Das Team DSM hat eine sehr erfolgreiche Spanien-Rundfahrt hingelegt. Man trat ganz anders auf, als bei der Tour de France, wo wenig zusammenlief. Bei der Vuelta holte man drei Etappensiege und das Bergtrikot mit Michael Storer. Das Team war eine der positiven Überraschungen. „Wir waren im Juli mit der Truppe im Trainingslager und haben uns vorbereitet. Anschließend waren wir mit den meisten der Vuelta-Fahrer bei der Burgos-Rundfahrt. Ich wusste, dass wir eine extrem starke Mannschaft für die Vuelta haben – ich hatte das schon so erwartet“, sagt der Sportliche Leiter Matt Winston.
Dabei lief zu Beginn nicht alles perfekt – Leader Romain Bardet, im Mai Siebter des Giro, stürzte auf der fünften Etappe und musste alle Ambitionen für die Gesamtwertung begraben. Ein bitterer Moment für DSM. „An diesem Tag haben wir dennoch eine gute Teamleistung gezeigt und mit Alberto (Dainese) Rang drei geholt“, merkt Winston an. Es sei ohnehin die Idee gewesen, sich eher auf Tagesresultate zu konzentrieren, als auf einen guten Platz in der Gesamtwertung. So hatte man das allerdings auch vor dem Giro angekündigt, wo Bardet dann doch um seine Position im GC kämpfte. Das Team wolle insgesamt lieber offensiv Rennen fahren, die Rennen aktiv gestalten. Bei der Vuelta funktionierte das herausragend. Auch Bardet, der nach dem Sturz einige schwierige Tage hatte, holte sich einen Etappensieg.
Bei der Tour zuvor klappte jedoch wenig, ganz anders, als im Jahr zuvor, als man mit der Offensiv-Taktik noch drei Etappensiege holte. „Wir waren auch bei der Tour 2021 nah dran, gute Ergebnisse einzufahren und hatten zu Beginn viel Pech mit Stürzen“, erklärt Winston. Das Wichtigste sei, dass man an der eigenen Idee vom Radsport weiter arbeitet und den Weg fortsetzt.
Ein wichtiges Element dieses Weges ist, dass die gesamte Mannschaft dem Plan des Teams folgt. Bei der Vuelta war man meist mit mehreren Fahrer in den Ausreißergruppen vertreten und jeder verfolgte eine klare Aufgabe. „Ja, wir hatten meist mehrere Fahrer in den Gruppen. Aber es hat immer das gesamte Team daran gearbeitet, dass wir die richtigen Fahrer in den Ausreißergruppen hatten. Wenn wir in die Gruppe gehen, dann machen wir das um erfolgreich zu sein. Mit mehreren Fahrer hat man bessere Chancen. So hat man Fahrer mit dabei, die in der Gruppe helfen können“, so Winston. Ein klarer Plan und das volle Commitment des Teams – so die Erfolgsformel.
Das kann dann auch zu ungewöhnlichen Situationen im Rennen führen, wie auf der 19. Etappe der Vuelta. Nico Denz war in der Ausreißergruppe um den späteren Sieger Magnus Cort, erfüllte aber „nur“ seine Aufgabe für den Sprinter Alberto Dainese im Feld. Das Team DSM jagte den Ausreißern hinterher und wollte unbedingt für einen Sprint sorgen – Denz an der Spitze musste seine Ambitionen eben hinten anstellen, was er laut Winston ganz selbstverständlich tat. „Ich bin stolz, wie die Mannschaft an diesem Tag gefahren ist. Wir haben unseren Plan verfolgt und jeder hat seinen Beitrag dazu geleistet. Wenn wir das immer weiter so hinbekommen, werden wir erfolgreich sein“, sagt Winston uns betont, dass die gesamte Mannschaft mit der gezeigten Leistung happy war. „Wir waren 20 Sekunden vom Sieg entfernt – das war der Unterschied zwischen Platz acht und dem Etappensieg“, sagte Winston. Dainese gewann den Sprint des Feldes hinter den sieben Ausreißern.
Der Prozess werde den Erfolg bringen, ist sich Winston sicher. Das Team hat viele junge Talente, wie eben Sprinter Dainese, der mehrfach nah am Etappensieg war. Auch weil er die volle Unterstützung von Denz bekam. „Nico ist eine exzellente Vuelta gefahren. Wir haben schon bei der Burgos-Rundfahrt gesehen, dass er und Alberto ein gutes und harmonierendes Duo bilden. Sie haben ihre Aufgabe beide sehr gut erledigt“ lobt Winston und fügt an: „Nico ist nicht nur ein guter Anfahrer, sondern auch ein top Motivator“.
Viel Potenzial
Die Mannschaft hat viele junge Fahrer mit reichlich Potenzial, wie auch der 21-jährige Thymen Arensman, der eine starke Vuelta fuhr. Winston war von dessen Vuelta-Auftritt nicht überrascht. „Ich habe ihn viel im Training gesehen, wusste war drauf hat. Er ist ganz sicher ein Fahrer mit großem Potenzial. Es war für mich schön zu sehen, dass er im Vergleich zum vergangenen Jahr einen weiteren Schritt gemacht hat“, sagt Winston.
DSM hatte in der jüngsten Vergangenheit Probleme, weil nicht alle Fahrer der Idee des Teams folgen wollten. Einige Fahrer verließen bereits das Team, Talente wie Ilan Van Wilder wollen die Mannschaft auch verlassen. Team DSM ist keine Mannschaft in der nach Bauchgefühl Entscheidungen getroffen werden. Mit allen Mitteln wird versucht, zu professionalisieren und über wissenschaftliche Strukturen für mehr Erfolg zu sorgen. Immer wieder empfinden Sportler das strukturierte System als zu eng geschnürtes Korsett.
Sportlich lief es in diesem Jahr nicht immer rund, nicht umsonst steht man am Ende der Weltrangliste. Doch bei dieser Vuelta präsentierte man sich extrem stark und war zudem erfolgreich. Bei DSM wird man diesen Auftritt als Beleg dafür sehen wollen, dass der eigene Plan vom Radsport funktioniert. Auf den Auftritt bei der Vuelta ist man zurecht stolz: „Wenn ich sehe, wie wir mit 4-5 Fahrern in der Ausreißergruppe zusammenarbeiten, oder die gesamte Mannschaft an der Spitze des Feldes Tempo macht – wenn wir so weiter zusammenarbeiten, werden wir erfolgreich sein. Man kann nicht immer gewinnen, aber wenn man als Team so zusammenarbeitet und gut kommuniziert – das macht mich stolz“, so Winston.
Für DSM war die erfolgreiche Vuelta ganz sicher von großer Bedeutung. Nicht nur, weil man dem neuen Sponsor zeigen wollte, dass dessen Investition lohnend ist. Denn gutes Teamwork strahlt auf die gesamte Mannschaft aus. Hinter DSM liegt ein schwieriges Jahr und erneut werden mit Jai Hindley und Michael Storer Leistungsträger die Mannschaft verlassen. Tritt das Team künftig noch häufiger so auf, wie bei der Vuelta, wird man ganz sicher auch bald wieder im Ranking nach oben klettern.