Profil der 20. Etappe der Vuelta 2022

Es ist die letzte schwere Bergetappe dieser Vuelta. Der Tag der Entscheidung. Zwar steht am Sonntag noch das letzte Teilstück an, doch Verschiebungen in der Gesamtwertung sind auf der Flachetappe nach Madrid nicht zu erwarten. Wer sich in der Gesamtwertung noch verbessern will, muss diese 20. Etappe nutzen.

Noch einmal stehen fünf Anstiege an, fast 4000 Höhenmeter müssen bewältigt werden. Nach drei harten Wochen ist diese 20. Etappe für viele Fahrer eine echte Herausforderung. Wer hier einen schlechten Tag erwischt, wird auf dem Weg ins Ziel heftig leiden müssen. Für Leader Remco Evenepoel ist es die letzte Hürde, die er nehmen muss, bevor er seinen ersten Grand-Tour-Erfolg einfahren kann. Bislang agierte er souverän, abgesehen vom Finale der 14. Etappe hatte er stets alles unter Kontrolle. Sein Vorsprung ist mit rund zwei Minuten komfortabel, doch Enric Mas wird keine Gelegenheit auslassen, ihn anzugreifen. Auch wenn Evenepoel am Donnerstag den Etappensieg holte, Mas wirkte bergauf stärker als der Belgier. Es könnte für Evenepoel noch einmal ein harter Ritt werden, ehe er sich das Rote Trikot endgültig sichert und der erste belgische Grand-Tour-Sieger seit mehr als 40 Jahren wird.

Abgesehen von Mas muss Evenepoel keinen der anderen Fahrer in Manndeckung nehmen. Juan Ayuso als Gesamtdritter hat mehr als fünf Minuten Rückstand. Der letzte Kampf um den Gesamtsieg wird also wahrscheinlich zwischen Mas und Evenepoel ausgetragen.

Ums Podium kämpfen neben dem Spitzenduo Juan Ayuso, Miguel Angel Lopez, Carlos Rodriguez und Ayusos Teamkollege Joao Almeida. Rodriguez war am Donnerstag schwer gestürzt und es wäre eine große Überraschung, könnte er noch einmal angreifen. Doch Lopez wird alles daran setzen, die 42 Sekunden auf Ayuso aufzuholen. Es könnte noch einmal ein packendes Rennen geben.

Die Strecke

Nach dem Start geht es gen Norden, zur ersten Steigung des Tages. Von Süden geht es hinauf zum Puerto de Navacerrada. Im Finale wird dieser Berg dann von der Nordostseite erklommen. So sind die Fahrer nach rund 34 Kilometern dem Ziel sehr nahe, doch es geht nicht nach rechts, wo man sich der Zielanlage von hinten nähern würde, sondern geradeaus in die Abfahrt.

Der erste Anstieg ist direkt ein heftiges Ding. Im unteren Teil noch moderat steil, die letzten siebeneinhalb Kilometer haben im Schnitt aber mehr als 7% Steigung. Es ist die erste Herausforderung des Tages.

Die Abfahrt ist nicht superkrass, die Straße ist recht breit, aber es gibt schon einige Kehren und engere Kurven. Ist das Tal erreicht, folgt ein langes Flachstück. Fast 40 Kilometer geht es nahezu eben gen Norden. Dann beginnt 99 Kilometer vor dem Ziel der zweite Anstieg. Fast 10 Kilometer geht es dann mit rund 5% bergauf. Dieser Puerto de Navafría ist kein Monsterberg, aber vielleicht eine gute Gelegenheit das Tempo bereits anzuziehen. Denn nach der Bergwertung geht es bergab und anschließend nur rund 20 Kilometer bis zur nächsten Steigung – dem Puerto de Canencia. Er ist der Auftakt für ein heftiges Finale mit drei Anstiegen. Zum Canencia geht es nur die letzten vier Kilometer etwas steiler (6%) bergan, doch davor ist die Straße schon einige Zeit leicht ansteigend.

Der vorletzte Berg ist der Puerto de la Morcuera. Erste Kategorie, mehr als neun Kilometer mit im Schnitt rund 7%. Auch wenn er einige steilere Stellen hat, es ist eher ein gleichmäßiger Anstieg.

Die Abfahrt ist durchaus knifflig. Hier muss man konzentriert bleiben und sollte auf der Hut sein. Es folgt ein kurzes Flachstück zum letzten Anstieg.

Der letzte Anstieg dieser Vuelta ist der Puerto de Cotos. Noch einmal geht es 10 Kilometer mit rund 7% bergauf. Auch dies ist kein supersteiler Monsterberg, sondern ein recht gleichmäßiger Anstieg, der im oberen Teil auch einige steilere Passagen hat.

Die letzten rund sechseinhalb Kilometer geht es dann flach zum Ziel. Die Organisatoren ersparen den Fahrern den steilen Aufstieg des höher gelegenen Bola de Mundo, der vom Puerto de Navacerrada aus erreichbar wäre und 2010 & 2012 das Ziel der vorletzten Etappe war.

Die letzten Kilometer der 20. Etappe der Vuelta 2022

Bergwertungen:
PUERTO DE NAVACERRADA Km 34 | 10,3 km 6,8%
PUERTO DE NAVAFRÍA Km 92,8 | 9,8 km 5,5%
PUERTO DE CANENCIA Km 126,8 | 7,5 km 4,9%
PUERTO DE LA MORCUERA Km 143,7 | 9,4 km 6,9%
PUERTO DE COTOS Km 174,3 | 10,3 km 6,9%

Sprintwertung:
HINOJOSA DE SAN VICENTE Km 81,7

Die Favoriten

Formiert sich früh eine starke Ausreißergruppe mit bergfesten Fahrern, kann diese durchaus durchkommen. Doch ganz sicher wird es im Kampf um die Positionen zur Sache gehen und das Rennen spätestens in der zweiten Hälfte auch im Feld an Dynamik gewinnen. Die Ausreißer sollten schnell einen größeren Vorsprung herausfahren, um ein Polster für das Finale zu haben. Denn wenn die besten Kletterer dieser Vuelta im Finale Gas geben, wird der Vorsprung schnell dahinschmelzen.

Thibaut Pinot, Richard Carapaz, Wilco Kelderman, Mikel Landa, Marc Soler – sie wären heiße Kandidaten für einen Sieg aus einer Fluchtgruppe. Doch bei den Teams, die noch einen Fahrer in den Top10 der Gesamtwertung haben, stellt sich die Frage nach der Taktik. Einen guten Kletterer vorauszuschicken ist meist eine gute Idee, denn sollte der Leader Hilfe benötigen, kann sich dieser zurückfallen lassen. Im Falle von Carapaz und Soler hat man dies während dieser Vuelta bereits mehrfach beobachten können.

Kommen am Ende die Favoriten aufs Podium gemeinsam an, dürfte Evenepoel mit seiner Endschnelligkeit der Favorit sein. Doch er hat bereits zwei Etappensiege in der Tasche und wäre mit dem Gesamtsieg am Ziel der Träume.

***** Enric Mas, Miguel Angel Lopez
**** Remco Evenepoel, Richard Carapaz
*** Joao Almeida, Thibaut Pinot, Jai Hindley
** Kelderman, Ayuso, O’Connor, Uran, Arensman
* Meintjes, Polanc, Higuita, Gesbert, Mäder

Start: 12:45 Uhr
Ziel: ~17:30 Uhr