Presta geht es in eine sehr lange Abfahrt zum Fuße der Schlusssteigung.
Der obere Teil dieser Abfahrt ist technisch durchaus anspruchsvoll. Hier gibt es einige enge Kurven und die Fahrer müssen aufmerksam sein. Der untere Teil hingegen ist schnell und unkompliziert.
Da es in den Mittagsstunden durchaus auch die Chance auf etwas Niederschlag in der Region gibt, hoffen sicher einige Fahrer, dass es zumindest dort trocken bleibt.
Die Schlusssteigung ist lang, aber nicht supersteil. Nur 6,1% im Schnitt lassen diesen Berg der 2. Kategorie schnell als „Rollerberg“ erscheinen. Aber nur die ersten 10 Kilometer sind mit ~5% noch recht „flach“. in der „Ortschaft“ Colle San Marco gibt es sogar ein kurzes Flachstück, bevor es in die letzten 5 km geht. Diese haben dann aber im Schnitt 7,6% . Ideales Terrain für eine Attacke!
Die Sprintwertungen:
km 54.7 Pieve Torina
km 144.3 Ascoli Piceno
Die Bergwertungen:
km 88.1 – Forca di Gualdo – m 1496 (2a cat.)
km 100.4 – Forca di Presta – m 1536 (3a cat.)
km 160 – ASCOLI PICENO (San Giacomo) – m 1090 (2a cat. – arrivo)
Die Favoriten
Es stellt sich zunächst die Frage, ob denn eine Ausreißergruppe die Chance hat, durchzukommen. Ist es keine kleine Gruppe und sind einige starke Kletterer dabei, ist das schon möglich – denn im Feld wird frühestens ab dem ersten langen Anstieg Tempo gefahren. Jedoch darf man sich fast sicher sein, dass irgend eine Mannschaft etwas probieren will, und im Feld durch ein hohes Tempo die Konkurrenz unter Druck setzt. Das hätte man beispielsweise von Bahrain-Victorious erwarten können, doch sie haben ihren Leader Mikel Landa leider bei einem Sturz verloren.
Starke Fahrer, die in der Gesamtwertung jedoch ungefährlich sind, hier aber den Tagessieg holen könnten, gibt es einige. Davide Villella, Michael Storer, Gianluca Brambilla, Geoffrey Bouchard, Bauke Mollema, Tony Gallopin, Clément Champoussin, Gino Mäder, Einer Augusto Rubio, Natnael Berhane, ….
Man darf gespannt sein, wer es in die Gruppe des Tages schafft und ob das Feld lange still hält. Israel StartUp Nation wird eine größere Gruppe ganz sicher nicht ohne Hilfe an der kurzen Leine halten können.
Bei einigen Teams wird man an diesem Tag potenzielle Helfer für den Kapitän lieber an der Seite des Leaders lassen. Der erste Berg wird das Favoriten-Feld vielleicht ausdünnen und auf dem Weg zur Schlusssteigung ist die Positionierung sehr wichtig. Zudem profitiert man im unteren Teil des Schlussanstiegs noch enorm vom Windschatten. Die klassische Relais-Station wird man dann sicher an anderen Tagen häufiger als taktisches Mittel sehen.
Favoriten-Kampf um den Tagessieg?
Wird wirklich bereits ab dem ersten langen Anstieg des Tages hohes Tempo gefahren, wird es am Ende wohl deutliche Abstände zwischen den Top10-Favoriten geben. Egan Bernal sah in Sestola extrem stark aus. Simon Yates haderte, genau wie George Bennett vielleicht etwas mit dem Wetter. Alexandr Vlasov scheint in guter Form und er würde zu gern einen Etappensieg einfahren – ihm fehlt noch ein WorldTour-Etappenerfolg.
Romain Bardet sollte man auch nicht unterschätzen. Hugh Carthy und Remco Evenepoel natürlich auch. Vielleicht schickt das Ineos-Team auch einen der Helfer in der Schlusssteigung voraus, um der Konkurrenz die Verantwortung zu übertragen. Dann könnte auch ein Daniel Felipe Martínez diese Etappe gewinnen.
Ein sehr wahrscheinliches Szenario ist jedoch, dass die „großen Jungs“ um den Tagessieg und das Rosa Trikot fahren. Bernal, Vlasov, Yates, Carthy, Bardet, … – das sind wohl die Top-Favoriten auf den Etappensieg.
***** –
**** Egan Bernal, Alexandr Vlasov
*** Simon Yates, Hugh Carthy, D. Martinez,
** B. Mollema, G. Brambilla, D. Villella, R. Bardet, D. Martin
* V. Conti, G. Bouchard, G. Ciccone, R. Evenepoel, G. Mäder, P. Bilbao
Start: 12:40 Uhr
Ziel: ~17:15 Uhr
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