Nach dem Zeitfahren zum Auftakt geht es am zweiten Tag der Tour de France mit einer Flachetappe weiter. Yves Lampaert trägt das Gelbe Trikot und hat fünf Sekunden Vorsprung auf Wout van Aert. Für den Etappensieg in Nyborg gibt es 10 Bonussekunden, für Rang zwei sechs. Van Aert könnte also Lampaert das Gelbe Trikot abnehmen. Sein Team wird ihm sicher die Möglichkeit einräumen, sich am Sprint zu beteiligen, sollte es zu einer Massenankunft kommen. Doch während der Etappe wird Van Aert andere Aufgaben haben – er soll auf dem windanfälligen Teilstück die Kapitäne Primoz Roglic und Jonas Vingegaard unterstützen.
Die Etappe führt über windanfälliges Terrain entlang der dänischen Küste. Im Finale geht es über die lange Brücke über den Großen Belt. Doch dort lauert vermutlich nicht die größte Windkanten-Gefahr, denn dort sollte der Wind den Fahrern fast direkt von vorn entgegenblasen. Viel gefährlicher scheint der Abschnitt davor, wo es von Norden gen Süden geht und der Wind von der Seite bläst. Ob die angesagten 20 km/h ausreichen, um das Feld in Stücke zu reißen, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall wird es extrem hektisch im Feld, weil alle vorn fahren wollen und fürchten, zurückzufallen.
Beim Team von Leader Lampaert ist die Situation klar – man hat keinen Fahrer dabei, der am Ende der Tour auf dem Podium stehen kann, so konzentriert man sich darauf, den nächsten Etappensieg zu holen. Mit Fabio Jakobsen haben sie einen der besten Sprinter dabei. Sollte Jakobsen die Etappe gewinnen, würde er dabei auch Lampaert helfen, das Gelbe Trikot behalten zu können. Doch Van Aert würde auch Rang zwei reichen, Gelb zu übernehmen. Doch neben Jakobsen sind noch weitere Top-Sprinter dabei, sodass dies keine leichte Aufgabe werden dürfte.
Für die Fahrer im Kampf um den Gesamtsieg ist es eine sehr gefährliche Etappe. Wird man auf der Windkante abgehängt, kann man schnell sehr viel Zeit verlieren. Das gilt auch für Stürze, hinter denen man aufgehalten wird. Es gilt also, möglichst weit vorn im Feld zu fahren, um den Problemen aus dem Weg zu gehen. Wenn genau das mehr als 100 Fahrer machen wollen, ist Stress, Hektik und harter Positionskampf vorprogrammiert. Genau das führt zu Stress, der die Gefahr von Stürzen erhöht – die Stress-Spirale der ersten Tour-Woche.
Die Strecke
Nach dem Start in Roskilde geht es zunächst gen Westen aus der Stadt und anschließend gen Norden. Dort ist nach 62 Kilometern die erste Bergwertung erreicht und ganz sicher wird es einen harten Kampf um den einen zu holenden Zähler geben. In den nächsten 22 Kilometern folgen noch zwei weitere kurze Anstiege mit Bergwertung – auch dort gibt es jeweils einen Zähler. Sollte es nach der Etappe einen Gleichstand in der Bergwertung geben – also jeweils ein anderer Fahrer den einen Punkt an den Bergwertungen gewinnen, entscheidet die Position in der Gesamtwertung über den Träger des Bergtrikots.
Nach den Bergwertungen geht es südwestwärts und in Kalundborg steht 75 Kilometer vor dem Ziel die Sprintwertung an – dort gibt es für den Sieger 20 Zähler zu holen.
Nach der Sprintwertung geht es entlang der Küste nach Süden. Hier dürfte es hektisch werden, denn es geht über windanfälliges Terrain. Etwas mehr als 31 Kilometer vor dem Ziel geht es dann rechts weg in Richtung Brücke über den großen Belt.
Die Auffahrt zur Brücke beginnt etwa 21 Kilometer vor dem Ziel. Viereinhalb Kilometer geht es zunächst die Brücke hinauf, dann einige Meter flach und wieder hinab auf eine vorgelagerte Insel und dann das letzte Stücke über eine kleine Brücke aufs Festland. Das ist etwa 3 Kilometer vor dem Ziel erreicht.
In der Anfahrt zum Ziel wird die Straße zunächst schmal, dann folgt ein Rechts-Links-Knick unter der Schnellstraße durch und es geht schnurgerade rund eineinhalb Kilometer zur letzten Linkskurve, die etwa 700 Meter vor dem Ziel erreicht ist.
Sprintwertung:
KM 126,9 – Kalundborg
Bergwertungen:
Kat 4 | km 62 – Côte d’Asnæs Indelukke | 1,1 km à 5,4 %
Kat 4 | km 72,5 – Côte d’Høve Stræde | 800 m à 6 %
Kat 4 | km 84 – Côte de Kårup Strandbakke | 1,3 km à 5,8 %
Die Favoriten
Um diese Etappe zu gewinnen, braucht es nicht nur schnelle Beine und einen kühlen Kopf – hier ist das Team enorm wichtig. Man darf nicht zu früh nach vorn kommen, aber auch nicht zu spät. Kommt es zu einem echten Massensprint, ist der Positionskampf in den letzten 3-4 Kilometern von großer Bedeutung. Doch auch im unmittelbaren Finale ist Timing und Auge gefragt. Fabio Jakobsen hat den besten Anfahrer der Welt an seiner Seite – Michael Morkov. Dazu ein Team, was voll auf den Tagessieg fokussiert ist. Jakobsen ist aufgrund dieser Konstellation wohl der Top-Favorit auf den Etappensieg.
Doch Caleb Ewan, auch wenn er nicht die allerbesten Anfahrer dabei hat, sollte man nicht unterschätzen. Das gilt auch für Jasper Philipsen, der hingegen Top-Anfahrer an seiner Seite hat und dabei auch die Unterstützung von Mathieu van der Poel bekommt.
Dylan Groenewegen, Wout van Aert, Mads Pedersen, Alexander Kristoff, Alberto Dainse, Danny van Poppel, Hugo Hofstetter… es sind eine ganze Reihe weiterer schneller Männer dabei. Je schwerer das Rennen durch den Wind wird, desto größer werden die Chancen für Fahrer wie Pedersen, Van Aert und auch Kristoff. Zerfällt das Feld bei Seitenwind, wird man schauen müssen, wer vorn dabei ist. Dann gibt es aber vielleicht auch zwei Rennen – eines gegen einen abgehängten GC-Fahrer, das andere um den Tagessieg. Das kann den Etappenausgang stark beeinflussen. Denn sollte Tadej Pogacar abgehängt sein, während Roglic und Vingegaard an der Spitze sind, wird Wout van Aert keine Kräfte für den Sprint sparen. Man darf gespannt sein, wie sich diese Etappe entwickelt.
***** Fabio Jakobsen
**** Jasper Philipsen,
*** Wout van Aert, Mads Pedersen
** Dylan Groenewegen, Caleb Ewan,
* Alexander Kristoff, Alberto Dainese,
Start: 12:15 Uhr
Ziel: ~17:10 Uhr