Saison 2021: Die Bilanz der WorldTour-Teams | Team DSM – eine katastrophale Saison

In einer Serie schauen wir auf die Leistungen der World-Tour-Teams im Jahr 2021. Eine ganz schwache Saison bedeutet das Schlusslicht in der WorldTour. Rang 21 im WorldRanking.

Michael Storer

Das Jahr 2021 will man beim Team DSM sicher möglichst schnell abhaken und lieber nach vorn schauen. Am Ende einer katastrophalen Saison steht man ganz unten im WorldRanking. Kein anderes WorldTeam hat weniger Punkte eingefahren als die niederländische Mannschaft mit deutscher Lizenz. Auch wenn es sportlich im letzten Saisondrittel noch einige Siege zu feiern gab, wird man auch teamintern enttäuscht sein. Acht Siege gelangen, allein drei davon bei der Vuelta – Michael Storer (sogar zwei) und Romain Bardet holten die Etappensiege bei der Spanien-Rundfahrt. Cees Bol holte früh im Jahr einen Tagessieg bei Paris-Nizza und Nikias Arndt gewann eine Etappe der Polen-Rundfahrt – das waren die fünf Siege auf WorldTour-Ebene.

Schwache Klassiker und enttäuschende Tour

Vor allem bei den Klassikern und ausgerechnet bei der Tour de France enttäuschte das Team. Bei den Pflaster-Klassikern gelang kein Top10-Resultat. Sören Kragh Andersen war nicht in der Lage, bei den Besten mitzufahren und Tiesj Benoots 12. Platz bei der Ronde war auch nicht das Wunschergebnis. In den Ardennen lief es kaum besser – immerhin wurde Benoot 7. in Lüttich. 

Bei der so wichtigen Tour de France war das Team kaum sichtbar. Casper Pedersens dritter Platz in Libourne aus einer Ausreißergruppe und der 10. Platz von Cees Bol im Massensprint in Valence waren die einzigen Top10-Tagesresultate. Viel zu wenig für ein Team, das im Jahr zuvor noch drei Tour-Etappensiege holte.

Die Giro/Vuelta-Truppe zeigt ein anderes Gesicht

Ganz anders als bei den Klassikern und der Tour präsentierte sich das Aufgebot beim Giro und bei der Vuelta. Der Kader bei beiden Rundfahrten war sehr ähnlich – die Truppe um Romain Bardet, Michael Storer, Chris Hamilton, Nico Denz & Co. lieferte sowohl in Italien, als auch in Spanien eine ordentliche Vorstellung ab. Romain Bardet wurde Gesamtsiebter beim Giro und holte bei der Vuelta nach einem schweren Sturz zu Beginn später sogar noch einen Tagessieg. Michael „Zerstörer“ Storer konnte (endlich) sein Potenzial abrufen und holte sich bei der Vuelta zwei Etappensiege und fuhr insgesamt (4 Siege) die Hälfte der Saisonsiege des Teams ein! 

Große Probleme

Am Beispiel von Michael Storer werden Teile des Problems im Team sichtbar. Den eigenwilligen Australier mit viel körperlichem Potenzial holte man früh ins Team, bot ihm im Keep Challenging Center Infrastruktur und zu Hause und baute ihn auf.  Nun, da er in der Weltspitze angekommen ist, verlässt er das Team. Man entdeckte sein Talent früh, baute ihn auf und lässt ihn dann (leichtfertig) ziehen. Diese Geschichte wiederholt sich bei der Mannschaft von Iwan Spekenbrink immer wieder. Auch in diesem Jahr. So wurde der Vertrag von Marc Hirschi vor der Saison plötzlich aufgelöst und Hirschi, Shootingstar 2020, wechselte zu UAE. Im Herbst nun der „Fall Ilan Van Wilder“. Auch der Niederländer wollte das Team unbedingt verlassen und seinen Vertrag vorzeitig auflösen. Das Team war von dessen Verhalten genervt und pochte auf die Einhaltung des Vertrags. Immer wieder hatte Van Wilder seine Social-Media-Kanäle genutzt, um gezielt Stimmung gegen sein Team zu machen. Nun einigte man sich doch und Van Wilder, eines der größten Talente weltweit, wechselt zu QuickStep. Nach Tom Dumoulin, Warren Barguil, Marc Hirschi und Marcel Kittel ist es nun Van Wilder, der vorzeitig das Team von Iwan Spekenbrink verlässt. Und mit Tiesj Benoot steht bereits der nächste vor dem vorzeitigen Absprung.

Umbruch

Nach dem katastrophalen Jahr 2021 hat man einen Umbruch eingeleitet. Nico Roche, Felix Gall, Jai Hindley, Jasha Sütterlin, Max Kanter, Chad Haga, Van Wilder und Storer gehen. Neu ins Team kommen die jungen Talente Marius Mayrhofer, Frederik Rodenberg, Leon Heinschke, Henri Vandenabeele und Altmeister John Degenkolb. Degenkolb gehörte bereits vor Jahren zur Mannschaft von Iwan Spekenbrink, sorgte damals für Teamsiege bei Monumenten und soll nun seine Erfahrung einbringen und dem sehr, sehr jungen Team Stabilität geben. Auch der sehr erfahrene Ex-Profi Marcel Sieberg wurde als Sportlicher Leiter verpflichtet. 

Das Team muss nach dem schwachen Jahr schnell wieder in die Erfolgsspur finden, sonst dürfte es ungemütlich werden. Teamchef Spekenbrink kann man es sicher hoch anrechnen, dass er im Corona-Jahr 2020 das Unternehmen DSM als Nachfolgesponsor von Reiseunternehmen Sunweb gewinnen konnte. Die strikte Philosophie des Teams, deren strenge Regeln immer wieder Fahrer als zu enge Ketten empfinden, beschert dem Team immer wieder Kritik und Häme von Fans und Fahrern. Doch stets ist es der Mannschaft gelungen, nach schwachen Phasen wieder in die Erfolgsspur zurückzufinden. Viel Talent steckt ganz sicher in der Truppe, die weiter extrem jung ist. Mehr als die Hälfte der Fahrer ist 23 Jahre alt, oder jünger. John Degenkolb ist mit seinen 32 Jahren der älteste Fahrer im Kader. Acht deutsche Profis wird man 2022 haben, ebensoviele wie Bora-hansgrohe.

Nach der schwachen Saison kann es eigentlich nur besser werden, mag man meinen. Es braucht einen neuen Spirit im Team, der die gesamte Mannschaft antreibt, nicht nur einzelne Grüppchen. Die Verbindung zwischen Teamleitung, Sportlichem Management und Fahrern muss neu aufgebaut werden – eine Einheit geschaffen werden. Gelingt dies, wird man ganz sicher wieder in die Erfolgsspur finden, denn Talent gibt es im Team reichlich. Gibt es weiterhin Spannungen im Team und drängen erneut einige Fahrer auf einen frühen Abgang, wird das der Stimmung in der Mannschaft nicht gut tun. Man darf gespannt sein, wie sich das Team DSM 2022 präsentieren wird.


–> Die anderen Folgen der Reihe „Saisonbilanz