Unbound ist mit 321km das längste und wichtigste Gravelrennen. Es ist so lang, dass es schon fast eine eigene Kategorie benötigt. Die meisten anderen bekannten Rennen sind meist zwischen 200 und 250km lang. Wobei die Rennen der neuen UCI-Gravel Series eher rund 120-150km haben. Die unterschiedliche Länge der Rennen bedeutet auch, dass verschiedene Fähigkeiten von Bedeutung sind. Beim superlangen Unbound kommt es ganz klar auf hohe Ausdauerleistung an.

Die Siegerzeit beim Unbound geht in Richtung 10:30h bis 11h, abhängig von den Bedingungen. Deshalb muss man von Anfang an mit den Kräften haushalten. Und da findet sich auch schon das Problem meiner Fahrweise – sparsam war sie nicht.

Eine kompakte Analyse

Paul allein unterwegs (Foto: Nils Laengner)

Die ersten 2:50h habe ich mich gut zurückgehalten und versucht Kraft zu sparen, was aber bei dem hohen Niveau der Fahrer trotzdem zu einer NP von 309W führte, was alles andere als langsam ist. 

Um die 3h-Marke habe ich in einer kleinen Abfahrt ein Loch zu den anderen Fahrern bekommen. Ich hatte mir dann gesagt, dass ich einfach ein bisschen drauf drücke und schaue, was hinterher passiert. Schnell konnte ich einen Abstand zwischen mir und dem Feld aufmachen. Ich bin dann für 20-30 Minuten alleine unterwegs gewesen, bis Laurens ten Dam und Matti de Marchi zu mir aufgeschlossen haben (Anmerk. zwei der besten Gravel-Fahrer der Welt). In dem Moment war das Rennen eröffnet.

Durch diese Konstellation waren wir eine echte Gefahr für das Feld mit vielen Favoriten hinter uns, was dazu führte, dass sowohl wir in der Dreier-Spitzengruppe, als auch die Verfolger Vollgas gefahren sind. Die nächsten 1:30h wurden dann umglaublich hart. Laurens war so stark, dass es selbst im Windschatten kaum unter 400Watt gefallen ist. Ich bin in den knapp zwei Stunden Spitzengruppe 340W NP gefahren, wovon 1:30h mit 355W NP waren. 

Ich wusste natürlich, dass ich diese Leistung nicht ewig durchfahren kann, daher war der Einbruch nach fünf Stunden auch nicht verwunderlich. Ich habe also zur Rennhälfte den Anschluss verloren und musste dann erstmal ein bisschen durchatmen. Als die Verfolgergruppe mich eingeholt hatte, konnte ich dort auch nicht lange mitfahren, da ich einfach komplett breit war. 

Es hat dann knapp zwei Stunden bei 270 Watt NP gebraucht, damit ich mich erholen konnte. Ich hatte zu dem Zeitpunkt eine gute Gruppe gefunden, die mir aber ein wenig zu langsam wurde, daher habe ich mich hier nochmal abgesetzt. Den Rest des Rennens bin ich dann zusammen mit einem anderen Deutschen, Sebastian Breuer, unterwegs gewesen. Erstaunlicherweise liefen die letzten Stunden echt super und so konnte ich hier nochmal über knapp drei Stunden 300 Watt NP fahren.

Am Ende kam ich auf dem 15.Platz rein. Mit meiner Leistung war ich sehr zufrieden, nur die Taktik war nicht die schlauste. Allerdings muss man aber auch mal was riskieren, um am Ende groß zu gewinnen. Für das gesamte Rennen über 9:46h habe ich 306 Watt NP benötigt, was rund 4W/kg sind. Ich bin Karriere-Bestwerte über 1h und 1:30h gefahren – das Niveau hier ist einfach krass.


Die Lehren

Was ich anders machen würde? Eigentlich würde ich nur meine Taktik anpassen. Ich muss einfach ruhiger bleiben und warten, bis die anderen das Rennen eröffnen. Ich weiß, dass ich nach 4-5h immer ein paar Probleme bekomme und damit muss ich arbeiten. 

Ich hatte mir vorgenommen jede Stunde 90-100g Kohlenhydrate zu mir zunehmen, was auch geklappt hat, ohne dass ich Magenprobleme bekommen habe. 

Woran muss ich arbeiten? Meine Effizienz muss sich verbessern. Ich muss weniger Kohlenhydrate bei einer bestimmten Leistung verbrauchen. Das ist momentan meine größte Schwäche. 


Einen Film über Pauls Start beim Unbound Gravel gibt es ab dem 28.6. auf dem AUT’SAID-Kanal bei Youtube zu sehen.