Eine breite Spitze
Bei der Bergankunft in Blockhaus mussten die GC-Fahrer die Karten auf den Tisch legen. Es war eine schwere Etappe mit einer langen und schweren Bergankunft – verstecken ging nicht mehr, jeder All In. Richard Carapaz, Romain Bardet und Mikel Landa waren die Stärksten, doch eben nicht so überlegen, dass sie die Verfolger ausreichend distanzieren konnten. Ein wenig pokern und auf den Etappensieg schielen reichte, um die Verfolger (Jai Hindley, Joao Almeida, Domenico Pozzovivo) wieder rankommen zu lassen. So sprinteten am Ende dieser heftigen Etappe sechs Fahrer um den Tagessieg! Emanuel Buchmann folgte nur wenige Sekunden dahinter und auch Vincenzo Nibali, Alejandro Valverde und Thymen Arensman verloren weniger als eine Minute.
Die Organisatoren werden sich die Hände gerieben haben, denn nun liegen am zweiten Ruhetag dieses Giro die ersten 12 Fahrer in der Gesamtwertung innerhalb von eineinhalb Minuten. Noch alles drin für ein Dutzend Fahrer und reichlich Spannung im Kampf um Rosa – so hatte man es sich sicher gewünscht. Doch dies ist durchaus überraschend, denn das Terrain dieser ersten neun Tage hätte auch eine deutlich klarere Gesamtwertung hinterlassen können. Im vergangenen Jahr waren die Abstände nach Etappe 9 ähnlich groß, doch da war bereits deutlich geworden, dass Egan Bernal der Stärkste ist. In diesem Jahr ist das anders.
Es ist auf dem Weg zum Blockhaus deutlich geworden, dass die absolute Spitze in diesem Rennen eher breit ist. Kein Fahrer ragt oben heraus, der das Rennen nun klar kontrollieren kann. Carapaz, Landa, Bardet – die aktuell stärksten Kletterer, aber eben nur minimal stärker, sind keine besonders guten Zeitfahrer. Man muss nun nach einer Woche nicht schon an den Schlusstag denken, aber Zeit verschenken will auch niemand. Buchmann wird vielleicht noch stärker, Nibali ist bei seinem letzten Giro auch eine verrückte Aktion zuzutrauen. Das könnte ein sehr spannender Giro werden, vielleicht sogar ähnlich dramatisch wie 2020.