Inside Pro Gravel | Eine Achterbahnfahrt für Paul Voß beim ersten US-Rennblock

Paul Voß zieht Bilanz nach seinem ersten Rennblock in den USA. Es lief nicht alles perfekt, aber er konnte einen wichtigen Sieg einfahren.

Sattes Preisgeld für Paul – (Foto: Paris Gore/Red Bull Content Pool)

Der erste USA-Trip liegt hinter mir, Gravel Locos war der Abschluss dieses Rennblocks. Es sind nur wenige Tage zu Hause, bevor es dann für Unbound nach Kansas geht. Die erste US-Reise in diesem Jahr war gespickt mit vielen Hindernissen, Problemen, einem Erfolgserlebnis, aber auch mit Trauer.

Beim Belgian Waffle Ride California lief es eigentlich ganz gut, bis ich zur Rennhälfte in einer sehr technischen Abfahrt gestürzt bin. Leider habe ich dabei mein Rad und mich selbst so demoliert, dass ich mich entschieden hatte auszusteigen. Irgendwie war es nicht mein Tag – zuvor hatte ich auf einer holprigen Passage mein ganzes Werkzeug verloren und konnte nach dem Sturz das Rad nicht wieder herrichten. Bis zum Sturz lief es aber ganz gut. Ich war in der Spitzengruppe und fühlt mich gut. Nach dem Ausscheiden war die Enttäuschung groß. Ich hatte mir viel vorgenommen und mich gut vorbereitet, dann durch ein Missgeschick so aufgeben zu müssen, ist bitter. Rückschläge gehören zum Sport und man muss diese schnell hinter sich lassen.

Nach dem Rennen habe ich zusammen mit FreundInnen ein paar Tage in Los Angeles verbracht, bis es dann auf einen Roadtrip mit meinem Freund Jonas in Richtung Texas ging. Landschaftlich kein Leckerbissen, aber das war Nebensache, denn beim nächsten Rennen wollte ich wieder Vollgas geben.

Solosieg – Paul Voß (Foto: Paris Gore/Red Bull Content Pool)

In Texas angekommen, stand das RedBull Rio Grande in der Nähe von Marfa auf dem Programm. Nach der Enttäuschung in Kalifornien wollte ich unbedingt versuchen hier zu gewinnen, um mir selbst, aber auch meinen Partnern etwas zurückzugeben. Dies gelang mir auch. Schon in der ersten von drei Runden konnte ich mich von meinen Begleitern absetzen und dann das Rennen mit einem soliden Vorsprung gewinnen. Es tat gut, meine gute Form mit dem Sieg zu bestätigen. Es war mein Ziel diesen Sport voll zu leben und um Siege zu fahren, ich habe den Moment sehr genossen.


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Von Marfa ging es weiter nach Austin, wo ich ein paar Tage geblieben bin, bevor ich dann nach Hico anreiste. Das Gravel Locos ist erst im zweiten Jahr, aber schon jetzt eines der wichtigsten Rennen im Kalender. Man muss auch sagen, dass die Veranstalter hier etwas Besonderes geschaffen haben und ich kann nur empfehlen an dieser Veranstaltung teilzunehmen, wenn man Lust auf Graveln in den USA hat.

Mit 250 km und Temperaturen um die 40 Grad war es eine gute Vorbereitung für Unbound am 04.06.2022. Das Teilnehmendenfeld war top besetzt und ich hatte eigentlich auch Selbstvertrauen mitgebracht. Leider kamen aber ein paar Dinge zusammen, die es mir schwer gemacht haben, bei dem Rennen wie erhofft zu performen. Zuerst hatte ich einige technischer Probleme (nein, ich habe die Schrauben nicht zu fest angezogen), wodurch ich dreimal gezwungen war ein Loch zu der Favoritengruppe zu schließen, was bei dem Niveau nicht so einfach ist. Somit habe ich schon früh mein Pulver verschossen. Das gehört dazu und kann passieren, aber wäre schon gut, wenn es bei Unbound ohne Probleme abläuft. Am Ende wurde ich elfter, womit man auch zufrieden sein kann.

Paul mittendrin (Foto: Paris Gore/Red Bull Content Pool)

Diese Reise hatte auch traurige Momente. Wenige Tage vor dem Rennen wurde Moriah Wilson in Austin erschossen in einem Apartment aufgefunden. Mo war eine der beliebtesten und talentiertesten Athletinnen. Sie gewann eigentlich alles, was sie gefahren ist. Im Feld hat sie viele FreundInnen, auch Personen, die ich gut kenne. Die Trauer ist groß und es war für einige schwer, das Rennen zu fahren. Die Familie hatte aber darum gebeten, dass wir fahren sollen. Es gehen einem viele Sachen im Kopf herum, wenn man mit solch einer Nachricht konfrontiert wird. Einen vertrauten und geliebten Menschen zu verlieren, ist hart. Trauer ist für jeden Menschen anders, einen solchen Verlust zu überwinden eine große Herausforderung. Mir ist die Geschichte mit Moriah enorm nahegegangen, weil das Mitgefühl für ihre Familie in mir etwas auslöste. Kurz vor Weihnachten ist ein mir sehr nahestehender Mensch gestorben. Ich teile wenig Privates in der Öffentlichkeit, doch dieser Verlust hat einiges verändert – wie ich meinen Sport betrachte, wie ich mit Rückschlägen umgehe und welche Ziele ich mir setze.

Menschen, die man liebt zu verlieren, ist das Schlimmste, was einem passieren kann. Es bricht etwas unwiederbringlich weg, der Sport rückt dann in den Hintergrund. Ich habe mir Fragen gestellt, auch, was mir wichtig ist. Ich habe in den vergangenen Monaten meinen inneren Kompass neu ausgerichtet, gehe an Herausforderungen viel bewusster ran und mit Rückschlägen anders um. All das kam nun wieder in mir hoch, als wir über den Tod von Moriah sprachen. Mein tiefstes Beileid der Familie von Moriah Wilson, ich wünsche ihnen viel Kraft.

Paul.