Vor dem letzten Ruhetag steht eine der schwersten Etappen dieser Vuelta an. Mit rund 150 Kilometern nicht sehr lang, aber mit knapp 4000 Höhenmetern ein heftiges Teilstück. Im Finale geht es mehr als 20 Kilometer bergauf in die Sierra Nevada. Die dünne Luft in großer Höhe werden die Fahrer spüren und es wird dieses Finale noch schwerer machen. Mehr als sieben Kilometer werden über 2000 m üNN geklettert – das ist sehr viel.
Die Steigung zum Ziel ist im unteren Teil durchaus steil, doch die letzten 15 Kilometer geht es auf breiter Straße moderat steil hinauf in den Wintersportort. Die Herausforderung besteht weniger in Steilheit, es geht um die Länge der Steigung und die Auswirkungen der Höhe. Bekommt ein Fahrer hier früh Probleme, kann er sehr schnell Zeit verlieren, muss er allein im Wind kämpfen. Zwei schwere Wochen haben die Fahrer nun bereits in den Beinen und dies merken einige Fahrer mehr, als andere.
Remco Evenepoel agierte 13 Renntage souverän. War bergauf bärenstark und im Zeitfahren überragend. Doch am Samstag zeigte er eine Schwäche. Er büßte fast eine Minute ein und die Konkurrenz wird es auf dem Weg in die Sierra Nevada wieder versuchen, ihn in Schwierigkeiten zu bringen.
Hatte Evenepoel nur einen schwachen Tag? Waren es die Auswirkungen seines Sturzes vor zwei Tagen? Ist er angeschlagen? Die Antwort auf diese Fragen wird es auf dieser 15. Etappe geben. In der Schlusssteigung am Samstag schien er zwischenzeitlich in sehr großen Schwierigkeiten, fing sich dann aber und konnte seinen Zeitverlust in Grenzen halten. Der Kampf um den Gesamtsieg dieser Vuelta ist lange nicht vorbei. Allein das Finale hinauf in die Sierra Nevada kann dem Kampf um Rot eine ganz neue Richtung geben.
Die Strecke
Nach dem Start in Martos geht es gen Südosten. Die ersten rund 100 Kilometer sind nur leicht wellig, dann beginnt das Finale.
Die erste Steigung des Tages ist als Berg der ersten Kategorie eingestuft. Zum Gipfel des Alto del Purche geht es fast 10 Kilometer bergan. Im Schnitt rund acht Prozent steil, aber an einigen Stellen wirklich giftig steil, ist es ein durchaus schwerer Anstieg. Vom Gipfel sind es noch 42 Kilometer bis ins Ziel.
Die Abfahrt ist rund 10 Kilometer lang. Dann folgt ein rund neun Kilometer langer, leicht welliger Abschnitt, ehe die Fahrer den Fuß der Schlusssteigung erreichen.
Der Schlussanstieg ist lang, aber nur im unteren Bereich sehr steil. Die ersten fünf Kilometer geht es mit fast 11% im Schnitt bergauf. Rund 15 Kilometer vor dem Ziel erreichen die Fahrer die breite Straße hinauf zum Wintersportort. Es folgt ein langer, flacherer Abschnitt – mehr als 10 Kilometer geht es mit rund 5% bergauf. Dann wird es minimal steiler – die letzten sechs Kilometer haben rund 6% Steigung. Es geht weiter auf breiter Straße hinauf zum Ziel.
Die Bergwertungen:
PUERTO DEL CASTILLO Km 33,8 | 6,8 km 4,5%
ALTO DEL PURCHE Km 110,4 | 9,1 km 7,6%
ALTO HOYA DE LA MORA. MONACHIL Km 152,6 | 22,3 km 6,9%
Die Sprintwertung:
GRANADA Km 92,3
Die Favoriten
Die Etappe ist recht kurz, das Finale extrem schwer und nach der Schwäche von Remco Evenpoel am Samstag werden die GC-Fahrer sicher in die Offensive gehen – die Chancen für Ausreißer stehen nicht extrem gut. Doch sollte sich schnell eine größere Gruppe formieren, das Feld erst in den Anstiegen das Tempo erhöhen, kann durchaus ein Ausreißer den Tagessieg holen. Fahrer wie Mark Padun, Thibaut Pinot, Marc Soler oder David de la Cruz könnten aus einer Ausreißergruppe erfolgreich sein. Auch Mikel Landa, Hugh Carthy, Sebastien Reichenbach oder Jai Hindley könnten aus einer Gruppe erfolgreich sein.
Beim langen, aber nicht supersteilen Anstieg zum Ziel, sind Helfer extrem wichtig, vor allem dann, sollte man in Schwierigkeiten geraten, oder die Konkurrenz abschütteln können. Es könnte bei einigen Teams durchaus die Überlegung geben, starke Helfer in der Gruppe des Tages platzieren zu wollen, um sie später für den Leader arbeiten lassen zu können. Astana, Ineos, Movistar … diese Mannschaften haben starke Kletterer, die für diese Aufgabe in Frage kämen.
Da der untere Teil der Schlusssteigung sehr steil ist, wird man vielleicht versuchen, Evenepoel hier bereits abzuhängen. Dann könnten im oberen Teil Helfer enorm wertvoll sein. Vor allem auch, weil Evenepoel selbst kein superstarkes Berg-Team an seiner Seite hat. Schafft man es, Evenepoel früh abzuhängen und kann dann mit mehreren Fahrer gemeinsam auf der breiten Straße hinauf zum Ziel Tempo machen, während der Belgier auf sich gestellt ist, ist dessen Vorsprung in der Gesamtwartung schnell aufgebraucht. Man darf gespannt sein, wie die Teams das Rennen angehen.
***** Miguel Angel Lopez
**** Primož Roglič,
*** Enric Mas, João Almeida
** Juan Ayuso, Carlos Rodríguez
* Kelderman, Evenepoel, Meintjes, Valverde, De la Cruz, Pinot, Padun, Vine
Start: 13:00 Uhr
Ziel: ~17:30 Uhr
Die noch anstehenden Etappe der Vuelta 2022: