Das deutsche WorldTeam Bora-hansgrohe hat einen Umbruch vollzogen. Peter Sagan hat samt seiner Helferriege das Team verlassen und man hat sich vor allem mit exzellenten Rundfahrern verstärkt. Jai Hindley, Sergio Higuita und Aleksandr Vlasov. Hindley war Zweiter beim Giro 2020, Vlasov Gesamtvierter beim Giro 2021 und Higuita Gesamtvierzehnter bei der Vuelta.

Die neue Ausrichtung des Teams ist klar – Fokus auf die Gesamtwertung bei den großen Rundfahrten. Dennoch will man bei Sprints und natürlich auch den Klassikern Siege einfahren. Der Umbruch im Team ist aber nicht nur auf das Fahrerpersonal beschränkt. Sportdirektor Enrico Poitschke hat das Team ebenso verlassen, wie die Sportlichen Leiter Steffen Radochla und Andre Schulze. Die neue Sportführung besteht aus Rolf Aldag, gemeinsam mit den sportlichen Leitern, zu denen nun auch Torsten Schmidt, Bernhard Eisel und Enrico Gasparotto gehören.


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Die neue Ausrichtung des Teams wird auch beim Rennplan für 2022 deutlich. Zum ersten Mal will man sich bei einer Grand Tour voll auf die Gesamtwertung konzentrieren dies wird der Giro d’Italia sein. Ohne Sprinter, aber mit einer starken Bergmannschaft will man versuchen, in der Gesamtwertung möglichst weit vorn zu landen. Idealerweise um das Podium mitkämpfen.

Großangriff beim Giro

Der Giro wird erneut Emanuel Buchmanns großes Ziel sein. Im Jahr 2021 lief es ordentlich für „Emu“, bis er nach einem Massensturz aufgeben musste. Vor seiner verletzungsbedingten Aufgabe auf der 15. Etappe lag er auf Gesamtrang sechs, nur 45 Sekunden vom Podium entfernt. Die Strecke des Giro d’Italia 2022 dürfte Buchmann erneut liegen. Zwei Zeitfahren (9,2 km+ 17,2 km), aber reichlich Berge sind im Programm der Italien-Rundfahrt 2022. Vor allem die Schlusswoche ist sehr anspruchsvoll und bergig.

Buchmann wird Kapitän des Teams sein und an seiner Seite eine kletterstarke Mannschaft haben. Wilco Kelderman und Jai Hindley sind ebenfalls für den Giro geplant – beide standen bereits auf dem Podium des Giro. So hat man mehrere Optionen im Kampf um eine Top-Platzierung und könnte idealerweise sogar mit Plan B & Plan C in die superschwere Schlusswoche gehen.

Auch Lennard Kämna, der nach seinem schwierigen Jahr 2021 zurück ist, ist für den Giro geplant. Seine offensive Fahrerweise könne sehr gut zu den GC-Ambitionen mit Buchmann, Hindley und Kelderman passen, sagte Sportchef Rolf Aldag.

Wie das Giro-Aufgebot im Detail aussehen wird, bleibt abzuwarten. Sollte im ersten Saisondrittel alles wie geplant laufen, könnten auch der Italiener Giovanni Aleotti und auch Ben Zwiehoff ins Aufgebot rücken.

Tour mit Bennett, Vlasov und Schachmann

Bei der Tour de France wählt man einen anderen Ansatz. Hier will man versuchen, sich gut in Szene zu setzen und möglichst erneut um Etappensiege zu kämpfen. Sprinter Sam Bennett soll bei den Sprints reinhalten und möglichst auch um Grün kämpfen. Als GC-Fahrer ist Aleksandr Vlasov eingeplant. Aber auch Maximilian Schachmann wird auf einigen Etappen seine Chance bekommen. Nicht nur in der ersten Woche könnten Schachmann und auch Felix GroßschartnerPatrick Konrad versuchen, sich in Szene zu setzen. Wie der Tourkader genau aussehen wird, wird man später entscheiden. Vermutlich wird man Bennett einen Anfahrer zur Seite stellen wollen.

Higuita zur Vuelta

Für die Spanien-Rundfahrt ist Neuzugang Sergio Higuita eingeplant. Der leichte Kletterer findet bei der Vuelta ideales Terrain für seine Fähigkeiten. Zuvor soll Higuita aber bereits im ersten Saisondrittel einige Rennen bestreiten, die ihm liegen dürften. Baskenland-Rundfahrt, Katalonien-Rundfahrt und auch ein Start bei Strade Bianche ist geplant.

Klassiker mit unterschiedlichen Strategien

Bei den Klassikern plant das Team Bora-hansgrohe nach dem Abgang von Peter Sagan etwas anders. Klar scheint: Nils Politt wird der Mann für die Pflaster-Rennen sein und Maximilian Schachmann soll in den Ardennen erneut seine Klasse zeigen. Dabei will man die Rennen strategisch unterschiedlich angehen und nicht mehr die „Ein-Kapitän-Strategie“, wie mit Sagan, wählen. „Wir wollen die Rennen individuell bestücken“, sagt Teamboss Ralph Denk.

Für Paris-Roubaix ist Nils Politt der Kapitän und Siegfahrer. Bei Mailand-Sanremo kann Sam Bennett eine Leaderrolle bekommen, für einen möglichen Sprint. Dabei plant man mit einem Fahrer als „Plan B“. Auch bei Gent-Wevelgem könnte man für einen möglichen Sprint mit Bennett planen, würde aber das Team taktisch breiter aufstellen. Für die Ronde van Vlaanderen hat man keinen echten Top-Favoriten für einen Podestplatz, auch dort will man ein Team an den Start stellen, das variabel agieren kann.

Für die Ardennen hat man mit Maximilian Schachmann hingegen einen echten Top-Fahrer, der auch 2022 wieder angreifen soll. Ganz sicher wird man ihm eine starke und ausgewogene Mannschaft für die hügeligen Klassiker an die Seite stellen. Patrick Konrad und Ide Schelling sind Fahrer, die man erneut in den Ardennen erwarten darf. Vielleicht werden auch einige der Fahrer dabei sein, die wenig später beim Giro Kapitän Emanuel Buchmann helfen sollen. Beispielsweise Matteo Fabbro oder auch Giovanni Aleotti. Dazu gibt das Team aber noch keine Auskunft.
Der Plan für Schachmann sieht vor den Ardennen erneut einen Start bei Paris-Nizza vor, wo er bereits zwei Mal siegen konnte. Auch für Mailand-Sanremo wäre er ein Kandidat für den „Plan B“ neben Sam Bennett. Im Jahr 2021 ist Schachmann erstmals die „La Primavera“ gefahren und erreichte als 14. mit der ersten Gruppe hinter Sieger Stuyven das Ziel.

Einen besonderen Blick hat man bei Bora-hansgrohe stets auf die jungen Fahrer. Cian Uijtdebroeks und Luis-Joe Lührs haben die U23-Kategorie übersprungen und gehören zum World-Tour-Team. Man wird sie mit einem individuell angepassten Rennprogramm langsam an das Top-Niveau heranführen und ihnen gleichzeitig auch die Chance geben, um Top-Platzierungen zu fahren. So sind neben kleineren Rennen auch die Freigabe für Rennen im Nationaldress geplant – beispielsweise für die Tour de l’Avenir.