Zunächst die obligatorische Dezember-Frage: Wie bist du bislang durch den Winter gekommen?
Bis jetzt sehr gut. Das Wetter war solala, aber ich hatte nur 2-3 Tage wo ich nicht gut trainieren konnte. Aber da gibt es ja ganz gute Methoden, wie man drumrum arbeiten kann. Es lief bislang wirklich ganz gut, ich hab deutlich mehr trainiert, als vor einem Jahr. Aber dennoch tut die Sonne Spaniens jetzt ganz gut.
Ich habt also wieder das obligatorische Trainingscamp im Dezember im Spanien?
Ja. Im vergangenen Jahr war das wegen Corona alles nicht so einfach, aber in diesem Jahr läuft es wieder, wie zuvor und wir sind in Calpe. Es ist schon gut, wenn man vor Weihnachten ordentlich trainieren kann. Bei gutem Wetter ist es eben einfacher 5-6 Stunden abzureißen, als daheim bei Regen oder Schneefall. Ich werde sogar noch einige Tage länger bleiben und noch einen Block dranhängen. Dann gehts zur Familie zurück und das Weihnachtsfest steht an.
Zu Hause trainierst du viel allein, genießt du es im Trainingslager mit den Kollegen zu trainieren?
Schon, ja. Es ist gut, wenn man sich vor der Saison sieht und das gemeinsame Training ist immer schön. Ich hab kein Problem daheim allein zu trainieren, aber so geht es dann im Dezember doch etwas leichter von der Hand.
Im letzten Saisondrittel 2021 warst du vor allem auch als Sprintanfahrer im Einsatz – wird das so bleiben?
Es wird schon so sein, dass ich künftig auch im Leadout eingesetzt werde. Ich bin für das Training auf jeden Fall in die Sprintgruppe einsortiert, wobei die Gruppen beispielsweise auch in Richtung Klassikerfraktion durchlässig sind. Der Fokus wird 2022 aber schon auf den Sprints liegen, heißt aber nicht, dass ich nichts anderes machen kann.
Wir haben in diesem Jahr gute Erfahrungen mit Alberto (Dainese) gesammelt, beispielsweise bei der Vuelta. Das wollen wir fortsetzen und ausbauen. Aber ich denke, es ist eine meiner Stärken, dass ich flexibel einsetzbar bin. Beim Giro 2020 hab ich viel für die GC-Jungs gearbeitet und auch bei den Klassikern kann ich wertvoll sein. Ich bin inzwischen sechs Jahre Profi, war bei den Klassikern einige Mal dabei und kann mit diesen Erfahrungen dem Team helfen, auch wenn ich nicht unbedingt der Fahrer bin, der am Ende das Ergebnis einfährt.
Das heißt, du wirst bei den Klassikern wieder dabei sein?
Ja, davon gehe ich aus.
Steht der Rennplan schon im Detail?
Wir machen immer Ende des Jahres den Plan, wobei die Eckpunkte schon vor dem Dezember stehen. Der Fokus auf die Sprints ist klar, die Klassiker sind geplant, was für mich persönlich toll ist, da ich die Rennen und die Atmosphäre wirklich mag. Und ich werde auch wieder eine Grand Tour fahren. Welches Rennen es dann ganz genau wird, das müssen wir zu einem späteren Zeitpunkt besprechen (lacht).
Hat sich für dich durch die Einsortierung in die Sprintgruppe viel verändert, hast du beispielsweise einen neuen Trainer bekommen?
Ja, da hat sich durch die Umstrukturierung bei uns schon einiges getan. Das Team hat die Arbeit der Experten so angepasst, dass sie noch mehr ihre Stärken einbringen können. Das betrifft in der Sprintgruppe beispielsweise Roy Curvers, aber wir haben mit Marcel Sieberg noch einen weiteren supererfahren Sprintanfahrer hinzubekommen, der seine Expertise einbringt. Da gab es auch für mich Veränderung, aber bislang gestaltet sich das alles sehr positiv, auch mit Trainer und Coach.
Wie kann man sich das im Detail vorstellen?
Es ist schon so, dass die Coaches viel mit den jeweiligen Fahrern unterwegs sind. Die haben dann ein ganz anderes, viel direkteres Feedback. Es muss dann beispielsweise nicht erst der Race-Coach weitergeben, wie der Sprint ablief, sondern Roy oder Siebi sind direkt dran, können das aufgrund ihrer Erfahrung natürlich direkt bewerten und gezielt darauf eingehen. Zudem gab es auch durch die Umstellung bei den Trainern für mich einen Trainerwechsel, aber bislang hat das wirklich bislang gut geklappt und mich freut vor allem, dass es auch menschlich direkt passt. Was diesen Bereich betrifft, bin ich wirklich optimistisch.
Für euer Team lief es 2021 nicht wie gewünscht. Du warst in der Gruppe unterwegs, bei der es beim Giro und der Vuelta gut lief – sagt dann beispielsweise ein Romain Bardet, den du ja auch schon von AG2R kennst, ‚Nico, mit uns passt es gut, ich würde dich gern bei dieser oder jener Grand Tour dabei haben‘?
Naja, auch wenn es im Team einige Fahrer gibt, die sich vielleicht etwas mehr verstehen, oder länger kennen, wir gehen als Team an die Planung da schon etwas anders ran. Aber zunächst zu dem ersten Teil der Frage: Ja, es stimmt, ich war in der Gruppe beim Giro und der Vuelta, die vielleicht etwas erfolgreicher war. Ich muss da auch klar sagen, dass wir immer eine gute Stimmung in unserer Gruppe hatten. Keiner hat schlechte Vibes verbreitet, oder so. Wir haben einfach als Team gut zusammengearbeitet, hatten Spaß an dem was wir machen und pushen uns dann auch gegenseitig nach oben. Ich denke, gerade beim Giro und der Vuelta konnte man das auch im Rennen sehen.
Was Romain betrifft, denke ich schon, dass er Wünsche formulieren kann, allerdings wird die Entscheidung dann nicht allein von ihm getroffen. Wir haben ein Performance-Team, das die Ziele definiert und dann einen detaillierten Plan für das Rennen erstellt und die optimale Gruppe für das Erreichen der Ziele formiert. Als Beispiel: Beim Giro haben wir uns auf die Gesamtwertung konzentriert, dann wurde geschaut, mit welchem Fahrer man das gesteckte Ziel erreichen kann und dann überlegt, wie die optimale Mannschaft drumrum aussehen kann. Dann werden genau die einzelnen Rollen der Fahrer definiert. In meinem Falle war es so, dass ich sowohl Max Kanter für die Sprints unterstützen sollte, aber eben auch wichtige Aufgaben für die GC-Jungs erfüllen sollte.
Da sind wir wieder bei der Allzweckwaffe-Denz.
(lacht) Genau. Und um das Thema noch abzuschließen, das Performance-Team macht den Plan, aber etwas wünschen kann man natürlich immer.
Thema wünschen: Gibt es ein Rennen, das du im kommenden Jahr unbedingt fahren möchtest?
Uff. Es ist ja so, dass ich noch keine Tour de France gefahren bin und natürlich ist das ein Traum, das größte Rennen der Welt einmal zu fahren. Also würde ich sagen, die Tour. Allerdings geht der Giro in diesem Jahr am Haus meiner Großmutter vorbei, die in Süditalien lebt, das wäre natürlich auch super. Aber Deutschland Tour mit der Etappenankunft am Schauinsland, was ja nicht sehr weit von mir zu Hause weg ist, wäre auch großartig. Die Klassiker mag ich sowieso. Du hattest gesagt, ich soll ein Rennen nennen, oder? (lacht). Du merkst, es fällt mir echt schwer, es gibt einfach so viele tolle Rennen, auf die man einfach auch immer wieder Bock hat.
Bei so vielen Wünschen erhöht sich auch die Chance, dass sie erfüllt werden – weißt du schon, wie du in die Saison startest?
Nicht im Detail, aber ich denke, dass ich vor den Klassikern vor allem in meiner Rolle als Anfahrer für Alberto (Dainese) einige Rennen fahren werden.
Danke für das Gespräch!